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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Empirismus – zumindest so wie Hume ihn definierte – doch erheblich vernünftiger. So musste man sich keinen Glauben aufzwingen. Der Empirismus war berechnend und logisch. Entweder war etwas, oder es war nicht. Basta.
    Als Elijah schließlich einschlief, lächelte er glücklich und zufrieden, weil er jetzt einen Begriff hatte für das, was er schon immer gewusst hatte.
     
    Auf der anderen Seite des Flurs lag Winter wach. Wie Elijah war auch sie von Eltern unterschiedlicher Religion großgezogen worden, doch hatte dies bei ihr eine ganz andere Wirkung. Da sie immer von so viel Spiritualität umgeben war, hatte sich ihre eigene Spiritualität gefestigt.
    Mit dem Empirismus konnte Winter nichts angefangen. Wie sollte sie einer Philosophie anhängen, die dem Glauben keinen Raum ließ? Rationalismus war viel … rationaler. Leibniz’ drei Prinzipien – Ursache, Vielfalt und zureichender Grund – trugen allesamt dazu bei, das zu festigen, was Winter immer schon gewusst hatte – es gab mehr im Leben als ihre eigenen Erfahrungen. Etwas, das größer war als sie.
    Etwas, das sich nur mit einem Wort beschreiben ließ.
    Gott.

KAPITEL 42
     
     
    Während die ersten neun Wochen in der Anlage wie im Traum vergangen waren, wurden die nächsten beiden zum Albtraum. Jeden Morgen beim Aufwachen war Laszlo verzweifelt, und er geriet in Panik, sobald das Mädchen versuchte, in ihn einzudringen. Und jeden Morgen wehrte er sie ab, bis er sich frischen Kautabak in den Mund gestopft hatte.
    Mehr als einmal schien es ihm, dass sie seine vorgetäuschte Zufriedenheit durchschaut hatte. Er hatte ständig Angst, dass Samantha plötzlich mit zwei Wachen vor der Tür stand, um ihn zu fesseln, bis die Wirkung des Nikotins nachließ.
    Doch Samantha kam nicht. Äußerlich blieb alles beim Alten. Laszlo ließ sich von Dr. Dietrich im Untersuchungsraum als Versuchskaninchen missbrauchen und suchte weiterhin nach außergewöhnlichen Kindern. Bald nach dem erhellenden Abend in der Bar stieß er auf ein Zwillingspärchen namens Julia und Gracie, die offensichtlich Empathiker waren. Aber er sagte Samantha nichts von den Mädchen. Er sah lieber nicht so genau hin und tat, als bemerkte er ihre Begabung nicht.
    Die ganze Zeit über wartete er auf eine Gelegenheit. Sie bot sich ihm nach fünfzehn Tagen – in Form eines frischgewischten Fußbodens.
    Laszlo ging eben an einem Mann vorbei, der den Boden wischte, als er ausrutschte. Wild ruderte er mit beiden Armen, hielt sich mit der Linken an dem Mann und mit der Rechten an einem seiner Bewacher fest. Laszlo blieb zwar auf den Beinen, doch der Soldat fiel hin. Eilig kam er wieder auf die Beine, aber er verzog das Gesicht, als er den rechten Fuß belastete.
    «Geh ruhig zur Krankenstation», sagte der andere Soldat. «Ich bring Laszlo wieder auf sein Zimmer.»
    Als der verletzte Soldat den Gang hinunterhumpelte, spürte Laszlo mit einem Mal die Emotionen des Mannes, der eben noch den Fußboden geputzt hatte, deutlich und unverstellt. Bevor Laszlo reagieren konnte, hatte der andere Soldat eine zerrissene Silberkette vom Boden aufgehoben.
    «Das hier haben Sie verloren», sagte der Soldat und drückte dem Mann die Kette in die Hand. Plötzlich konnte Laszlo seine Emotionen nicht mehr spüren.
    «Danke», sagte der Mann.
    Der Soldat nickte und griff sich kurz in den Nacken, wo Laszlo im kalten Neonlicht eine ähnliche Kette blitzen sah.
    «Können wir gehen?», fragte der Soldat.
    «Natürlich», sagte Laszlo.
    Während ihn der Soldat den Gang hinunterführte, machte sich Laszlo bereit. Sie standen vor der Tür zu seinem Zimmer, da sah er dem Soldaten direkt ins Gesicht.
    «Haben Sie das Spiel gestern Abend gesehen?», fragte er, um die Situation zu entspannen.
    Bevor der Wächter irgendetwas sagen konnte, griff Laszlo nach der Kette. Für den Bruchteil einer Sekunde war die ganze Welt geruchlos. Entsetzt riss Laszlo die Kette ab und ließ sie fallen.
    Plötzlich füllte sich die Leere, die den Soldaten bis dahin umgeben hatte, mit Emotionen. Laszlo gab ihm ein unfassbares Glücksgefühl ein. Der erschrockene Blick des Mannes wurde wieder weich und wich einem entspannten Lächeln.
    «Wie heißen Sie noch gleich?», fragte Laszlo.
    «Tom Neill», sagte der Soldat und starrte auf die zerrissene Kette am Boden.
    «Die können Sie ruhig liegen lassen», sagte Laszlo. «Möchten Sie einen Moment mit in mein Zimmer kommen, Tom?»
    Mühelos übertrug Laszlo leichte, duftende Freude.
    «Klar», sagte Tom. «Sehr

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