Gnadentod
hervorragend? Ein gutes Zeichen?« Er spuckte, und ich musste zur Seite rücken, um nicht getroffen zu werden.
»Ich weiß nicht, warum ich tue, was ich tue«, sagte er. »Wenn ich das wüsste, wäre ich dann hier?«
Ich sagte nichts.
»Ich hoffe, das passiert Ihnen eines Tages«, sagte er. »Dass Sie sich so passiv fühlen. Schwach. Sie finden meine Haut seltsam? Was ist seltsam daran? Jeder Psychofritze, mit dem ich geredet habe, hat mir erzählt, die Haut sei nicht wichtig, es ginge darum, hineinzusehen. Unter die Oberfläche zu dringen.«
»Mit wie vielen Psychofritzen haben Sie denn geredet?«
»Mit zu vielen. Alles Arschlöcher wie Sie.« Er schloss die Augen. »Redende Gesichter, kleine erdrückende Zimmer wie dieses hier … Unter die Haut dringen, die Haut, sieh hinein. Mann, ich liebe die Haut. Die Haut ist alles. Die Haut hält alles zusammen.«
Seine Augen öffneten sich wieder. »Kommen Sie, Mann, machen Sie mir diese Dinger ab, lassen Sie mich meine Haut berühren. Wenn ich sie nicht berühren kann, fühle ich mich, als wäre ich gar nicht da.«
»Alles zu seiner Zeit, Donny.«
Er stöhnte und wandte den Kopf ab.
»Ihre Haut«, sagte ich. »Haben Sie das ganz allein gemacht?«
»Sie Idiot. Wie hätte ich den Rücken hinkriegen sollen?«
»Und was ist mit dem Rest?«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich denke, Sie waren das. Das ist gute Arbeit. Sie sind talentiert. Ich habe Ihre anderen Kunstwerke gesehen.« Er schwieg.
»Die Anatomie des Dr. Tulp«, sagte ich. »All die anderen Meisterwerke. Zero Tollrance.«
Er zuckte zusammen. Ich wartete darauf, dass er etwas sagte.
Doch das tat er nicht.
»Ich glaube, ich weiß, warum Sie sich diesen Namen ausgesucht haben, Donny. Sie haben null Toleranz für Dummheit. Sie können Trottel nicht ertragen.« Der Apfel…
Er flüsterte etwas.
»Wie war das?«, fragte ich.
»Geduld … ist keine Tugend.«
»Warum nicht, Donny?«
»Man wartet, und nichts passiert. Wenn man lange genug wartet, erstickt man. Verfault. Die Zeit stirbt.«
»Menschen sterben, die Zeit geht weiter.«
»Sie kapieren es nicht«, sagte er ein bisschen lauter. »Dass Menschen sterben, bedeutet nichts - Futter für die Würmer. Wenn die Zeit stirbt, dann erstarrt alles.«
»Wenn Sie malen«, sagte ich, »was geschieht dann mit der Zeit?«
Ein winziges Lächeln spielte um seinen Mund. »Ewigkeit.«
»Und wenn Sie nicht malen?«
»Ich bin zu spät.«
»Zu spät wofür?«
»Für Antworten, zur Stelle sein, alles - mein Timing ist daneben. Ich habe ein krankes Hirn, vielleicht das limbische System, vielleicht die Stirnlappen, die Schläfenlappen, der Thalamus. Nichts bewegt sich im richtigen Takt.«
»Haben Sie im Augenblick einen Ort, an dem Sie malen können?«
Er starrte mich an. »Leck mich. Hol mich hier raus.«
»Sie haben Ihre Kunstwerke Ihrem Vater angeboten, aber er hat sie nicht akzeptiert«, sagte ich. »Nachdem er abgetreten war, haben Sie versucht, sie der Welt zu geben. Den Menschen zu zeigen, wozu Sie fähig sind.«
Er zog seine Lippen nach innen, und er kaute auf ihnen herum.
»Haben Sie ihn getötet, Donny?«
Ich beugte mich näher zu ihm. Nahe genug für ihn, um mich in die Nase beißen zu können.
Er tat es nicht, sondern blieb flach liegen und starrte zur Decke.
»Haben Sie es getan?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er schließlich. »Zu spät. Wie üblich.«
Danach schwieg er endgültig. Zehn Minuten nach Beginn seines Redestreiks kam die strohblonde Schwester mit einem Metalltablett in der Hand herein, auf dem sich eine Plastiktasse mit Wasser und zwei Pillen befanden, eine rechteckig und pinkfarben, die andere weiß und rund.
»Frühstück im Bett«, verkündete sie. »Ein Zweihundert-Milligramm-Happen, und danach ein Hunderter.«
Donny keuchte. Er vergaß seine Fesseln und versuchte sich aufzusetzen. Die Handschellen gruben sich in seine Handgelenke, und er krachte aufs Bett zurück, noch rascher atmend.
»Kein Wasser«, sagte er. »Ich will nicht ertränkt werden.«
Die Schwester sah mich an und runzelte die Stirn, als wäre ich an allem schuld. »Wie’s beliebt, Senor Salcido. Aber wenn Sie die Pillen nicht trocken schlucken können, werde ich nicht wieder zu der Ärztin gehen, um mir die Genehmigung für eine Spritze zu holen.«
»Trocken ist gut. Trocken ist sicher.«
Sie reichte mir das Tablett. »Hier, geben Sie ihm die Tabletten, ich will mir nicht die Finger abbeißen lassen.«
Sie sah zu, als ich die pinkfarbene Tablette
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