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Gnadentod

Gnadentod

Titel: Gnadentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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kniff die Augen zusammen, drehte es herum und inspizierte die Seiten. Dann stellte sie es auf den Boden und trat drei Meter zurück, bevor sie ein paar Schritte nach vorn machte, um es noch einmal aus der Nähe zu betrachten.
    »Er hat die Farbe regelrecht draufgeklatscht«, sagte sie. »Sieht aus, als hätte er ziemlich schnell gearbeitet - wahrscheinlich sowohl mit einem Palettenmesser als auch mit einem Pinsel … hier ebenfalls … schnell, aber nicht nachlässig, die Komposition ist eigentlich ziemlich gut - er hat die Proportionen ziemlich genau hingekriegt.«
    Sie wandte sich von dem Gemälde ab. »Dies ist nur eine Vermutung, aber was ich hier sehe, deutet auf jemanden hin, der zwischen zeichnerischem Können und völliger Freiheit wechselt - anfangs hat er peinlich genau geplant, aber als er einmal den Bogen raushatte, hat er sich diesem Schwung vollkommen hingegeben.«
    Milo runzelte die Stirn und warf mir einen Blick zu.
    »Jedenfalls«, sagte Petra, »ist das mein Beitrag zur Kunstkritik.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Milo sie. »Zunächst Sorgfalt walten lassen und sich dann davon freimachen.«
    »Dass er so ist wie die meisten Künstler.«
    »Erkennen Sie hier eine Begabung?«
    »Ganz sicher. Nichts Umwerfendes, aber die Perspektive kriegt er perfekt hin. Außerdem scheint er eine Menge Ehrgeiz zu haben - Rembrandt neu zu interpretieren.«
    »Rembrandt und Tätowierungen«, sagte Milo.
    »Wenn Salcido so gut tätowieren konnte, dass er im Gefängnis nicht in Schwierigkeiten kam, dann muss er ziemlich gut sein. Arbeit auf der Haut ist sehr anspruchsvoll, man muss ein Gefühl für die unterschiedliche Dichte der Epidermis, für die Bewegung und den Widerstand gegen die Nadel bekommen.«
    Inzwischen war sie rot geworden.
    Milo lächelte. »Ich denke nicht mal im Traum daran, nachzufragen.«
    Sie lächelte zurück. »Auf der Highschool … Ich muss jedenfalls los. Hoffentlich hat es Ihnen weitergeholfen.«
    »Ich stehe in Ihrer Schuld, Petra.«
    »Ich finde bestimmt eine Möglichkeit, wie Sie sich revanchieren können.« Sie hängte ihre Tasche über die andere Schulter und ging auf die Treppe zu. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, dass wir alle nach Salcido Ausschau halten, Milo, aber Sie wissen, wie es ist - tut mir Leid, dass ich gehen muss.«
    »Viel Glück vor Gericht«, sagte Milo.
    »Das brauche ich hoffentlich nicht. Völlig eindeutige Schießerei, die Santa Monica übernommen hat, weil sie in Downtown zugeschüttet sind mit potenziellen Dreifachtätern. Unattraktiver Angeklagter, unerfahrener Pflichtverteidiger mit einer Liste von Fällen, die so lang ist wie Der englische Patient. Heute werde ich triumphieren! War nett, Sie zu sehen, Doktor - drücken wir Billy weiter die Daumen.«
     
    Wir waren zu Milos Schreibtisch zurückgekehrt. In der Zeit, die wir mit Petra verbracht hatten, war eine neue Telefonnachricht zu dem Stapel hinzugekommen.
    »Wieder Special Agent Fusco. Das Gemälde hat vermutlich sein Blut in Wallung gebracht.« Er ließ den Zettel auf den Schreibtisch flattern und sah quer durch den Raum.
    Die Detectives Korn und Demetri kamen auf uns zu, blieben vor dem Schreibtisch stehen und blickten so finster drein, als wäre er die Schranke zur Freiheit. Milo stellte uns einander vor. Sie nickten steif, ohne mir die Hand zu reichen. Demetris Brille war ein bisschen verrutscht, und die kahle Stelle auf seinem Kopf war sonnenverbrannt und schälte sich bereits.
    »Was liegt an, Gentlemen?«
    »Nichts«, sagte Demetri. Er hatte eine leise Stimme, die klang, als sei sie elektronisch manipuliert. »Das ist genau das Problem.«
    Korn schob einen Finger unter seinen Hemdkragen. Seine Föhnfrisur wirkte wie ein Affront gegen die Tonsur seines Partners. »Nichts mit Schlagsahne und einer Kirsche«, sagte er. »Wir haben den ganzen Vormittag mit Haiseidens Nachbarn zugebracht. Wir haben den Gärtner gefunden, tolle Geschichte. Haiseiden hat einen Monat im Voraus bezahlt, der Kerl hat keinen Schimmer, wo Senor ist, und es ist ihm auch scheißegal, wohin Senor gegangen ist. Haiseidens Post stapelt sich im Postamt Westwood, aber da kommen wir ohne richterliche Verfügung nicht ran. Sollen wir uns eine besorgen?«
    »Ja«, sagte Milo.
    »Stand zu befürchten.«
    »Ist das ein Problem, Steve?«
    »Nein. Überhaupt kein Problem.« Korn spielte wieder an seinem Kragen herum. Demetri nahm seine Brille ab und putzte sie mit einer Ecke seines Jacketts.
    »Verliert nicht den Mut, Jungs«, sagte

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