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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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und atmen muss man halt. Und nimmt man meine Medikamente und die Nebenkosten und all meine anderen Rechnungen zusammen – ich habe Schulden bei der Rettungswagenfirma und drei, nein, vier Ärzten, dem Krankenhaus und bei noch ein paar Unternehmen, deren Kreditkarten ich benutzen musste, um Rezepte zu bezahlen. Nach den ganzen Ausgaben hab ich nur noch Geld für meine Lebensmittel, aber nicht für alle Lebensmittel, die ich brauche. Meinen Boost-Gesundheitstrank kann ich mir nur ab und zu leisten. Das Boost gibt mir Energie, aber ich kann’s mir kaum leisten. Und nicht zu vergessen den Sauerstoff.«
    »Scheiße, Bernice. Das tut mir leid.« Für ihn klang das weniger, als würde sie leben, sondern als klammere sie sich irgendwo fest, während die Erde sich drehte.
    »Und dann sagst du mir, Geld sei nicht alles?«
    »Tut mir leid.« Ihm fiel auf, wie oft er in Bernice’ [359] Gegenwart »Tut mir leid« sagte. »Vermutlich hast du keine Versicherung, die dir deinen Sauerstoff zahlen würde?«
    »Aber natürlich nicht. Die Versicherung würde mich vierhundert Dollar im Monat kosten. Daran ist nicht mal im Traum zu denken. Ehe ich ’ne Versicherung kriege, sterbe ich, das ist ja das Beängstigende an diesem CURS . Irgendwann denkt man nur noch daran, dass man ersticken könnte.«
    »Verdammt. Hier«, sagte Blue Gene, stand auf und griff in seine Shorts, um das Portemonnaie herauszuholen. »Ich steuer was bei.«
    »Nö. Das nehme ich nicht an.«
    »Mach schon. Wir suchen dir hier deinen Boost-Drink.«
    »Nein. Setz dich. Darum hab ich dir das nicht erzählt. Ich will dein Geld nicht. Ich erzähl dir das, damit du dich vielleicht am Riemen reißt und studierst, oder vielleicht sogar für deinen Dad arbeitest. Setz dich wieder.« Blue Gene setzte sich, steckte aber das Portemonnaie nicht wieder ein. »Hat er dir wenigstens eine Arbeit angeboten?«
    »Ja. Er und John auch, aber für solche Arbeiten bin ich nicht gemacht.«
    Bernice nickte und hustete. »Du bist ein erwachsener Mann, und ich kann dir wohl nichts mehr beibringen, aber eins kannst du mir glauben, diese Welt ist nichts für dich, wenn du kein Geld hast, und du hattest alle Chancen dieser Welt, aber du hast keine einzige genutzt. Und das wird dir noch leid tun. Wenn mal harte Zeiten kommen, wirst du dir wünschen, du hättest es anders gemacht.«
    Zu den Klängen von »Heaven Is a Place on Earth« berichtete Bernice weiter, sie sei erst während der letzten zweieinhalb Jahre so verarmt. Nachdem Henry und Elizabeth sie [360] entlassen hätten, habe sie in einer Fabrik gearbeitet, dreizehn Jahre lang Wellblechkisten hergestellt, und weil sie nur sich, ihren Pudel und ihre beiden Katzen habe ernähren müssen, sei sie irgendwie über die Runden gekommen. Doch als sie fünfundvierzig war, hatte ihr lebenslanges Rauchen dazu geführt, dass sie am chronischen unspezifischen respiratorischen Syndrom erkrankte. Sie musste ihre Arbeitszeiten verringern, was dazu führte, dass sie weniger Geld hatte, was den Stress und ihre Depressionen wegen ihrer Krankheiten verstärkte, was wiederum die Wahrscheinlichkeit verringerte, dass sie arbeiten oder einen gesunden Lebenswandel führen konnte. Als Produktionsverlagerungen dazu führten, dass man die halbe Belegschaft entließ, gehörte sie zu den Ersten. Ein Jahr lang suchte sie nach einer neuen Arbeit, doch kaum jemand wollte sie haben, was, wie sie vermutete, daran lag, dass sie eine Frau von Mitte fünfzig war. Die ihr einen Job geben wollten, waren nicht einmal bereit, ihr einen Lohn in Höhe des Existenzminimums zu zahlen. Sie versuchte ihre Ersparnisse zu strecken, indem sie in ein kleineres Haus außerhalb der Stadt zog, doch allein schon der Umzug war teuer. Schließlich ging ihr das Geld aus, und ihr Zustand verschlechterte sich, weshalb sie eine Invalidenrente bekam. Die Diagnose lautete auf kongestive Herzinsuffizienz, und ihre Medikamente erzeugten ein komplexes Geflecht von Nebenwirkungen, das zu anderen Krankheiten und Krankenhausaufenthalten führte. Weil ihre Invalidenrente ein Einkommen von über siebenhundert Dollar im Monat lieferte, hatte sie keinen Anspruch auf den Medicaid-Gesundheitsdienst. Außerdem musste sie noch weitere achtzehn Monate warten, bis sie die Leistungen von Medicare [361] erhalten konnte, der Krankenversicherung für ältere Bürger. Und obwohl sie inzwischen so verarmt war, weigerte sie sich, ihre Unabhängigkeit aufzugeben und in ein Pflegeheim zu ziehen, das für eine

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