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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Wrack liegt.«
    Sein Lachen klang gemein. »Das finde ich auch ohne dich.« Nachdem er seine fettigen Finger ekelhafterweise an der Tunika abgewischt hatte, marschierte er schnurstracks zum Ufer.
    Pirra stapfte hinter ihm her. Vor lauter Wut war sie den Tränen nahe, und ihre Wange brannte noch immer von seinem Hieb.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. Vielleicht konnte sie ihn gefügig machen, wenn sie seine Waffe stahl? Offenbar hatte er dasselbe gedacht und schob den Dolch fest in seinen Gürtel. Ließ sich die Frischwasserquelle, die sie entdeckt hatte, irgendwie zu ihrem Vorteil ausnutzen? Wahrscheinlich würde er das Geheimnis aus ihr herausprügeln, wenn sie die Sprache darauf brachte.
    Draußen vor der Bucht glitzerte etwas. Kurz darauf sprang ein großes, schimmerndes Geschöpf aus dem Wasser und tauchte in einer hoch aufsprühenden Gischtwolke erneut ein.
    Strahlend lief der Junge ans Ufer und pfiff durchdringend.
    Das Geschöpf wendete und schwamm auf ihn zu.
    Pirra blieb der Mund offen stehen.
    Der Delfin war wesentlich größer, als sie sich diese Tiere vorgestellt hatte, und viel schöner als alle Gemälde im Tempel der Göttin. Ehrfürchtig beobachtete sie, wie er in weiten Sprüngen heranschnellte und anmutig durchs Wasser glitt. Als er näher kam, hörte sie deutlich die ruhigen, schnaubenden Atemzüge und sah das heilige Lächeln des Tieres. Sie legte die Faust auf die Stirn und verneigte sich.
    Der Junge stand mittlerweile bis zur Hüfte im Wasser und wartete. Der Delfin schwamm nahe heran, so nahe, dass er den Jungen leicht berührte.
    Die fassungslose Pirra sah zu, wie der Delfin den Jungen umkreiste und sich von ihm mit Wasser bespritzen ließ. Das schien ihm zu gefallen. Der Junge watete noch tiefer hinein und fing an zu schwimmen. Dann kam der Delfin langsam auf ihn zu, der Junge umfasste mit beiden Händen die Rückenflosse und das Tier zog ihn mit sich. Als der Delfin allmählich schneller schwamm, sah es aus, als fliege der Junge lang ausgestreckt über die Wellen dahin.
    Sprachlos blickte Pirra hinter den beiden her. Wer mochte dieser Junge nur sein, zu dem ein Geschöpf der Göttin kam?
    Nach einem weiteren Bogen kehrten die beiden zurück. Der Junge ließ die Flosse los und watete ans Ufer. Dort blieb er stehen und beobachtete, wie der Delfin davonschwamm. Er lächelte, und sein hageres Gesicht wirkte völlig verändert.
    Dann fiel sein Blick auf Pirra und das Lächeln erlosch. »Also«, sagte er knapp, »es läuft so: Du machst, was ich sage. Und jetzt zeig mir dieses Wrack.«

H ylas war sich praktisch sicher, dass ihn das Mädchen in Bezug auf ihre Zauberkünste belogen hatte – aber galt das auch für ihre Behauptung, die Krähen seien nicht auf der Insel? Vorsichtshalber ließ er sie vorangehen und hielt das Messer auf ihren Rücken gerichtet.
    Sie jammerte unaufhörlich, während sie vorsichtig mit bloßen Füßen den Weg über die Kiesel wählte. War sie denn noch nie in ihrem Leben barfuß gelaufen?
    Die Geschichte ihrer Flucht kam ihm völlig unwahrscheinlich vor. Warum hätte sie denn fliehen sollen? Obwohl sie ziemlich verlottert aussah, war sie zweifellos die Tochter eines mächtigen Anführers, dafür sprach ihr kostbarer Goldschmuck, den sie sogar an der Tunika trug. Oder war sie nicht ganz bei Trost und deswegen auf dieser Insel ausgesetzt worden?
    Das wäre zumindest eine Erklärung für die sichelförmige, flammend rote Wunde auf ihrer Wange.
    So oder so, sie war ihm nur im Weg. Offenbar hatte sie noch nie für sich selbst sorgen müssen, und er hatte bereits alle Hände voll damit zu tun, etwas Essbares für sich aufzutreiben. Unter keinen Umständen würde er sie mit durchfüttern. Er beschloss, sie zu ertragen, bis das Floß gebaut war, und sie dann zurückzulassen.
    Im Schneckentempo führte sie ihn ans Ende der Bucht und von da aus zu einem felsigen Aussichtspunkt. Dort angekommen stieß Hylas einen Seufzer der Erleichterung aus. Auch in der angrenzenden Bucht waren weder Krähen noch feindliche Schiffe zu sehen. In dieser Bucht gab es keinen Strand, nur ein Wrack dümpelte im Wasser.
    Das Meer hatte das robust aussehende Schiff mit dem breiten Rumpf wie ein Stück Borke zerbrochen. Hylas sah nachdenklich auf die brodelnden Wellen zwischen Schiff und Küste. Wie sollte er den Abstand überwinden? Zum Springen war es zu weit, hinüberschwimmen war zu gefährlich. Die Brecher würden ihn entweder zermalmen oder unter Wasser drücken, höchstwahrscheinlich

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