Go West - Reise duch die USA
Parkplatz. »Hier gibt’s den besten Sound. Wie ein Trichter, versteht ihr?«
»Echt?« Ich war baff. Die testeten hier ihre selbst geschriebenen Rapsongs aus? Ich fand das cool. Aber nach dem gerade überstandenen Erlebnis mit den Puertoricanern waren wir verständlicherweise ziemlich nervös. Vier riesige Kerle gegen drei schmächtige Mädchen. Aber zumindest der Mann, der hier vor mir stand, wirkte nicht nur sympathisch, er war es auch.
Liz fühlte wie ich. »Kriegt ihr keinen Ärger, wenn ihr hier so aufdreht?«
»Manchmal schon«, erwiderte der Rapper. Dann wandte er den Kopf seinen Freunden zu. »Hey guys, pump up the volume!«
Eine Sekunde später stampfte der Bass wie eine Dampframme. Es fehlte nicht viel, und das rosa Cabrio wäre davongehüpft. Ich spürte die Vibrationen durch den Asphalt hindurch. Unwillkürlich blickten wir uns um, ob irgendwelche wutentbrannten Typen um die Ecke stürzen würden. Aber in dieser von Büros und Lagern beherrschten Straße wohnte vermutlich niemand. Sandy brüllte etwas, das man nicht verstehen konnte. Auf ein Zeichen ihres Freundes drehten die Jungs die Lautstärke wieder runter.
»Ist das wirklich von euch?«, wiederholte Sandy ihre Frage.
Statt einer Antwort begab sich der Angesprochene zu seinem Cadillac, holte etwas und kehrte damit zurück. Stolz hielt er uns eine CD -Hülle vor die Nase.
»Die Einzige, die ihr habt?«, fragte Liz mit einem frechen Grinsen.
»Hey, ein bisschen mehr Respekt, junge Lady! Wir sind bei Priority Records unter Vertrag.«
Ich nahm ihm die CD ab und betrachtete das Cover. Die vier Jungs und der Titelsong blickten mir entgegen. Ich drehte die Hülle um und entdeckte das Label der Plattenfirma.
»Hm«, murmelte Liz, die mir über die Schulter schaute. »Wenn ihr das Cover nicht selbst gedruckt habt, dann habt ihr einen echt guten Producer. Priority Records … ist das nicht das Studio, bei dem auch Snoop Dogg und früher mal Icecube unter Vertrag waren?«
Der große Schwarze deutete eine Verbeugung an. »Richtig, Lady! Gangsta Rappers home! Ruhm kommt, Ruhm geht. Weißt du, im Moment geht es uns gut. Wir sind in den Top Ten, und das macht uns stolz.«
Er nahm mir die CD wieder ab und machte eine einladende Geste. »Kommt, wir sind gerade dabei, uns hier Glück für den nächsten Song zu holen. Die hier …«, er tippte auf die CD , »… kommt nächste Woche auf den Markt. Und der Parkplatz hier ist unser Glücksbringer. Hier haben wir uns schon verjagen lassen, als niemand von uns Geld hatte und mein heiß geliebter Ghettoblaster unser einziger Begleiter war.«
Er begab sich zu seinen wartenden Freunden und winkte uns noch einmal, ohne sich umzudrehen. »Na los, die Jungs sind in Ordnung!«
Ich hatte Vertrauen zu diesem sanftmütigen Riesen gewonnen und überlegte nicht lange. Ich hörte, wie Sandy seufzte, dann aber mit Liz im Schlepptau hinter mir herkam. Als wir dann vor diesem Wagen standen, kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Cadillac war noch größer, als er mir von der Straße aus vorgekommen war. Eine gigantisch lange Motorhaube, ein ebenso lang gestreckter Kofferraum, und die Kotflügel verlängerten sich zu klassischen Heckflügeln. Innen weißes Leder, ein riesiges Wurzelholzlenkrad und wunderbar altmodische Armaturen. Alles an diesem Fahrzeug musste jahrzehntealt sein und glänzte doch, als käme es gerade aus dem Laden.
»Wow!«, entfuhr es Liz. »Ist ja der Hammer! Ist das wirklich euer Schlitten?«
»Ja«, sagte unser neuer Freund sichtlich stolz und schien noch ein bisschen größer zu werden. Dann reichte er Liz die Hand. »Ich bin Invisible Dave. Und die hier sind meine besten Freunde und Musiker Jeremy, Don und White Cake.«
Ich konnte nur mit Mühe ein Grinsen unterdrücken. White Cake! Was für ein Name für einen wie ein Sumoringer gebauten Schwarzen!
»Invisible?«, fragte Liz amüsiert. »Freut mich, euch kennenzulernen. Aber unsichtbar bist du ja nun wirklich nicht.«
»Künstlername.« Unser wahrhaft nicht unsichtbarer Rapper grinste. »Wir wollen, dass man uns mehr hört als sieht. Wisst ihr, die meisten sind darauf aus, eine Show abzuziehen. Videoclips und affiges Gehabe sind denen wichtiger als die Musik und die Texte. Wir wollen Rapsongs machen, hart und ehrlich. Eben ursprünglich.«
Er sah in unsere zweifelnden Gesichter und deutete Sandys belustigtes Grinsen richtig. »Ich weiß, das Auto hier passt nicht zu dem, was ich sage. Aber du wirst es niemals in einem unserer Clips
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