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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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Lebens. Er wusste, dass seine Familie 1985 ihr jetziges Domizil bezogen haben musste, weil er im selben Jahr angefangen hatte, He-Men zu sammeln. Im selben Jahr war es seinem Vater nämlich gelungen, sein Tabakunternehmen mit dem seines größten Konkurrenten zu fusionieren. Daraufhin hatten sich die Mapothers vor der Stadt ein Herrenhaus bauen lassen, wo Blue Gene ein eigenes Zimmer nur für seine Spielsachen bekam.
    Seine Mutter hatte recht. Er verdiente hier nicht sein Geld; das Spielzeug war nicht mit seinem Geld gekauft worden. Sie hatte es tatsächlich geschafft, ihm den Tag zu verderben. Und dass er geglaubt hatte… Ein Weilchen hatte sein altes Herz eine Melodie gespielt, zu der er einen Klammerblues aufs Parkett hätte legen können.
    Kurz darauf ging der Besitzer des Flohmarkts mit einem weißhaarigen Herrn an Blue Genes Stand vorbei, und wie immer erzählte er einen Witz: »Wussten Sie, dass es Zeit wird, die Bettwäsche zu wechseln, wenn man anfängt, in seinem Bett Staub zu saugen?«
    Blue Gene fiel auf, dass der Besitzer erst einmal mit ihm gesprochen hatte, und auch da nur, weil er Blue Genes monatlichen Mietscheck verlegt hatte. Wenn er es recht bedachte, knöpfte der Besitzer den Händlern ohnehin zu hohe [52] Mieten ab und war somit der Einzige, der hier einen Gewinn erzielte.
    Blue Gene hatte plötzlich eine Mordswut auf alles und jeden – auf den Flohmarktbesitzer, den zerrissenen Dollarschein auf dem Boden, auf den Wal-Mart-Angestellten, der Elizabeth sein »Versteck« verraten hatte, und auf Kenny Chesneys seichte Countrypop-Akkorde, die gerade durch die Flohmarkthalle waberten. Bizarre Bildfolgen spulten sich in seinem Kopf ab: wie er sich mit einer Pistole den Gaumen kitzelte, wie er sich mit einer Zange Zehennägel herausriss, in einer Drehtür die muskulöse Wade des Blumenmannes einklemmte.
    Blue Gene kroch unter seinem Vordertisch hervor und humpelte in Richtung Hinterausgang, mit dem festen Vorsatz, jeden zur Strecke zu bringen und auszupeitschen, der ihn während seiner Zigarettenpause beklaute. Auf dem Weg nach draußen musste er an den Männern vorbei, die über ihn geredet hatten. In der Tür warf er ihnen noch einen letzten bösen Blick zu.
    »Ich hab’s dir gesagt, ich hab’s dir gesagt! Wetten, es ist das elft- oder zwölftgrößte Familienvermögen in den ganzen Vereinigten Staaten? Jetzt steht’s in der Zeitung. Wird Zeit, die Schulden zu bezahlen!«
    »Ich hätte dir nicht geglaubt, bis sie hier aufgetaucht ist.«
    »Aber was ist bloß aus ihm geworden?«
    »Keine Ahnung, aber ich schätze, es liegt an seinem Dad. Sein Dad ist ein echter Scheißkerl. Sein Bruder übrigens auch.«
    »Der will doch für irgendwas gewählt werden, stimmt’s?«
    [53] »Ja.«
    »Tja, dann schulde ich dir wohl zwanzig.«
    »Ach, die musst du nicht bezahlen.«
    »Gut, mehr als fünf hab ich eh nicht.«

[54] 2
    Es gab New York und L.A. Dann gab es Chicago, Houston, Philadelphia und so weiter. Dann kamen Nashville, Omaha und St. Paul; dann Greensboro, Dayton und Flint; und ein, zwei Tage weiter unten auf der Liste kam Bashford. Zur Zeit von Blue Gene Mapother und Jackie Stepchild hatte sich Bashford als Städtchen mit etwa fünfzigtausend Einwohnern oder drei McDonald’s etabliert. Es war groß genug für ein Einkaufszentrum, aber zu klein für eine unterklassige Baseballmannschaft. Es wohnten genug Menschen hier, um für sie ein Community College zu errichten, aber nicht genug für einen öffentlichen Flughafen. Es war nicht so groß, dass die Stadtstreicher in der Innenstadt offen bettelten; es gab zwar Obdachlose in Bashford, aber sie fielen weniger auf als in größeren Städten. Wer in Bashford auf der Straße bettelte, musste damit rechnen, jemandem aus der Highschool wiederzubegegnen.
    Bashford befriedigte alle Bedürfnisse des modernen Lebens: Geldautomaten waren immer höchstens einen Rülpser entfernt, das Schreibwarengeschäft verkaufte die ausgefallensten Druckertinten, und im vergangenen Jahr hatte ein Starbucks aufgemacht. Doch Bashford war kein Reiseziel. Es gab weder eine Universität noch ein Museum oder einen Meeresstrand. Deine Lieblingsbands traten hier nie auf, und [55] es war noch nie ein Präsident zu Besuch gekommen, sah man von Harry Truman ab, der der Stadt aus dem letzten Wagen eines Zuges zugewinkt hatte. Wegen Bashfords kultureller Defizite und des vorherrschenden Gefühls von Stagnation träumten viele junge Leute davon, ihre Stadt zu verlassen. Die Skyline Bashfords

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