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Godspeed | Die Ankunft

Godspeed | Die Ankunft

Titel: Godspeed | Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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um schließlich in der Unendlichkeit des Weltalls zu verschwinden. Ich versuche, mich stumm von jedem zu verabschieden: den Versorgern, denen nur ein paar Monate ohne Phydus vergönnt waren, bevor sie an einer Überdosis starben, den Frauen, die mitgekommen sind, um ihren Babys ein Leben außerhalb von Metallwänden zu schenken, den Technikern, den Arbeitern aus der Stadt, den Ingenieuren,
meinen
Leuten, die jetzt alle tot sind. Aber ich werde sie nicht vergessen. Ich zwinge mich, ihre Namen laut zu sagen, um sie mir einzuprägen – Rhine und Lucien und Cessy und all die anderen. Ich werde sie nie vergessen.
    Vierhundertneunundneunzig Menschen.
    Ich drücke mein Gesicht ans Fenster, um jeden Einzelnen noch einmal anzusehen, und bitte jede vorbeitreibende Person um Entschuldigung für die Rolle, die ich bei ihrem katastrophalen Ende gespielt habe.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas Rotes aufblitzen und mein Kopf fährt herum.
    Amys Mutter.
    Sie hat dieselbe blasse Haut und dieselben roten Haare wie Amy, und obwohl ihre Augen offen sind, ist sie so weit weg, dass ich den grünen Schimmer darin nicht sehen kann.
    Beinahe hätte Amy sich in die fünfhundertste Box gesetzt. Wenn sie das getan hätte …
    Der Körper von Amys Mutter bewegt sich in der Schwerelosigkeit des Alls wie der einer Tänzerin. Ihre Arme sind ausgestreckt, die helle Haut hebt sich von der Schwärze des Universums ab, und ich stelle mir vor, wie das Sternenlicht ihre goldenen Haare zum Funkeln bringt.
    Ich bleibe stehen und beobachte die vorbeitreibenden Körper, bis auch der letzte verschwunden ist und ich nichts mehr sehen kann außer den Sternen.
    Den Tränen nahe, setze ich mich wieder vor die Kontrollen. Ich tippe auf den UNIDENTIFIZIERTER SATELLIT -Punkt auf dem Bildschirm. Durch das seitliche Fenster sehe ich, wie auf der rechten Seite des Auto-Shuttles die Raketen zünden, die es langsam wenden. Weitere Raketen sorgen für den Antrieb und ich schieße auf die
Godspeed
zu. Schon bald kann ich sie sehen.
    Die
Godspeed
sieht gerupft aus. Das Shuttle fehlt natürlich und die Brücke ist nur noch eine zerfetzte Ruine. Aber mein Herz strahlt trotzdem beim Anblick des Schiffs, von dem ich glaubte, dass es für immer meine Heimat sein würde.
    Das Auto-Shuttle fliegt immer näher und näher heran – so nah, dass ich bereits fürchte, dass es nicht stoppen und mit der
Godspeed
zusammenprallen wird. Doch im letzten Augenblick kehren die Raketen ihren Schub um und das Shuttle hält an. Ich bin immer noch ein paar Meter von der
Godspeed
entfernt, aber dennoch dicht genug, um durchs Fenster nichts anderes mehr sehen zu können.
    Auf dem Bildschirm blinkt jetzt die Information: ZIEL ERREICHT . Dann erscheint ein weiterer Schriftzug: AUSSTIEG VORBEREITEN .
    Mist. Daran habe ich nicht gedacht. Die einzige Außentür der
Godspeed
, die Luke, durch die Harley gesprungen ist, war ein Teil des Shuttles, das auf der Zentauri-Erde gelandet ist, des Shuttles, das die Aliens in die Luft gesprengt haben. Das Auto-Shuttle ist darauf programmiert, sich automatisch an der Raumstation anzudocken.
    Das Problem?
    Ich bin nicht an der Raumstation.
    Biep, biep-biep!
Meine Dra-Kom erwacht zum Leben, während ich gerade darüber nachdenke, ob ich vielleicht an der Luke im Koi-Teich andocken kann. Ich bin jetzt nah genug am Schiff, um die Kom-Signale aufzufangen, wie ich gehofft habe.
    »Kom-Verbindung: Bartie«, sage ich.
    Ich warte und muss gestehen, dass ich ein albernes Grinsen im Gesicht habe.
    »Junior?!«
, sagt eine Stimme – Barties Stimme – in meinem Ohr.
    »Hey, Bartie«, melde ich mich.
    »Was zum … Junior! Was? Wie?«
    Ich bin so glücklich, dass ich laut auflache. Bartie ist nicht mehr der Rebell, der nach meiner Abreise die Herrschaft über das Schiff übernommen hat. Er ist mein Freund, mit dem ich Schaukelstuhlwettrennen auf der Veranda der Bücherei ausgetragen habe.
    »Das Wie spielt keine Rolle«, sage ich. »Ich wollte nur fragen, ob der neue Anführer der
Godspeed
bereit ist, den alten an Bord zu lassen.«
    Nach einem kurzen Moment der Stille prustet Bartie los. »Guter Witz! Weißt du was, wenn du einen Weg findest, zu uns heraufzukommen, dann feiern wir dir zu Ehren eine Party.«
    »Dann back noch schnell den Kuchen«, erwidere ich grinsend. »Weil ich nämlich schon hier bin.«

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55 Amy
    Dad zwingt uns, zur Kolonie zurückzugehen, und sorgt dafür, dass wir dicht am Waldrand bleiben. Am liebsten hätte ich mich widersetzt und

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