Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
Vom Netzwerk:
hier ewig nich mehr gesehen. Wir dachten, du wärst tot.«
    Blue Gene stellte sich seine verwesende Leiche auf dem Sofa in seinem miefigen Trailer vor dem Fernseher vor, in dem gerade American Chopper lief. »Tja, also… Kinder, wie die Zeit vergeht, wenn man in der Scheiße steht.«
    Alle lachten. Mit ungezwungen-ländlicher Höflichkeit forderte er seine alten Wrestlingkumpels auf, ihn über ihr Leben auf den neuesten Stand zu bringen. Einer erzählte, wie er mit einem Garnelendinner und einer Stange Zigaretten seine Ex zurückgewonnen hatte. Eine Frau war in Ralph’s Apotheke verhaftet worden, weil sie ein Rezept für Vicodin gefälscht hatte, und zwar hatte sie durch Hinzufügung einer Null die Menge von 30 auf 300 Tabletten erhöht. Während Blue Gene zuhörte, freute er sich darüber, dass in dem alten, in den 1940er Jahren erbauten Zeughaus alles noch wie früher war. An beiden Enden hingen Basketballkörbe. Es gab keine Tribünen, nur metallene, um die vier Seiten eines wackligen Wrestling-Rings herum aufgestellte Klappstühle. Manche Wrestler stellten in den Ecken der Sporthalle [209] Verkaufstische auf, doch ihr karges Angebot beschränkte sich hauptsächlich auf Privatfotos von ihnen. Blue Gene entdeckte eine Neuerung: Ein Schlagzeug und ein paar Gitarrenverstärker standen herrenlos im Hintergrund herum.
    Das Gespräch geriet ins Stocken, als sich ein riesiger junger Kerl mit fest zusammengepressten Kiefern zu der Gruppe gesellte. Blue Gene stellte ihn als Josh Balsam vor, den Sohn des verstorbenen Gefreiten Tim Balsam, und genau so sollte er es laut John formulieren. Oberflächlich betrachtet sah Balsam durchaus zivil aus in seinem Hollister-Hemd, den Khakishorts und den Basketballschuhen von Nike, doch ein auf seine Wadenmuskeln tätowiertes dickes, schwarzes Kreuz deutete an, dass er ein richtiges Rauhbein war.
    »Spielt hier inzwischen ’ne Band?«, fragte Blue Gene, um das Gespräch wieder in Gang zu bringen.
    »Ja«, sagte Jess, der bärtige Biker mit dem Kopftuch, der schon die Monstertruck-Show besucht hatte. »Das fing vor etwa einem Monat an. Sie spielen, bevor die Show anfängt, und zwischen den einzelnen Kämpfen, vermutlich, weil die Leute in den langen Pausen unruhig geworden sind.«
    »Rocken die richtig ab?«
    »Scheiße, nein«, sagte eine kraushaarige Frau in Jogginghose und einem T -Shirt, auf dem ein bizarrer Wrestler namens Mankind zu sehen war. »Sie spielen bloß so echt schnelles, lärmiges Zeug. Man versteht kein Wort, das sie singen. Und ihre Sängerin keift immer wegen irgendwas rum.«
    »Eine Frau? Wer ist sie?«
    »Ich hab keine Ahnung, wer sie ist«, sagte der [210] Spitzmäuserich, »aber sie und ich, wir haben uns mal in die Haare gekriegt, weil sie gegen Waffen geredet hat.«
    »Hmm«, machte Blue Gene und rieb seinen Schnauzbart, während er die verlassenen Instrumente betrachtete.
    Dann redeten sie über Wrestling. Alle stimmten überein, dass ihnen »Stone Cold« Steve Austin fehlte, dass The Rock ein Blödmann war, weil er Wrestling an den Nagel gehängt hatte, um Filmstar zu werden, und dass wenigstens auf den Undertaker immer Verlass war. Doch über den letzten World Wrestling Entertainment Champion, John Cena, waren sie geteilter Meinung. Blue Gene lehnte ihn als Weichei ab und erzielte einen Lacher mit der Bemerkung, Cena bekäme bestimmt jedes Mal einen Ständer, wenn er einen anderen Wrestler auch nur berührte.
    »Egal, Leute, wo ich schon mal hier bin, kann ich auch was für meinen Bruder tun. Wir wären euch sehr verbunden, wenn ihr am zweiten November rausgeht und ihn wählt.«
    »Wer ist dein Bruder?«, fragte die kraushaarige Frau.
    Blue Gene öffnete eine Wal-Mart-Plastiktüte, die er in der Hand gehalten hatte, und nahm ein paar Flugblätter heraus. »Er«, sagte er und wies auf Johns Filmstargesicht.
    »Echt?«
    »Ja. Wenn ihr ihn alle wählen würdet, wäre das phantastisch.« Beim Reden verteilte er die Flugblätter. »Ich weiß, so was sieht mir gar nicht ähnlich, um ’ne Stimme zu bitten und so, aber wenn ich nicht an meinen Bruder glauben würde, würd ich’s nich tun.«
    »Hat er nicht drüben bei Westway das Sagen?«, fragte der mausgesichtige Mann.
    [211] »Eigentlich ist er die Nummer zwei, hinter meinem Dad. Aber darum geht’s bei ihm nicht, politisch gesehen.«
    »Worum geht’s dann bei ihm?«
    »Um Werte. Die traditionellen. Und er ist total für Freiheit. Also, ich beispielsweise finde das Recht, Waffen zu tragen, wichtig, und ihm

Weitere Kostenlose Bücher