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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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die Beherrschung verlor. Jemand wie Richard.
    Und sein Sohn. Ich dachte daran, wie der Junge Schätze mit einem Wert in Millionenhöhe pulverisiert hatte.
    Es führte kein Weg an Eric vorbei.
    Entmutigt fuhr ich auf dem Beverly Boulevard nach Westen und überlegte, wie Eric Mate wohl zum Mulholland Drive gelockt hatte. Hatte er über seine Mutter reden wollen? Darüber, was er mit seiner Mutter gemacht hatte - für seine Mutter. Hatte er Mate gegenüber behauptet, dass er sich vom Todesdoktor hatte inspirieren lassen? Der Appell an Mates Eitelkeit hätte vielleicht funktioniert.
    Aber wenn Eric derjenige in jenem Motelzimmer gewesen war, warum sollte er dann Mate abschlachten? Um von sich abzulenken? Wohl kaum. Also war Mate vielleicht doch darin verwickelt. Und Eric, der vom Hass seines Vaters auf den Todesdoktor wusste, vielleicht sogar von dem fehlgeschlagenen Mordauftrag, hatte sich dazu entschlossen zu handeln.
    Eine Blutorgie, um dem alten Herrn eine Freude zu machen.
    Glückliche Reise, du kranker Mistkerl. Die Formulierung hatte einen jugendlichen Beigeschmack. Ich konnte regelrecht hören, wie der Satz über Erics Lippen kam.
    Aber wenn Eric Mate abgeschlachtet hatte, warum ging er dann jetzt auf seinen Vater los? War ihm am Ende klar geworden, was er getan hatte? Richtete er seine Wut auf Richard - wies ihm die Schuld zu, genau wie es sein alter Herr immer zu tun pflegte?
    Vater und Sohn, wie sie miteinander ringend und schnaubend über den Boden rollten. Aneinander zerrten, nur um sich schließlich zu umarmen. Ambivalenz. Offenkundige Versöhnung.
    Aber falls wahr war, was ich vermutete, war das Verhalten des Jungen unvorhersagbar und gefährlich. Joe Safer hatte das gespürt und mich um meine Meinung gebeten. Ich war einer Antwort ausgewichen und hatte behauptet, ich müsste mich auf Stacy konzentrieren. Aber gleichzeitig hatte ich auch zusätzliche Komplikationen vermeiden wollen. Jetzt musste ich mich fragen, ob Erics Anwesenheit im Haus Stacy - und Richard - in Gefahr brachte.
    Ich würde Safer anrufen, sobald ich zu Hause war. In dem Gespräch würde ich meinen Verdacht jedoch nicht laut werden lassen, sondern meine Bemerkungen allgemein halten - Erics Jähzorn, der ungeheure Druck, unter dem er stand, die Notwendigkeit, Sorgfalt walten zu lassen.
    Dichter Nachmittagsverkehr hatte inzwischen eingesetzt, und die Fahrzeuge bewegten sich stoßweise vorwärts, die Gemüter erhitzten sich. Ich ließ mich hineinziehen, ohne die kleinen Ärgernisse richtig wahrzunehmen, während ich über wirkliche, riesige Wut nachdachte: Eric und Mate am Mulholland Drive. Mates Kopfverletzung, verursacht durch einen Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Wie mit einem Baseballschläger.
    Vielleicht hatte der Junge Mate mit einer simplen Lüge dort hinaufgelockt: indem er sich fälschlich für einen todkranken Patienten ausgab, der sich nach dem Kuss des Humanitrons sehnte.
    Ein junger Mann als Reisender. Mate, der sich wegen des hohen Anteils weiblicher Reisender und der gemeinen feministischen Sticheleien hinsichtlich seiner Sexualität in der Defensive befand, hätte das gut gefallen.
    Sie treffen sich, der Mord geschieht, und dann schleicht sich Eric Wochen später in Mates Wohnung und versteckt das Stethoskop.
    Nicht mehr im Geschäft, Doc.
    Hoher IQ, enorme Wut. Der Junge besaß eine Menge von beidem.
    Und sich mitten in der Nacht davonschleichen gehörte zu Erics Gewohnheiten, das tat er seit Jahren. Helen, die Hündin …
    Ein Blick in die Unterlagen seines Mobiltelefons und seine Kreditkartenabrechnung würde aufschlussreich sein. Hatte er kurz vor dem Tag des Mordes einen Flug von Palo Alto nach L. A. gebucht? War er ein zweites Mal geflogen, um in die Wohnung einzubrechen?
    War er diese Risiken eingegangen, nur um Mates Geister zu verhöhnen?
    Oder wollte er die Cops demütigen? Weil er - nachdem er das erste Mal Blut vergossen hatte - festgestellt hatte, dass er Gefallen daran fand?
    Das Nebeneinander von Blut und Vergnügen. Auf diese Weise hatte es bei Michael Burke angefangen. Auf diese Weise fing es immer an.
    Jemand, der so jung und klug war, geriet auf eine derart schiefe Bahn. Es war erschreckend.
    Ich wollte das alles Milo erzählen. Interessant, würde er sagen, aber reine Theorie.
    Und Theorie würde es auch bleiben, weil ich nicht weiter suchen konnte - nicht weiter suchen wollte.
    Eine Hupe ertönte. Jemand kam quietschend zum Stehen. Ich hörte ein Fluchen. Die Luft draußen wirkte schwer und milchig

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