Gnosis
eine Gabe, die weit mehr ist als emotionale Intelligenz. Die Leute, die solchen Menschen begegnen, beten sie förmlich an. Und die unglaubliche Intuition ermöglicht es ihnen, Großes zu erreichen.
Sie sind Maler und Schauspieler, Athleten und Musiker. Es sind Leute, deren Nähe man sucht, zu denen man sich hingezogen fühlt. Sie kreieren visuelle Landschaften oder erbringen sagenhafte musische und physische Leistungen. Sie sind sinnliche Genies. Manche sind starke Rezeptoren, andere eher Projektoren.
Ist ihre angeborene Persönlichkeit eher melancholischer oder introvertierter Natur, was auf viele Künstler zutrifft, wirken sie eher befremdlich als ansprechend. Das gilt besonders für Heranwachsende: aufgrund ihres sensiblen emotionalen Zustands infolge hormonaler Veränderungen.»
Dietrichs Erklärung mochte unglaublich klingen, aber es schien doch alles zusammenzupassen.
«Bei einem von hunderttausend ist diese Gabe so ausgeprägt, dass derjenige gelegentlich als gestörte Persönlichkeit gilt. Solche Menschen sind nicht in der Lage, die Emotionen der Leute in ihrer Umgebung abzuwehren, und sie werden nicht damit fertig. Manche lernen, sich abzuschirmen, andere aber sind dazu nicht in der Lage. Sie verlieren den Verstand. Sie begehen Selbstmord. Alles wegen der ganz realen Stimmen in ihrem Kopf. Stimmen, an die weder die Wissenschaft noch die Gesellschaft glaubt.»
«Nicht Stimmen», murmelte Laszlo. «Gefühle.»
«Ja», sagte Dietrich.
«Sie und die Kinder, die Sie gefunden haben … jedes ist eines unter hunderttausend. Diejenigen, die zu Höherem bestimmt sind, wenn sie es wollen. Oder dem Wahnsinn verfallen.»
Laszlo lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Er atmete durch und überlegte, wie er weiter vorgehen wollte.
«Was hat die Organisation vor? Wer steht dahinter?»
Dietrich schüttelte den Kopf. «Ich weiß nicht, wer das Sagen hat. Aber ich glaube, das Ganze war früher einmal ein Projekt der Regierung. PAPERCLIP und die anderen MK-Experimente sollen jetzt fortgesetzt werden.»
«PAPERCLIP?»
«Projekt PAPERCLIP war eine Geheimoperation der US-Regierung, die nach dem Zweiten Weltkrieg eingerichtet wurde, um führende Nazi-Wissenschaftler in die Vereinigten Staaten zu holen. Von den Männern, die damals ins Land geschmuggelt wurden, waren fast siebenhundert Verhaltensforscher. Einer von ihnen war ein Arzt namens Kurt Blome.»
Laszlo war lange nach Kriegsende geboren worden. Doch sein Vater, ein russisch-jüdischer Einwanderer, hatte viel über den Holocaust gesprochen. Plötzlich fiel Laszlo ein, woher er den Namen Kurt Blome kannte.
«Er war einer der wenigen Nazis, die beim Nürnberger Ärzte-Prozess ungeschoren davonkamen», flüsterte Laszlo. «Es hat einen großen Skandal gegeben. Blome hatte in Konzentrationslagern Experimente mit Pestbakterien an Gefangenen durchgeführt.»
«Ja», sagte Dietrich und ließ den Kopf hängen. «Die US-Regierung beschloss, dass Blome lebendig mehr wert war als tot. Man arrangierte seinen Freispruch, dann übergab man ihn der CIA. Er wurde umgehend dem Projekt CHATTER zugeteilt, um Drogen zu testen, die man bei Verhören einsetzen wollte. Danach arbeitete die CIA mit dem Pentagon am Projekt BLUEBIRD, bei dem Blome sowohl Experimente an nordkoreanischen Kriegsgefangenen als auch an amerikanischen Soldaten und Kindern vornahm.»
«Was für Experimente waren das?» Laszlo ballte vor Wut die Fäuste.
«Blome hypnotisierte die Testpersonen und gab ihnen LSD, Barbiturate und Benzedrin, um multiple Persönlichkeiten und künstliche Erinnerungen herzustellen und Hypnosetrigger zu setzen.»
«So etwas mit Kriegsgefangenen zu machen ist schlimm genug … aber mit Kindern und amerikanischen Soldaten?», sagte Laszlo ungläubig. «Warum ist keiner an die Öffentlichkeit gegangen?»
«Blome hat ihre Erinnerung mit Hilfe einer Elektrokrampftherapie gelöscht.»
Laszlo schüttelte den Kopf. Wie die meisten Menschen hatte er Gerüchte über geheime CIA-Experimente gehört, doch er hatte ihnen nie Glauben geschenkt. «Erzählen Sie weiter.»
«1951 schloss sich ein New Yorker Chemiker namens Dr. Sidney Gottlieb der CIA an. Obwohl er Jude war, arbeitete Gottlieb mit Blome zusammen und leitete das MK-ULTRA-Team.»
«Wofür steht ‹MK›?»
«Die Bezeichnung ist halb englisch, halb deutsch. ‹M› für Mind. ‹K› für Kontrolle.»
«Gedankenkontrolle», flüsterte Laszlo.
Dietrich nickte. «Die MK-Projekte waren die geheimsten und
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