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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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sinken. Er blinzelte und trat einen Schritt zurück, er schien durcheinander.
    «Ich leg mich wieder hin», sagte Laszlo, dem sich fast der Magen umdrehen wollte.
    «Was ist mit Ihrem Eis?», fragte Manderville leicht verunsichert.
    Laszlo schüttelte den Kopf. «Ich hab’s mir anders überlegt.»
    Er ging in sein Zimmer und schloss die Tür. Am besten würde er die Kinder von innen heraus retten können. Plötzlich spürte er, dass das Mädchen aufgewacht war. Laszlo tarnte seinen Kummer und ließ sie den üblichen dumpfen Gleichmut spüren.
    Doch sobald sie sich einen Moment abgewandt hatte, ballte Laszlo die Faust. Er verabscheute Gewalt. Aber wenn er jemandem Schmerz zufügen musste, um den Schaden wiedergutzumachen, den er angerichtet hatte … dann würde er es tun.

KAPITEL 41
     
     
    Zinser strich ihr dunkelblaues Kostüm glatt, als sie das Klassenzimmer betrat. Die Kinder warteten bereits. Alle sahen sie aufmerksam an, doch Jill war konzentrierter als die anderen. Zinser fragte sich, ob es an der Zuneigung des Mädchens lag – oder am heutigen Thema ihrer Stunde. In jedem Fall hatte sie die Verbindung hergestellt – das war entscheidend.
    «In der letzten Stunde haben wir über Empirismus gesprochen. Heute werden wir das genaue Gegenteil behandeln – den ‹Rationalismus›. Während Empiriker glauben, dass sich Wissen nur über die Sinne erlangen lässt, glauben die Rationalisten, dass uns gewisse Wahrheiten von Geburt an eingegeben sind und mit Hilfe des Intellekts deduziert werden müssen; Sie sagen, die Vernunft, nicht die Erfahrung, sei der Ursprung allen Wissens.
    René Descartes, ein französischer Philosoph, Mathematiker und Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, war für den Rationalismus das, was John Locke für den Empirismus war. Descartes traute den Sinneswahrnehmungen allerdings noch weniger als John Locke.»
    «Warum?», fragte Winter und neigte den Kopf.
    «Lass mich deine Frage mit einer Gegenfrage beantworten: Bist du jetzt wach?»
    Winter runzelte die Stirn. «Allerdings.»
    «Woher weißt du das?»
    «Weiß ich einfach.»
    «Und du bist sicher, dass du nicht träumst?»
    «Ja.»
    «In deinen Träumen weißt du also immer, dass du träumst?»
    «Ähm … nein.»
    «Woher weißt du dann, dass du jetzt im Moment nicht träumst?»
    Winter überlegte, bevor sie antwortete. «Weil … weil ich weiß, wie es sich anfühlt, wach zu sein.»
    «Woher weißt du, dass du nicht nur träumst, dass du den Unterschied kennst?»
    Winter schob die Augenbrauen zusammen. «Das … das kann ich wohl nicht wissen.»
    «Genau. Descartes nannte es den ‹Traumzweifel›. Für ihn ist das der Beweis dafür, dass er sich nicht auf seine Sinne verlassen kann, denn die Sinne belügen einen im Traum. Daher kann man unmöglich wissen, ob man getäuscht wird. Deshalb formulierte Descartes ein einziges Prinzip, auf das er seine gesamte Philosophie baute: Wenn ich getäuscht werde, dann muss ‹ich› existieren. Dieses Prinzip kennt man als:
    Cogito ergo sum.» Zinser wartete einen Augenblick, bevor sie übersetzte. «Ich denke, also bin ich.»
    Als alle Kinder den berühmten Satz aufgeschrieben hatten, fuhr Zinser dort.
    «Darüber hinaus illustrierte Descartes die Grenzen der Sinne mit dem ‹Wachsbeispiel›. Er untersuchte ein Stück Wachs, notierte sämtliche Charakteristika – Beschaffenheit, Größe, Form, Farbe, Geruch. Dann hielt er es über eine Flamme und beobachtete, wie sich die Charakteristika veränderten. Das galt Descartes als Beweis, dass er seinen Sinnen nicht trauen konnte – um das wahre Wesen von Wachs zu begreifen, hatte er seinen Verstand einsetzen müssen.
    Und so schuf Descartes ein philosophisches System, das die Wahrnehmung ignorierte und auf die Deduktion setzte – ein System aus Schlussfolgerungen, bei dem man nur unter Verwendung bereits bekannter Fakten zu Ergebnissen kam. Mit Hilfe der Deduktion entwickelte er das ‹Kausalprinzip›, welches besagt, dass in einer Ursache mindestens so viel Wirklichkeit steckt wie in einer Wirkung. Wenn zum Beispiel der Gedanke an ein Pferd durch das Bild von einem Pferd hervorgerufen wird, dann muss das Bild ebenso real sein wie der Gedanke.
    Mit Hilfe des Kausalprinzips entwickelte Descartes folgende Argumentation zur Frage nach Gott:
    Ich habe eine Vorstellung von einem unendlich vollkommenen Wesen – Gott.
    Diese Vorstellung muss von irgendwoher gekommen sein, weil unmöglich etwas aus dem Nichts entstehen kann.
    Eine Ursache muss mindestens

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