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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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»eher einen Diskussionsanstoß als ein Grundsatzpapier«.
    Dr. J. Randolph Smith, Vorsitzender des Komitees für medizinische Ethik der Western Medical Association, betrachtete den Widerruf mit einer gewissen Skepsis. »Eine simple Lektüre der Mitschrift zeigt, dass dies eine völlig unmissverständliche Formulierung war, durchdacht und mit Absicht geäußert. Ein schlüpfriger Abhang tut sich vor uns auf, und Gruppen wie der Socrates Club scheinen uns mit Bedacht in den Abgrund der Unmoral stoßen zu wollen. Wenn man Absichten wie denen von Ms. Zoghbie weiter Verständnis entgegenbringt, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Legalisierung des Mordes an denen, die sagen, dass sie sterben wollen, dem Mord an denjenigen Platz macht, die nie darum gebeten haben zu sterben, wie es jetzt in den Niederlanden der Fall ist.«
     
    Ich loggte mich aus und rief Milo im Revier an. Ein junger Mann ging an seinen Apparat, fragte mich ein wenig misstrauisch, wer ich sei, und bat mich zu warten.
    »Hi«, sagte Milo wenige Sekunden später. »Neuer Sekretär?«
    »Detective Stephen Korn. Einer meiner kleinen Helfer. Was liegt an?«
    »Ich hab ein paar Sachen für dich, aber nichts Weltbewegendes.« Ich hatte außerdem ein moralisches Problem, das mittlerweile gelöst war, aber das hob ich mir für später auf.
    »Was für Sachen?«, fragte er.
    »Vorwiegend biographische Details und die erwartete Kontroverse, aber Alice Zoghbies Name ist aufgetaucht -«
    »Alice Zoghbie hat mich gerade angerufen«, sagte er. »Sie ist wieder in L. A. und bereit zu reden.«
    »Ich dachte, sie käme erst in zwei Tagen zurück.«
    »Sie hat ihre Reise abgebrochen. Sie ist außer sich wegen Mate.«
    »Trauer mit Verzögerung?«, fragte ich. »Mate ist seit einer Woche tot.«
    »Sie behauptet, sie hätte erst gestern davon erfahren. Sie war irgendwo oben in Nepal - Bergsteigen, die Sache in Amsterdam war erst am Ende ihrer Reise, großes Palaver von Todesfreaks aus der ganzen Welt. Nicht der Ort, wo du gern an deinem Hühnersalat ersticken möchtest, was? Egal, jedenfalls sagt sie, sie hätte in Nepal keine Nachrichten hören können, wäre vor drei Tagen in Amsterdam angekommen, ihre Gastgeber hätten sie am Flughafen abgeholt und ihr die Geschichte erzählt. Sie ist nur eine Nacht dort geblieben und hat sofort einen Rückflug gebucht.«
    »Also ist sie vor zwei Tagen angekommen«, sagte ich. »Dann hat sie dich immer noch mit einer kleinen Verspätung angerufen. Hat sie sich etwas Zeit zum Nachdenken verschafft?«
    »Um sich zu sammeln. Ich zitiere.«
    »Wann triffst du sie?«
    »In drei Stunden bei ihr zu Hause.« Er las die Adresse in Glenmont vor.
    »Die Zentrale des Socrates Club«, sagte ich. »Ich habe ihre Website gefunden. Hundert Dollar, und du bist dabei, Kreditkarten werden gern akzeptiert. Ich frage mich, wie viele von ihren Rechnungen damit bezahlt werden.«
    »Du traust den Absichten dieser Dame nicht?«
    »Ihre Anschauungen sind nicht gerade Vertrauen einflößend. Sie ist der Ansicht, senile alte Leute und behinderte Kinder sollten von ihren Qualen erlöst werden, ob sie wollen oder nicht. Ich habe die entsprechenden Zitate für dich herausgesucht - ein Teilergebnis meines heutigen Arbeitstags. Zusammen mit vermischten anderen Leckerbissen, inklusive weiteres Zeug von irgendwelchen Todesfreaks und noch mehr Kuriositäten.«
    Ich erzählte ihm von Roger Sharveneau und den anderen Krankenhausungeheuern und schloss mit der Ausstellung von Zero Tollrance.
    »Reizend«, sagte er. »Die Welt der Kunst war immer schon ein warmes, kuscheliges Plätzchen.«
    »Eine Sache im Zusammenhang mit Tollrance fand ich besonders interessant: Er hat Mate in der Anatomie des Dr. Tulp als Skalpellschwinger und als seziertes Opfer dargestellt.«
    »Und?«
    »Das lässt auf eine gewisse Ambivalenz schließen - als wollte er den Doktor am Doktor spielen.«
    »Willst du damit sagen, ich sollte diesen Kerl ernst nehmen?«
    »Könnte interessant sein, mit ihm zu reden.«
    »Tollrance, als wäre das ein richtiger Name … Denver … Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    »Wie weit sind deine kleinen Helfer mit der Familienliste gekommen?«, sagte ich.
    »Bis ganz ans Ende, was das Lokalisieren von Telefonnummern und erste Kontaktversuche angeht«, sagte er. »Gesprochen haben sie ungefähr mit der Hälfte der Leute. Alle hatten Mate in ihr Herz geschlossen.«
    Nicht alle. »Willst du, dass ich mitkomme, um Alice im Todesland kennen zu

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