Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
mündete der Tunnel in eine Bucht mit einem glitzernden Himmel aus blauem Stein. Ringsum bemerkte er zarte Menschengeister und im stillen Wasser ragten abweisende, aufrecht stehende Steine empor. Komm nicht näher , schienen sie zu sagen. In der Bucht lag eine Insel, dem Klang nach bestand sie aus Seevögel- und Fischknochen. Mitten auf der Insel stand ein weißer Stein, den kaltes blaues Feuer umloderte.
    Mit einem Mal verlor der Delfin den Mut. Er würde den Jungen nie mehr finden. Er musste umkehren.
    Aber der Tunnel war zu schmal. Er konnte nicht wenden.
    Er ließ sich tief sinken und versuchte es erneut, die Nase unangenehm zur Schwanzflosse hin verdreht, doch die Felsen klemmten ihn ein wie die Scheren einer Krabbe.
    Er warf sich in panischem Entsetzen hin und her. Die Felsen gaben ihn nicht frei.
    Das Wasser erzitterte kaum wahrnehmbar, als die Geister kamen, sich über ihn beugten und mit ihren langen dünnen Flossen über seinen Rücken strichen. Er hörte das gurgelnde Lachen der Leuchtenden.
    Verzweifelt pfiff er nach dem Jungen.
    Aber es war nicht der Junge, der kam, sondern etwas Anderes.

W as ist denn hier passiert?«, fragte Pirra und blinzelte in die rot glühende Abendsonne.
    In dem engen, verwüsteten Tal war nichts Grünes mehr zu sehen. Nach Asche stinkende Schlacke bedeckte den Boden, und die braunroten Blätter an den seltsamen, schwarzen Bäumen sahen aus wie getrocknetes Blut.
    »Ein Waldbrand«, erklärte Hylas. »Allerdings einer, wie ich ihn noch nie gesehen habe.« Er knickte einen Olivenzweig ab. Jedes einzelne Blatt war unversehrt, aber sie waren allesamt zu einem geisterhaften Dunkelrot verkohlt.
    »Es sieht aus wie Bronze«, sagte Pirra.
    Das brachte ihn sichtlich aus der Fassung. »Die Bronzebäume«, murmelte er.
    »Was?«
    »Hier ist es mir nicht geheuer. In den Bergen machen wir einen Bogen um solche Orte. Überall, wo ein Waldbrand war, sind nämlich die …«, er senkte die Stimme, »… wir nennen sie Die Erzürnten .«
    Pirra überlief ein Schauer. »Wir nennen sie genauso.«
    Sie wechselten einen Blick.
    Hylas warf den Zweig beiseite. »Bald ist es dunkel, wir müssen schleunigst aus diesem Tal heraus. Unser Lager befindet sich schätzungsweise im Westen, hinter dem Bergkamm dort drüben.«
    »Das ist kein Kamm, sondern eine Klippe. Da kommen wir nie und nimmer rauf.«
    Er musterte die Umgebung. »Damit bleibt nur der Weg Richtung Süden.«
    »Aber der führt uns vom Lager weg.«
    »Stimmt. Trotzdem haben wir keine andere Wahl.«
    Pirra hatte das ungute Gefühl, als folge das alles einem finsteren Plan. Zuerst hatte die Insel sie in die Höhlen gelockt und anschließend in dieses wüste Tal ausgespien.
    Bis auf die schwarz verkohlten Überreste einiger Tiere, denen die Flucht nicht mehr gelungen war, entdeckten sie keine Spuren anderer Lebewesen. Pirra fand ein zierliches, kleines Vogelskelett. Sie spürte, wie der winzige Geist und die Geister der armen, verbrannten Bäume und der anderen toten Geschöpfe sie darum baten, herauszufinden, was hier geschehen war. Jemand hatte mit einem schlimmen Brand das Herz der Insel verwüstet.
    Die Sonne verschwand hinter dem Kamm und das Licht wurde fahl. Das dumpfe Geräusch ihrer Schritte, die in der weichen Asche einsanken, unterstrich die bedrohliche Stille noch.
    Hylas hielt den Kopf gesenkt und hinkte leicht. An seiner Wade, wo die Fänge der Schlange ihn gestreift hatten, zeichnete sich ein bläuliches Mal ab. Schließlich blieb er stehen. »Es wird dunkel. Wir müssen ein Lager finden.«
    Pirra schluckte. »Aber doch nicht hier! Sobald der Mond aufgegangen ist, können wir …«
    »Pirra, heute geht der Mond nicht auf, es ist Neumond.«
    Beide wussten, was das bedeutete. Bei Neumond ließen die Menschen aus Furcht vor Gespenstern und bösen Geistern die ganze Nacht über eine Lampe brennen.
    »Woher sollen wir Wasser bekommen?«, fragte Pirra.
    Er zuckte die Achseln, und sie dachte sehnsüchtig an die Trinkschläuche, die sie in den Höhlen zurückgelassen hatten.
    Die ersten Sterne blinkten, als sie eine schattige Schlucht erreichten, die nach Westen führte. Auf beiden Seiten standen Zypressen und etwas weiter erspähte Pirra eine einsame Pappel, die Wache hielt.
    »Vielleicht führt dieser Weg zum Meer«, schlug sie vor. »Dann könnten wir am Strand entlang zu unserem Lager zurück.«
    »Dieses Tal ist mir unheimlich«, sagte Hylas. »Bleiben wir lieber auf dem breiten Pfad.«
    »Obwohl er in die falsche Richtung

Weitere Kostenlose Bücher