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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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sei der Grund für seine psychische Unverwundbarkeit, doch dann hatte sich herausgestellt, dass ihn nur eine Requisite seines Glaubens beschützt hatte.
    Hätte Dietrich das früher herausgefunden, hätte er dem Priester nicht den Schädel aufsägen müssen. Wie dem auch sein mochte – falls es eine Hölle gab, hatte Zinser ohnehin längst einen Fahrschein dorthin. Schon lange hatte sie sich damit abgefunden, dass die Methoden der Organisation eben etwas ungewöhnlich waren. Wenn sie nicht gewillt war, für ihre Überzeugung alles zu riskieren, einschließlich ihrer Seele, wozu dann das Ganze?
    Außerdem war es ja vorbei. Der Priester hatte seinen Dienst getan, und man hatte ihn auf der Kirchentreppe abgelegt – wenn auch ohne seinen Ring. Nachdem Dietrich herausgefunden hatte, dass der Ring ein elektromagnetisches Feld mit derselben Frequenzresonanz wie projizierte Emotionen besaß, ließ er aus diesem Material sofort leicht zu verbergende Halsketten anfertigen.
    Als sie den Testpersonen diese Ketten umlegten, meldete Jill, dass diese für ihr inneres Auge unsichtbar wurden. Genau das hatte Zinser zwar gehofft, doch Dietrich wies sie darauf hin, dass sich daraus ein erheblich bedeutenderes Problem ergab.
     
    «Wir können jetzt nicht alle einfach so diese Halsketten tragen», sagte Dietrich ausdruckslos.
    Typisch Dietrich – einen Augenblick des Triumphes als Niederlage zu betrachten. Fast alles an ihm ging Zinser auf die Nerven – von den feisten, fleischigen Händen bis hin zu seiner duckmäuserischen, pessimistischen Haltung. Ohne ihn jedoch wäre das Projekt schon längst gescheitert. Zinser wünschte nur, er wäre nicht so nervig.
    «Wenn wir alle von Jills Radarschirm verschwinden, wird sie sich fragen, wieso. Dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie merkt, dass wir sie blocken.»
    «Wir können uns nicht ewig von Darian beschützen lassen», sagte Zinser genervt. «Wir brauchen Alternativen.»
    Dietrich überlegte einen Augenblick. «Wenn wir ein falsches Bild – eine projizierte Emotion – erschaffen, könnten wir sie vielleicht täuschen.»
    «Wären Sie dazu in der Lage?»
    «Ich glaube schon», sagte Dietrich und tippte nervös die Kuppen seiner Zeigefinger aneinander. «Wir könnten die Tesla-Box verwenden.»
    «Aber ich dachte, sie funktioniert nicht», sagte Zinser angesichts der bisherigen Fehlschläge. Unter Verwendung von Teslas Notizen hatte Dietrich einen Apparat entworfen, der es jedermann ermöglichen sollte, Emotionen auszusenden. Leider bisher ohne Erfolg.
    «Die Box hat funktioniert, aber nicht so, wie Sie es wollten», sagte Dietrich und wischte sich über die glänzende Stirn. «Die Tesla-Box konnte sehr wohl Gefühle projizieren, nur leider sehr schwach und in einem schmalen Frequenzbereich.»
    «Und was nützt uns das jetzt?», fragte Zinser, die es kaum erwarten konnte, dass er zum Ende kam.
    «Der Grund für die Fehlfunktion des Apparates bestand darin, dass die Projektionen nicht stark genug waren und außerdem personenspezifisch …»
    «Kommen Sie zum Punkt, Doktor!»
    «Wir könnten eine Momentaufnahme eines individuellen Gemütszustandes vornehmen. Ich könnte Sie zum Beispiel im Glückszustand aufzeichnen und dann den Apparat so programmieren, dass er ununterbrochen Glückseligkeit projiziert. Da die Silberketten verbergen, was wir in Wirklichkeit fühlen, wird Jill nur die aufgezeichneten Emotionen wahrnehmen.»
    «Bereiten Sie alles vor!»
    Eine Woche später streckte sich Zinser auf der Untersuchungsliege aus, und Dietrich befestigte acht Elektroden an ihrer Kopfhaut, um seine Aufnahme zu beginnen. Leider musste sie feststellen, dass es schwerfiel, weder Sorge zu empfinden, noch ein schlechtes Gewissen zu haben.
    Aus genau diesem Grund hatte sie nicht direkt mit Jill zu tun haben wollen – sie konnte ihr wahres Ich nicht verbergen. Bei Darian war es egal gewesen. Darian war ein selbstsüchtiges Raubtier und durch Zinsers Hintergedanken nicht zu verschrecken. Außerdem kooperierte Darian mit der Organisation allein aus Geldgier, nicht weil sie Vertrauen hatte.
    Doch von Jill wollte Zinser mehr. Sie wollte ihr Mentor sein – das Mädchen so formen, dass es die Welt so sah wie sie. Bis Zinser jedoch in die Lage versetzt wurde, ihre wahren Gefühle zu verbergen, hatte sie immer vermieden, Jill ohne Darians Schutz zu begegnen.
    Lieber engagierte sie Instruktoren, die das Mädchen unterrichteten, während Zinser per Videoüberwachung dabei zusah. So behielt sie auch die

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