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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Richtung dichter Verkehr herrschte, glitten wir nach kurzer Zeit ungestört dahin.
    »Malibu«, sagte er. »Klingt vertraut.«
    »Oh ja.«
    Ein paar Jahre zuvor hatten Robin und ich ein Strandhaus unmittelbar hinter der Countygrenze gemietet. Der Beginn der Canyon-Straße, die Kris Lamplear beschrieben hatte, war weniger als eine halbe Meile entfernt. Ich war selbst diese Straße schon hinaufgegangen, vorbei an Campingplätzen, einigen Privatgrundstücken, größtenteils jedoch Land in staatlichem Besitz, das von Berghängen umgeben war. Ich erinnerte mich an lange, einsame Strecken, Stille, die von Vogelrufen, Koyotengeheul und zuweilen dem Donnern eines zu schnellen Lasters durchbrochen wurde. Eine Stille, die dem Geist gut tat, obwohl es mir manchmal dort oben zu ruhig vorgekommen war.
    »Paul fährt gerne Auto«, fuhr Milo fort. »Die wichtigste Grundvoraussetzung für einen Serienmörder. Dieser Bastard ist ein Ordnungsfanatiker, und er fährt gern Auto. Warum habe ich daran bloß nicht gedacht? Ich hätte ihn bei unserer ersten Begegnung verhaften und damit der Stadt eine Menge Überstunden ersparen können.«
    »Ts, ts, ts. Und vergiss seine Großzügigkeit nicht«, sagte ich. »Er schenkt seiner Freundin Schmuck. Ich frage mich, wie viel davon von Vorbesitzerinnen stammt.«
    Er ließ ein entmutigtes Lachen hören. »Trophäen … Gott weiß, was er sonst noch aufhebt.«
    Er fuhr an der Kanan ab, hinunter zum Pacific Coast Highway und raste dann nach Norden am Strand entlang. Hinter Trancas Canyon war der PCH praktisch leer. Das Meer war ruhig, die Wellen brachen träge am Ebbestrand, zu blau, um wahr zu sein. Wir überquerten die Countygrenze am Mulholland Highway, direkt hinter dem Leo Carrillo Beach, wo eine Hand voll Strandläufer durch die Priele marschierte.
    Zurück zum Mulholland. Ende der Spur.
    Es gibt keine Möglichkeit, den Mulholland vom Anfang bis zum Ende zu fahren. Die Straße bestand aus mehr als dreißig Meilen Asphalt und umgab L. A. von East Hollywood bis zum Pazifik, wobei sie an verschiedenen Stellen von der Wildnis überwuchert wurde. Nichts Wichtiges geschieht ohne Grund … Hatte Michael Burke/Paul Ulrich daran gedacht, als er den Schauplatz des Mordes auswählte?
    Eine Meile hinter der Countygrenza bog Milo nach rechts ab, landeinwärts. Im Vorbeifahren erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf mein gemietetes Haus an dem Privatstrand vor uns, verwittertes Holzgebäude, das hinter einer scharfen Kurve des Highway sichtbar wurde. Robin und ich hatten es genossen, den Pelikanen und Delfinen zuzusehen, ohne dass uns der Rost, der von Tag zu Tag zuzunehmen schien, gestört hätte. Wir waren dort fast ein Jahr geblieben, während unser Haus im Glen wieder aufgebaut wurde. An dem Tag, als der Mietvertrag ablief, hatte der Vermieter das Haus seinem Sohn, einem brillanten aufstrebenden Drehbuchautor, in der Hoffnung überlassen, dass dies Juniors Kreativität anspornen würde. Das einzige Mal, als ich Junior getroffen hatte, war er betrunken gewesen. Ich hatte seinen Namen nie in irgendeinem Abspann im Kino gesehen. Die Jugend von heute.
    Milo fuhr hinauf in die Berge. Keiner von uns sagte ein Wort, als wir nach der unbefestigten Straße suchten, die zu dem Grundstück führte. Die Adresse steht auf dem Briefkasten, hatte Kris Lamplear gesagt.
    Beim ersten Mal fuhr Milo zu weit und musste wenden. Schließlich fanden wir sie, mehr als acht Kilometer vom Meer und ein gutes Stück von den nächsten Nachbarn entfernt, hinter einem Stück öffentlichem Land, das sich fast über zwei Kilometer erstreckte.
    Der Briefkasten stand drei Meter von der Einfahrt entfernt und war von einer Wolke Bleiwurzranken verhüllt. Ein rostiger Kasten auf einem verwitterten Pfosten, dessen Tür fehlte. Die meisten aus Goldfolien bestehenden Zahlen waren ebenfalls verschwunden, während die drei verbliebenen Ziffern verblichen waren und sich an den Rändern wellten.
    Der Briefkasten war leer. Die Luft war kühl und frisch, und der im Leerlauf brummende Motor des zivilen Einsatzwagens schien ohrenbetäubend. Milo setzte zurück, parkte an der Straße, stellte den Motor ab, und wir gingen zu Fuß zurück zum Briefkasten. Die unbefestigte Straße vor uns - eher ein Weg - schwenkte nach links und streckte sich dann zu einem S, das sich durchs Grüne schlängelte. In der unmittelbaren Umgebung war nichts zu sehen, abgesehen von weiteren Ranken, Sträuchern und Bäumen. Jede Menge Bäume.
    Milo sagte: »Es wäre idiotisch,

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