Godspeed | Die Ankunft
»Ich wollte vor der Versammlung mit dir sprechen, konnte dich aber nicht finden.«
Ich komme sofort zum Punkt. »Wie wollen Sie die Arbeit verteilen?«, frage ich.
Colonel Martin streckt eine Hand aus und Emma, die hinter ihm steht, reicht ihm einen Notizblock. »Ich habe mit eurer Ärztin gesprochen, Cat –«
»Kit«, verbessere ich ihn automatisch.
»Kit.« Colonel Martin nickt. »Sie hat eine Liste zusammengestellt und war so freundlich, sie mir zu überlassen, denn darauf sind die Fähigkeiten deiner Leute aufgeführt. Ich möchte, dass die Farmer sofort mit der Arbeit beginnen – ich glaube, dass wir im Sommer dieses Planeten gelandet sind, aber vielleicht ist es noch nicht zu spät, etwas anzubauen.«
»Das klingt gut«, sage ich und staune über Colonel Martins Weitsicht.
»Die anderen Aufgaben sind körperliche Arbeiten«, fährt Colonel Martin fort. »Wir müssen einen Pfad zwischen den Ruinen und dem Shuttle roden. Toiletten stehen ganz oben auf der Liste. Wir haben auch eine Pumpe und einige Wasserrohre, damit wir Wasser vom See herpumpen können.«
Ich nicke. »Ich kann helfen, die Arbeiten unter meinen Leuten zu verteilen«, sage ich. »Aber ich möchte auch wissen, was Ihre Leute tun werden.«
»Die wichtigste Aufgabe unserer Mission ist die Suche nach Bodenschätzen, deswegen werden einige unserer Geologen anwesend sein, wenn die Latrine gegraben wird«, sagt Colonel Martin. »Die anderen Wissenschaftler werden ihren jeweiligen Forschungen nachgehen, und die Soldaten werden sich gleichmäßig über das Gelände verteilen, damit alle geschützt sind.«
»Vor diesen Dingern, die Sie ›Pteros‹ nennen?«
»Genau.« Colonel Martin lehnt sich zurück und wartet darauf, dass ich weiterspreche. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er seine Worte genauso einsetzt wie eine Spinne ihr Netz.
»Sind Sie nicht der Meinung, dass wir eventuell auch vor den Erbauern dieser Häuser geschützt werden müssen, in denen wir jetzt leben?«, frage ich.
»Darf ich dich daran erinnern, dass es deine Idee war, dass wir uns in diesen Gebäuden niederlassen?«, bemerkt Colonel Martin von oben herab. »Und es war eine gute Idee. Im Moment können wir aber wohl davon ausgehen, dass die Lebensformen, die diese Häuser errichtet haben, keine Bedrohung für uns darstellen – falls sie überhaupt noch auf diesem Planeten sind.«
Ich warte darauf, dass er weiterspricht, aber es kommt nichts mehr.
»Sind Sie denn gar nicht neugierig, wer sie sind?«, frage ich und schaffe es nicht, die Fassungslosigkeit aus meiner Stimme zu verdrängen. »Sie haben Menschengröße, sie haben Gebäude errichtet, die unseren Bedürfnissen perfekt angepasst sind, und es gibt keine Spur von ihnen.
Interessiert
Sie das gar nicht?«
»Mich interessiert«, sagt Colonel Martin ernst, »nur die Zukunft unserer Kolonie. Aber nicht die Geschichte dieses Planeten.«
»Also wollen Sie Toiletten und Erdproben«, knurre ich. »Und ich gehe davon aus, dass Ihre Leute vermutlich nicht graben werden.«
Colonel Martin sieht mich streng an. »Wir stellen die Werkzeuge zur Verfügung, aber wir haben nicht das Personal, um –«
Mit einer Handbewegung schneide ich ihm das Wort ab. Ich hätte es wissen müssen. Orions Warnung geht mir im Kopf herum. »Also sind es meine Leute, die die ganze Arbeit machen?«
Colonel Martin ist verlegen. »Wir sind nur hundert – genaugenommen nur noch achtundneunzig –«
»Und alle achtundneunzig werden in die Toiletten pissen«, fahre ich ihn grob an.
»Wir werden helfen. Ich werde ein paar meiner Männer damit beauftragen, die Wasserleitung zu legen, und wie ich schon sagte, werden die Geologen beim Graben dabei sein, um Bodenproben zu entnehmen. Wir müssen zusammenarbeiten, Junior.« Colonel Martin klingt jetzt nicht mehr hochnäsig; seine Stimme verrät echte Besorgnis, und der ernsthafte Gesichtsausdruck ist derselbe, den Amy immer aufgesetzt hat, wenn sie mir ein Versprechen gab. Er meint wirklich, was er sagt.
Ich seufze. Ob ich auch so misstrauisch wäre, wenn ich nicht Orions Worte im Hinterkopf hätte? Wenn ich ihm nicht vor weniger als einer Stunde beim Sterben zugesehen hätte?
»Ich weiß«, sage ich. »Wir sitzen alle im selben Boot.«
Ich kann nur hoffen, dass das Boot nicht untergeht.
Amy taucht auf, als ich gerade dabei helfe, die Mittagsrationen zu verteilen – eine Einzelportion getrockneter Nahrung, die vollkommen geschmacklos ist. Trotzdem nehmen meine Leute die Päckchen
Weitere Kostenlose Bücher