Godspeed | Die Ankunft
wäre im Kommunikationszentrum geblieben. Was, wenn Junior uns braucht? Er ist weiter von mir weg als jemals zuvor – und die Funkverbindung aufrechtzuhalten, ist das Mindeste, was ich tun kann. Aber Dad lässt einen seiner Männer dort und wir müssen zurück.
Ich wünschte, wir könnten den direkten Weg nehmen, quer über die Wiese und hinauf in die Siedlung. Aber auf dieser Strecke ist man so
ungeschützt
, und obwohl der Wald dunkel und gefährlich wirkt, vermittelt er uns zumindest eine Illusion von Sicherheit. Ich halte den Kopf gesenkt. Bei jedem Schatten muss ich an Junior denken und bei jeder warmen Brise, die meine Haut trifft, wünsche ich mir, ich könnte zu ihm hochfliegen.
Es fängt leicht an zu regnen.
»Pass auf die Blumen auf«, flüstert Dad mir zu. Ich hatte die purpurroten Blüten schon fast wieder vergessen. Aus dem Augenwinkel betrachte ich das Fadenmoos. Sobald Wasser die zarten Knospen benetzt, entfalten sich die Blüten mit einem fast eleganten Dreh. Sie sind wirklich wunderschön und nahezu durchsichtig. Wunderschön … aber ich erinnere mich gut daran, wie sie meinen Geist betäubt haben und ich mich nicht mehr bewegen konnte. Eine der Blüten hängt sehr tief, ungefähr in Höhe meines Gesichts. Ich greife danach und zerquetsche sie und die purpurnen Blütenblätter bleiben an meiner Hand kleben.
Wir schleichen zu den Häusern. Dort ist alles still. Aber es herrscht auch eine unterschwellige Anspannung, als wäre diese Stille nur der Vorbote eines Sturms.
Dad spricht erst wieder in unserem Haus. Chris folgt uns ins Haus hinein. Erst will Dad protestieren, gibt dann aber doch nach und lässt sich in den Faltstuhl sinken, in dem er erst am Morgen gesessen und den steinharten Keks in seinen »Kaffee« getunkt hat, als wäre alles in Ordnung.
Und irgendwie war es das auch. Denn da hatten wir Mom noch.
Und ich hatte Junior.
Meine Augen fangen an zu brennen und ich schaue schnell weg. Ich kann mir jetzt keinen Weinkrampf erlauben.
»Wir werden uns verstecken müssen«, sagt Dad deprimiert.
Ich sehe ihn fragend an.
»Während wir darauf warten, dass die Waffe gezündet wird, müssen wir uns ein Versteck suchen. Nur für ein paar Tage, höchstens eine Woche. Bis Hilfe von der Erde eintrifft.«
»Was stimmt denn nicht mit den Häusern?«, frage ich.
Dad schüttelt den Kopf. »Die Aliens wissen, dass wir hier sind. Sie können uns jederzeit angreifen. Die einzigen Waffen, die wir besitzen, sind die, mit denen meine Leute ausgerüstet sind – und sobald die Munition aufgebraucht ist, sind wir erledigt.« Dad lässt die Worte einsinken und fügt hinzu: »Irgendwelche Vorschläge?« Ich schaue auf, aber Dad hat Chris gefragt, nicht mich.
Chris schüttelt den Kopf. Ich betrachte meine Hand, die von den zerquetschten Blüten rot verfärbt ist. »Die Blüten«, sage ich.
Die beiden sehen mich an.
»Diese purpurnen Fadenblüten«, wiederhole ich aufgeregt. »Dad, können wir sie nicht als Waffe einsetzen? Immerhin haben sie mich sofort umgehauen! Wir können sie doch benutzen, um den Aliens das Bewusstsein zu rauben, sobald sie sich der Kolonie nähern.«
»Wie soll das denn funktionieren?«, fragt Dad gereizt. »Selbst wenn wir die Knospen sammeln – sie blühen nur auf, wenn es regnet. Und auch wenn sie gerade blühen, wie willst du die Aliens dazu bringen, dass sie daran riechen?«
»Wie wär’s mit Ausräuchern?«, schlägt Chris vor.
Im ersten Moment habe ich die verrückte Vorstellung, dass wir die Blüten in Zigarettenpapier rollen und sie den Aliens zu rauchen geben.
»Ich meine, wir können den Rauch als Waffe verwenden«, erklärt Chris. »Natürlich nicht, indem
wir
die Blüten rauchen, sondern indem wir den Aliens den Rauch entgegenblasen. Mit etwas Glück bleibt die Wirksamkeit der Blüten in ihrem Rauch erhalten – vielleicht wirken sie sogar stärker.«
»Aber man kann Rauch nicht kontrollieren«, protestiert Dad. »Er kann uns ebenso gut betäuben wie die Aliens. Außerdem wissen wir nicht, ob die Kreaturen – was immer sie sind – genauso unter den Neurotoxinen der Blüten leiden würden wie wir.«
Aber er denkt über den Plan nach, das kann ich ihm ansehen. Er springt von seinem Stuhl auf und beginnt, nervös auf und ab zu gehen. Als ihm bewusst wird, dass ich ihn beobachte, bleibt er stehen, sieht mir in die Augen – dasselbe Jadegrün wie die von Mom – und sagt: »Deiner Mutter hätte dieser Plan gefallen.«
»Er könnte funktionieren«,
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