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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Schultern. «Ich würde dir nie etwas antun, Jill. Das weißt du doch, oder?»
    Jill starrte sie einen Augenblick lang an und nickte dann. «Ja», sagte sie. Und dann: «Ich hab dich so lieb, Samantha.»
    Zinser gab sich Mühe, ihr ins Gesicht gekleistertes Lächeln beizubehalten. «Ich dich auch», sagte sie.
    Als das Mädchen sie wieder umarmte, fragte sich Zinser unwillkürlich, was passieren würde, falls Jill je die Wahrheit erfahren sollte. Falls sie stärker wurde – wie Dietrich vermutete –, würde Darians kleiner Wutausbruch vergleichsweise kindisch wirken. Und wenn die Ketten nicht stark genug waren, Jills Projektionen abzuwehren …
    Dann gnade ihnen Gott.

KAPITEL 30
     
     
    Laszlo blinzelte. Er wollte schlucken, doch sein Mund war zu trocken.
    «Trinken Sie das hier!» Samanthas Gesicht erschien vor seinen Augen.
    Sie schob Laszlo einen Trinkhalm zwischen die Lippen. Vorsichtig sog er etwas Eiswasser und ließ es in seine ausgedörrte Kehle laufen.
    «Sie sind einfach umgekippt», sagte Samantha. «Es war meine Schuld. Ich hätte Ihnen keinen Alkohol geben dürfen, nachdem Dr. Dietrich Ihnen gerade Blut abgenommen hatte. Es tut mir wirklich leid.»
    «Wo ist Darian?»
    «Sie musste weg», sagte Samantha. «Möglicherweise haben wir einen Empathiker in Indiana entdeckt. Sie fliegt hin, um das zu überprüfen.»
    Laszlo wunderte sich, weshalb Darian so eilig wegmusste, ohne sich von ihm zu verabschieden, und er verspürte eine leise Ungewissheit. Er sah Samantha an. Sie lächelte. Er konnte ihr vertrauen. Darian hätte ihn niemals hierhergebracht, wenn dem nicht so wäre. Außerdem – warum sollte sie lügen?
    «Wissen Sie, wir sind wirklich froh, dass Sie hier sind.»
    «Danke», sagte Laszlo mit unerwartet bewegter Stimme. «Das bin ich auch.»
    Und es war sein Ernst. Es war wunderbar, hier zu sein, wo er sein wahres Ich nicht verbergen musste. Er sah Samantha in die Augen und lächelte. Hier war er zu Hause.
     
    Darian schlug die verklebten Augen auf und sah sich um. Sie war allein im Zimmer. Durch das kleine Fenster in der Tür konnte sie die Umrisse eines Mannes erkennen. Sie sandte ihren Geist aus, doch sie fühlte nichts. Rein gar nichts.
    Mein Gott … was haben sie mit mir gemacht?
    Was wohl? Sie haben dich niedergemacht. Hast du geglaubt, sie würden dich so einfach gehen lassen?
    Ja, das hatte sie. Sie war immer davon ausgegangen, dass sie einfach verschwinden konnte. Sie war so dumm gewesen.
    So muss es wohl für alle anderen sein. Mein Gott, wie kann man das aushalten? Diese Einsamkeit …
    Darian biss sich auf die Lippe, um nicht aufzuschreien. Man konnte sie doch nicht einfach hier einsperren!
    Warum denn nicht? In ihrem Auftrag hast du Obdachlose dazu überredet, sich brutalen Tests zu unterziehen. In ihrem Auftrag hast du Kinder entführt. Warum also sollten sie dich nicht für alle Zeiten hier unten einsperren?
    Darian sah an ihrer Zwangsjacke herunter, dann suchte sie die Zimmerdecke ab, bis sie die Überwachungskamera entdeckte.
    «Sagen Sie Zinser, ich bin bereit, mit ihr zu reden!», rief Darian und sah direkt in die Kamera.
    Sie behielt die Wanduhr im Blick, und vier Minuten vergingen. Sie kamen ihr vor wie eine Ewigkeit. Schließlich hörte sie ein Klappern, und knarrend ging die Tür auf.
    «Lassen Sie mich nicht aus den Augen – von draußen …», sagte Zinser zu dem Wachmann. Sie gab sich keine Mühe, irgendwas vor Darian zu verbergen. «Sollte ich die Gefangene freilassen wollen, sedieren Sie uns beide und bringen Sie mich auf die Krankenstation.»
    «Ja, Ma’am.»
    Zinser trat ein, und der Wachmann schloss die Tür. Instinktiv versuchte Darian, die Frau zu fühlen. Ebenso hätte sie versuchen können, das Empire State Building umzukippen.
    «Was haben Sie mit mir gemacht?», wollte Darian wissen.
    «Nichts, was man nicht ungeschehen machen könnte – sofern Sie kooperieren.»
    «Was wollen Sie?»
    «Laszlo.»
    «Sie haben ihn doch schon», sagte Darian.
    «Außerdem haben wir das Problem, Ihr plötzliches Verschwinden erklären zu müssen.»
    «Ich werde Ihnen nicht helfen.»
    «Wenn nicht, werden Sie sehr, sehr lange hier unten bleiben.» Zinser machte eine Pause. «Und Sie werden nie wieder eine Menschenseele ertasten.»
    Darian versuchte, in Zinsers stoischer Miene zu lesen, doch nachdem sie ihr Leben lang direkt ins Wesen der Menschen geblickt hatte, war sie nicht besonders gut darin, einen Gesichtsausdruck zu deuten.
    «Lassen Sie ihn gehen, und ich helfe Ihnen,

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