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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Muskeln brannten. Das Zischen in der Höhle verklang allmählich. Staub rieselte auf ihn herab, körnig und bitter wie Asche. Er hörte nichts mehr außer dem Scharren von Pirras Sandalen und seinem eigenen abgerissenen Atem.
    Jetzt verschwand sie in der Öffnung zur irdischen Welt, dann tauchte sie mit helfend ausgestreckter Hand wieder auf. Hylas zog sich über die Kante und blieb schnaufend liegen. Er war mit dem Leben davongekommen. Unfassbar. Hoch oben ertönte ein Falkenschrei. Über sich sah Hylas einen schwarzen Bergkamm und eine zornige, rote Sonne.
    Eine rote Sonne? Aber sie hatten die Höhle doch bei Sonnenuntergang betreten, wieso ging die Sonne immer noch unter? Entweder sie waren eine Nacht und einen Tag in dieser Höhle gefangen gewesen oder … oder dort war der normale Verlauf der Zeit außer Kraft gesetzt.
    Hylas war wie betäubt. Er begriff es einfach nicht. Aber Issi war am Leben, daran klammerte er sich.
    Pirra blickte ihn verwundert an. »Du hast vorhin mit jemandem gesprochen, den ich nicht hören konnte.«
    Er zögerte. »Die Stimme hat gesagt, dass meine Schwester lebt und dass die Wahrheit schmerzt . Damit war die Schlange gemeint, oder?«
    »Vielleicht«, gab Pirra zurück. »Die Worte der Göttin können vieles bedeuten.«
    Sie standen auf und sahen sich um.
    Hylas erkannte den bitteren, schrecklich vertrauten Geruch sofort.
    Pirra strich mit der Handfläche über den Boden. Als sie die Hand hob, wehten graue Ascheflocken von ihren Fingern. »Wo um alles in der Welt sind wir hier?«, fragte sie.

V erwundert schwamm der Delfin durch den engen, gewundenen Kanal. Wo war er nur? Der Atem aus seinem Blasloch klang beängstigend laut, und sobald er den Kopf aus dem Wasser reckte, hörte er viele Klicks weiter singende Echos und Geisterstimmen. Dennoch kehrte er nicht um. Er musste den Jungen finden.
    Als Der Eine im Unten mit seinem Schwanz um sich geschlagen hatte, war der Delfin aufgeregt vor der Höhle hin und her geschwommen. Das Meer hatte getobt, und er hatte den Steinen ausweichen müssen, die von den Klippen herabstürzten. Wie sollten die beiden Menschen das überleben?
    Endlich war es stiller geworden und aus dem Toben wurde ein Rumpeln, ein Zittern und schließlich war es nur noch ein sachtes Beben. Der Delfin lauschte angestrengt, in welche Richtung der Junge lief oder ob er mit seinen kleinen Flossen auf die Wellen patschte. Vergebens. Er vernahm nur die Stimme des Meeres und das Knurren der zornigen Steine.
    Der Delfin hatte lange, eindringliche Quietscher ausgestoßen und endlich die Antwort des Jungen gehört, tief im Inneren der Erde. Unermüdlich quietschend hatte ihn der Delfin aus der Höhle geführt, aber plötzlich hatte der Junge nicht mehr geantwortet.
    Daraufhin hatte der Delfin keinen Augenblick gezögert. Als er im Oben gestrandet war, hatte der Junge ihn gerettet. Jetzt würde er das Gleiche für ihn tun.
    Furchtlos war er ins Höhlenmaul eingetaucht, in das sich noch nie ein Delfin vorgewagt hatte.
    Das Maul hatte sich entsetzlich schnell zu einem engen Tunnel verjüngt und er hatte hören können, wie verschlungen dieser Tunnel war, in dem stachelige Napfschnecken und Korallen an den Wänden klebten. Aber das hatte ihn nicht aufgehalten.
    Inzwischen waren aus dem einen Tunnel viele geworden, weit verzweigt wie Seetangwälder. Die Wände warfen sein Klicken zurück. Welchen Weg sollte er wählen?
    Der Delfin schwamm dorthin, wo das Wasser besonders kühl und tief war; zugleich rückten die Wände bedrohlich nahe. Er blieb mit der Nasenspitze ständig im Kraut hängen, spitze Korallen schürften ihm die Flossen auf. Manchmal konnte er sich kaum noch durch den engen Tunnel zwängen und zweimal war das Wasser so flach, dass er um ein Haar gestrandet wäre. Ein Aal streckte die Nase aus einem Loch und schnappte nach seiner Schwanzflosse. Ein Tintenfisch, der ihn fälschlicherweise für einen Felsen hielt, machte es sich auf Filos’ Blasloch gemütlich, und der Delfin war vor Panik völlig außer Atem, als er das Tier endlich an der Wand abgestreift hatte.
    Am schlimmsten war jedoch, dass sich das Wasser so sonderbar verändert hatte. Es war Meer und Nicht-Meer zugleich, denn es fühlte sich seltsam dünn an und trug ihn längst nicht so gut wie sonst. Außerdem schmeckte es nicht mehr nach Meer.
    Die singenden Echos, unter die sich ein gurgelndes Lachen gemischt hatte, schwollen plötzlich an.
    Der Delfin reckte den Kopf aus dem Wasser. Ein paar Flossenschläge weiter

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