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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Zweiundneunzigsten Straße. Wenn sie den Anruf verpasste, musste sie zur Zelle an der Hundertzehnten Straße laufen und bis 1:30 Uhr warten – das Allerletzte, was man in einer regnerischen Nacht wie dieser wollte.
    Es wäre so viel einfacher, wenn man ihr eine Nummer geben würde, die sie anrufen könnte. Aber so funktionierte die Organisation nun mal nicht. Ohnehin wusste sie nicht viel darüber, nur dass diese Leute irrwitzig viel Geld zur Verfügung hatten – und einen Hang zu Nacht-und-Nebel-Aktionen. Normalerweise hatte Darian nur mit Zinser zu tun, aber heute Nacht wollte der Vorstand einen Bericht aus erster Hand.
    Das Telefon klingelte bereits, als sie um die Ecke kam. Darian sprintete die letzten Meter, nahm den Plastikhörer ab und hielt ihn sich ans Ohr.
    «Hier ist Darian», keuchte sie etwas atemlos.
    «Sind Sie allein?», fragte Zinser.
    «Ja.» Darian wollte nicht, dass ihre Stimme allzu aufgeregt klang. Sie fand die Paranoia dieser Leute lächerlich. Dennoch behielt sie die leere Straße im Blick.
    «Gut», sagte Zinser. «Meine Herren, Sie haben das Wort.»
    «Erzählen Sie uns von Mr. Kuehl», sagte eine schroffe Stimme.
    «Er ist einer von uns», sagte Darian und stutzte einen Moment, staunte über das Wort uns. «Und er weiß über die Kinder Bescheid.»
    «Hat er sie aufgrund ihrer Gabe ausgewählt?», fragte ein distinguiert klingender Mann.
    «Ich bin mir nicht sicher», sagte Darian. «Aber ich glaube schon.»
    «Wann werden Sie es wissen?», fragte jemand mit breitem Südstaatenakzent.
    «In einer Woche. Vielleicht zwei.»
    «Würde sich Mr. Kuehl uns anschließen?»
    Sie überlegte einen Augenblick. Darian hatte das Gefühl, dass Laszlo für sie fast alles tun würde, doch vermutlich würde er sich weigern, das zu tun, was sie tat. Ganz egal, wie viel man ihm dafür bezahlte.
    «Nun, Miss Washington?», fragte der Südstaatler erneut. «Würde er sich uns anschließen?»
    «Nicht, wenn er die Wahrheit wüsste.»
    Es folgte angespanntes Schweigen, und Darian überlegte, ob sie etwas Falsches gesagt hatte. Wäre sie mit ihnen im selben Raum, müsste sie sich diese Frage nicht stellen. Deshalb beschränkten sich diese Leute wahrscheinlich auf das Telefon. So war es sicherer für sie. Schließlich meldete sich Mr. Schroff zu Wort.
    «Er muss es ja nicht erfahren.»
    «Man könnte es nicht vor ihm verbergen», sagte Darian. «Zumindest nicht lange.»
    «Das lassen Sie mal unsere Sorge sein.»
    «Inzwischen haben wir ein weiteres Kind gefunden», sagte Zinser. Darian sah das breite Grinsen dieser Frau förmlich vor sich. «Morgen schicke ich Ihnen die Informationen. Donnerstag fliegen Sie hin und holen Sie ab.»
    «So bald schon?»
    «Das Kind hat keine Eltern.»
    «Verstehe.»

KAPITEL 13
     
     
    Nach dem Gebet am nächsten Abend beobachtete Jill aus dem Augenwinkel, wie Pater Sullivan seine Bibel zuklappte und behutsam auf den Boden legte. Dann stützte er sich mit der Rechten auf die Heilige Schrift, verlagerte sein Gewicht und wollte sich erheben.
    Auf diesen Moment hatte Jill gewartet. Mit einer Geschwindigkeit, von der sie selbst überrascht war, sprang Jill auf, packte Pater Sullivan beim Kragen und riss ihn nach vorn. Der alte Mann fiel um und schlug mit dem Kopf auf den Boden. Im nächsten Augenblick hockte Jill breitbeinig auf seiner Brust.
    Bevor Pater Sullivan reagieren konnte, schlang Jill die Kette um seinen Hals und zog sie fest zu. Die Glieder schlossen sich um seine Kehle, und er keuchte und versuchte, seine Finger darunterzuzwängen.
    «Ich will Ihnen nicht wehtun!», schrie Jill. «Ich will nur reden!»
    Sie lockerte die Kette, damit Pater Sullivan Luft bekam. Beide waren außer Atem. Jills ausgemergelter Körper war nach den wenigen Sekunden physischer Anstrengung völlig erschöpft.
    «Was …», presste Pater Sullivan schließlich hervor, «… willst du?»
    «Geben Sie mir den Schlüssel, Pater!»
    «Ich kann nicht.»
    «Doch, Sie können!», schluchzte Jill. «Bitte! Ich komme auch nie wieder hierher! Versprochen! Schließen Sie nur meine Handschellen auf, und ich bin weg!»
    «Ich … ich kann nicht», sagte Pater Sullivan erneut, schüttelte den Kopf. «Er ist … oben.»
    Jill starrte ihn an. Nichts deutete auf eine Lüge hin. Sie sank in sich zusammen. Wie hatte sie so dumm sein können? Ihr ganzer Plan baute darauf, dass er den Schlüssel bei sich trug.
    «Ich muss hier raus», wiederholte Jill, weil sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte. «Warum lassen Sie

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