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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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die Augen offen zu halten.
    In seinem Kopf hörte er mitunter Issis Stimme: Beeil dich, Hylas, du musst mich finden. Ich habe solchen Hunger!
    Auch Telamon ließ sich hin und wieder vernehmen, er schnalzte ungeduldig mit der Zunge und erklärte: Du willst doch nicht etwa aufgeben? Nachdem es mich solche Mühe gekostet hat, diesen Wagen zu stehlen.
    Eine Welle schlug Hylas ins Gesicht und er erwachte.
    Aber es war gar keine Welle, sondern ein Büschel Seegras.
    Der Delfin war zurückgekommen.
    Hylas setzte sich auf, froh und ängstlich zugleich. Mit klopfendem Herzen umfasste er die Planke und nahm das Messer in die Hand. Wollte der Delfin ihn wieder ins Wasser werfen?
    Statt zu lachen oder mit dem Kiefer zu klappern, schwamm der Delfin gemächlich neben der Planke her und tauchte nur kurz zum Atmen auf. Vielleicht war er nicht mehr verärgert?
    Vorsichtig nahm Hylas das Seegras und hielt es ins Wasser.
    Der Delfin zog vorbei, und obwohl er Hylas nicht ansah, spürte der Junge, dass das Tier sehr genau verstand, was er tat.
    Als der Delfin das zweite Mal an der Planke vorüberglitt, bemerkte Hylas, wie er das Messer in seiner Faust beäugte. Er legte es auf der Planke ab, bevor er das Seegras wieder verführerisch ins Wasser hielt. Beide waren angespannt.
    Schließlich warf Hylas das Seegras in die Wellen und wartete.
    Nach einer Weile nahm der Delfin das Büschel mit der Flosse auf, warf es hoch, fing es geschickt mit der Nasenspitze auf und schwamm schließlich mit dem Büschel auf der Nase an Hylas vorbei.
    Hylas streckte die Hand danach aus, griff jedoch daneben.
    Eine Zeitlang spielte der Delfin Hochwerfen und Fangen mit sich selbst, dann schien er das Spielzeug vergessen zu haben und tauchte ab. Nervös blickte Hylas hinter ihm her. Kam der Delfin zurück?
    Plötzlich sah er ihn aus großer Tiefe nach oben schießen. Hektisch paddelnd versuchte Hylas die Planke wegzusteuern, als das Tier direkt neben ihm auftauchte. Ein rascher Flossenschlag und etwas aus dem Meer wirbelte über seinen Kopf hinweg.
    Dieses Etwas landete mit einem Platscher auf den Wellen, der Delfin schwamm darauf zu und schnellte erneut mit dem Schwanz. Nun sah Hylas, dass er einen Fisch aus der Tiefe geholt hatte. Wollte der Delfin ihm am Ende helfen?
    Ein drittes Mal flog der Fisch durch die Luft. Diesmal fing Hylas ihn auf.
    Unter triumphierendem Krächzen tötete er den Fang mit einem Schlag gegen die Planken und machte sich darüber her. Blut quoll über seine ausgedörrte Zunge, als er den Bauch des Fisches aufbiss. Er verschlang die süßlichen, glitschigen Innereien und hielt nur inne, um hin und wieder ein paar Schuppen auszuspucken. Nachdem er fast alles verspeist hatte, schnitt er den Fischkopf ab und warf ihn als Opfer ins Meer. Dann, ohne nachzudenken, pfiff er und patschte mit der Hand leicht auf die Wellen.
    Der Delfin tauchte neben ihm auf, und Hylas plätscherte ein zweites Mal. »Hier«, sagte er heiser. »Das ist für dich.« Er warf den Fischschwanz zu dem Tier hinüber, den der Delfin auffing und verschlang.
    »Danke«, sagte Hylas.
    Der Delfin schwamm ein Stück voraus und kam beim Zurückschwimmen dichter an der Planke vorbei.
    Hylas streckte die Hand aus.
    Der Delfin strich vorsichtig an seinen Fingern vorbei. Seine Haut fühlte sich kühl und sehr glatt an. Als er erneut vorüberglitt, rieb er vorsichtig seine Flanke an Hylas’ Handfläche und sah ihn dabei an.
    Die klugen braunen Augen blickten freundlich, und Hylas hatte das Gefühl, als könne das Tier in ihn hineinsehen und spüren, was er alles durchgemacht hatte. Seine Angst vor den Krähen, der Kummer um Scram, wie sehr er sich schämte, weil er seine kleine Schwester nicht hatte beschützen können. Und schließlich seine Einsamkeit. Andererseits wusste Hylas genau, dass der Delfin nicht zu seiner Welt gehörte. Sein Blick war tief wie das Meer. Er war ein Lebewesen aus Fleisch, Flossen und Knochen, aber er war auch ein Geschöpf des Meeres und der Herrin der Wildnis.
    »Danke, Filos«, sagte Hylas langsam.
    Filos umkreiste ihn, legte schließlich die Nase auf die Planke und versetzte ihr einen sanften Schubs.
    Endlich begriff Hylas. Alles war ein Missverständnis gewesen. Der Delfin hatte ihn vorhin nicht von der Planke stoßen, sondern ihn in Richtung Land schieben wollen.
    Danach ging alles bedeutend einfacher. Hylas hatte keine Angst mehr, und Filos hütete sich vor allzu kräftigen Stößen. Anscheinend spürte er sogar, wenn Hylas eine Pause brauchte, und

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