Go West - Reise duch die USA
zu dritt sind, werde ich schon nicht einschlafen. Von Washington aus fahren wir nach Chincoteague, da hat eine Schulfreundin meiner Mutter ein bed-and-breakfast inn . Wir müssen nur vorher anrufen, damit sie Bescheid weiß, wann wir kommen. Und dann geht’s nach Virginia Beach. Da kenn ich keinen, aber vielleicht können wir uns ein billiges Motel nehmen, die gibt’s da wie Sand am Meer.«
Ich bemerkte, dass Liz auf der Karte überall Kreuze eingezeichnet hatte.
»Und dann fahren wir da lang?«
»Ja.« Liz nickte. »Die Outer Banks von Carolina. Es soll da so schön sein, dass wir uns das ansehen müssen. Und wisst ihr, was? In Kill Devil Hills arbeitet die Mutter meiner Freundin Darielle, mit der ich früher zur Schule gegangen bin, in dem Museum der Brüder Wright.«
»Die mit dem ersten Flugzeug?«, fragte Gina.
»Na, ob es das erste Flugzeug war, weiß ich nicht«, meinte Liz. »Aber sie waren die Ersten, die ein Stück geflogen sind, und zwar von diesem Hügel aus. Darielle freut sich schon auf mich.«
»Hoffentlich auch auf uns«, murmelte Gina.
»Ach, klar, ihr seid doch in Ordnung!«, rief Liz übermütig.
»Und dann?«, fragte ich neugierig, denn ich sah so schnell kein weiteres Kreuz mehr auf der Karte.
»Tja, das wird die längste Tour.« Liz deutete auf eine Stelle weiter südlich. »Hier, St. Augustine. Das liegt schon in Florida. Es ist die älteste Siedlung der USA .«
»Und wen kennst du da?«, fragte ich lachend. Ich musste daran denken, dass ich nicht so viele Leute in ganz Deutschland hatte, zu denen ich fahren könnte. Und bei denen ich auch noch zwei Freundinnen hätte unterbringen können.
»Eigentlich kenn ich da niemanden«, gab Liz zu. »Aber Mom hat gesagt, dass ihre Freundin aus Chincoteague, ihr wisst schon, die mit dem bed-and-breakfast inn , noch an einem dieser Häuser in St. Augustine beteiligt ist. Vielleicht kriegen wir es ja hin, dass wir da schlafen können. Und wenn nicht, nehmen wir ein Motel. Ich glaub auch nicht, dass wir die Strecke an einem Tag schaffen. Am besten übernachten wir irgendwo in South Carolina noch einmal.«
»Mein armer Geldbeutel!«, stöhnte ich.
»Einteilen müssen wir schon«, sagte Liz. »Aber mein Onkel Ben aus L. A. hat mir zehntausend Dollar zum Collegeabschluss geschenkt. Macht euch also keine Sorgen, unter der Brücke müssen wir nicht schlafen.«
»Zehntausend Dollar?« , entfuhr es Gina. »Was hast du denn für einen Onkel?«
»Ben hat eine Firma für Solartechnik«, erwiderte Liz achselzuckend. »Der ist Millionär. Und er liebt mich.«
»Vielleicht wird er mich auch lieben?«, fragte ich augenzwinkernd.
Wir lachten, und dann erklärte uns Liz den Rest ihrer Planung. »Von St. Augustine aus fahren wir den Rest der Ostküste Floridas runter bis nach Key West. Wo wir schlafen, weiß ich noch nicht so richtig. Aber unsere ehemalige Nachbarin Mary arbeitet im Dolphin Research Center auf Marathon Key, und sie hat gesagt, dass ich anrufen soll, wenn ich komme. Das ist allerdings schon auf den Florida Keys. Zwischendurch müssen wir sehen, wo wir übernachten. Vielleicht in Miami.«
»Wow!«, entfuhr es mir. »Miami! Das wär cool! Aber ich hab nichts anzuziehen für die Klubs.«
»Hey, hey!« Liz dämpfte meine Begeisterung. »Ich weiß nicht, ob wir in Miami so einfach abends ausgehen sollten. Das ist ein heißes Pflaster. Und, Mädels …«, sie schaute uns verschwörerisch an, »… sagt meinem Dad bloß nicht, wo wir überall hinwollen. Er kennt nur die Stationen, wo wir bestimmt schlafen können.«
»Ups!«, meinte Gina. »Wir müssen doch immer anrufen, wenn wir angekommen sind, oder?«
»Ja, schon«, gab Liz zu. »Aber nicht jeden Tag. Und es kann ja auch mal was dazwischenkommen, stimmt’s?« Sie grinste schelmisch. »Wir werden schon aufpassen. Aber ich hab keine Lust, zehn Stunden am Tag im Auto zu sitzen und die schönsten Stellen zu verpassen. Ein bisschen mogeln müssen wir schon. Und ich pass ja auf euch auf.«
Ich grinste. »Okay, aber dann haben wir dich in der Hand. Wenn wir nichts sagen, dann brauchen wir auch nicht zu kochen und das Auto zu waschen?«
Liz lachte lauthals. »Nein. Braucht ihr nicht. Also, abgemacht?«
Wir schlugen ein. Ein- oder zweimal im Motel übernachten würde schon gehen. Na ja, und so ganz verboten war es ja nicht, aber einen Reiz übte es schon aus, so völlig unbeaufsichtigt draufloszufahren.
»Wie es dann weitergeht, werden wir sehen«, sagte Liz schließlich. »Wahrscheinlich
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