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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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auf der anderen.
    »Ich bleib nicht lange hier, Schatz, weil ich kaum Geld habe. Ich hab fast alles für das Benzin ausgegeben, um herzukommen. Irgendwer verdient sich an dem Benzin ’ne goldene Nase, aber wir sind’s nicht.«
    »Das kannst du laut sagen.«
    Gegenüber der Schmuckabteilung ließ Blue Gene Bernice nach rechts abbiegen, denn sie musste in die Supermarkthälfte des Ladens. Blue Gene bot an, den Wagen zu schieben, auch weil der ein wackliges Rad hatte, doch Bernice sagte, sie wolle ihn selbst schieben, weil er eine Art Gehhilfe sei. Aus den Lautsprechern kam jetzt »Bring Me a Higher Love« statt »Careless Whisper«.
    »Könntest du mir einen Star geben, Schatz?« Die Zeitschrift Star lag vor den vielen Kassen zu ihrer Rechten. Blue Gene holte die Zeitschrift, deren Titelgeschichte sich mit [350] neuesten Sexeskapaden von Brad Pitt und Angelina Jolie befasste.
    »Da hab ich erst kürzlich dran gedacht«, sagte Blue Gene. »Das war abgefahren, wie du mir immer aus diesen Frauenzeitschriften vorgelesen hast.«
    »Oh, das habe ich wohl gemacht, weil ich das genauso mit meinem kleinen Mädel gehalten habe. Ich hab mir nichts dabei gedacht.«
    Blue Gene hatte fast vergessen, dass Bernice überhaupt mal ein kleines Mädchen gehabt hatte. Sie hatte ihre Tochter nie mehr als beiläufig erwähnt und gesagt, von ihr zu sprechen mache sie zu traurig, da sie mit vierzehn Jahren gestorben sei.
    Zu ihrer Linken, vor der Abteilung Herrenbekleidung, hatte man auf zwei Kartentischen eine kleine Gedächtnisausstellung für gefallene Soldaten aus der Gegend aufgebaut. Die selbstgemachten Papptafeln waren mit Fotos und Zeitungsartikeln beklebt. Davor stand ein Schild mit der Aufschrift: WAL-MART UNTERSTÜTZT UNSERE TRUPPEN .
    »John hat für ihn am vierten Juli eine Ehrung veranstaltet«, sagte Blue Gene und wies auf die Tafel für Tim Balsam.
    »Schön für ihn.«
    »War dein Mann nicht in Vietnam?«
    »Doch.«
    »Nur damit du’s weißt: Hätte ich nicht dieses kaputte Bein, würde ich auch mein Land verteidigen. Sie wollten mich nicht.«
    » Gut. Ich bin froh, dass deine Beine überfahren wurden, wenn du deswegen nicht in irgendeinem blöden Krieg kämpfen musst.«
    [351] »Ich bin nicht froh. Nach dem Angriff auf uns war ich bereit, Soldat zu werden. Ich konnte es kaum erwarten.«
    »Das beeindruckt mich kein bisschen. Vermutlich wollten dich deine Eltern ziehen lassen?«
    »Nein. Ich habe ihnen nicht gesagt, was ich vorhatte.«
    »Wäre ich informiert gewesen und hätte von deiner Absicht Wind bekommen, hätte ich dich ordentlich ins Gebet genommen. Du sollst nicht da rübergehen und dich umbringen lassen.«
    »Wenigstens wäre ich bei dem Versuch gestorben, ein Mann zu sein.«
    »Pah!«
    »Weshalb bist du so dagegen, wo doch dein eigener Mann im Krieg war?«
    »Der Krieg hat Bart zugrunde gerichtet. Er war ihm von Anfang an zuwider. Vor seinem ersten Einsatz wurden die Stiefel ausgegeben, die sie in Vietnam tragen sollten, und als Bart vorne in der Warteschlange ankam, wollten sie seine Schuhgröße wissen, und als er zehneinhalb antwortete, lachte ihm der Mann einfach ins Gesicht und sagte: ›Das ist kein Schuhgeschäft. Wir haben keine halben Größen.‹ Und weil sie nicht genug Elfer hatten, gab er ihm eine Größe zehn. Barts Füße waren am Ende völlig kaputt, voller Blasen und blutig. Und das waren nur seine Füße. Als er zurückkam, wurde er nie wieder der Alte. Er war immer so witzig und albern gewesen. Sie haben ihm sein Lächeln gestohlen. Ich glaube, deshalb hat er sich umgebracht. Nun… man sagt, es war ein Unfall, aber ich glaube, dass er sich umbringen wollte. Und ich bin immer noch nicht darüber weg. Wenn Bart noch leben würde, wäre ich nicht so bettelarm. [352] Er könnte Kohle verdienen, und ich müsste nicht in einer alten Bruchbude ohne Klimaanlage am Arsch der Welt wohnen.«
    »Du hast keine Klimaanlage ?«
    » Nein, hab ich nicht«, sagte sie hustend. »Ist kaputtgegangen. Ich kann mir keine Reparatur leisten.«
    »Keine Klimaanlage bei dieser Hitze ?«
    »Die Hitze hat sie zerstört. Sie war völlig überlastet.«
    »Wieso lebst du eigentlich noch, mit deiner Lungenkrankheit bei dieser Hitze?«
    »Keine Ahnung. Ich lasse ständig die Ventilatoren laufen.«
    »Das ist doch kein Leben.«
    »Wem sagst du das,�Schatz.«
    Während die Mitarbeiter in ihren dunkelblauen Westen mit dem KÖNNEN-WIR-IHNEN-HELFEN ?-Slogan hinten drauf hin und her liefen und während über die Lautsprecher,

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