Goebel, Joey
Fleisch und Blut schlechtgemacht hatte.
Als die Mapothers drinnen Champagner tranken, wurden sie von einigen Gästen beobachtet.
»Er lächelt nicht mal, wenn er fotografiert wird.«
»Oh, mit dem stimmt etwas nicht.«
»Das ist noch geschmeichelt. Er ist gestört. Er ist buchstäblich millionenschwer, lebt aber wie ein Sozialfall. Von seinem Großvater hat er ein Erbteil bekommen, genau wie John. Er hat keinen Cent davon ausgegeben.«
»Ist nicht dein Ernst!«
»Man sollte meinen, sie würden ihn wenigstens in eine ordentliche Freizeithose stecken oder so was.«
»Das haben sie bestimmt versucht. Bei dem erreichen sie gar nichts.«
[201] Zweiter Teil
[203] 5
Jackie Stepchild und Blue Gene Mapother lernten sich im Zeughaus der Nationalgarde in Bashford kennen, ausgerechnet da. Es war Anfang August, ein Mittwochabend, der hier seit Generationen der traditionelle Tag für Profi-Wrestling war.
Die jüngsten Umfragen des Mapother’schen Wahlkampfteams hatten ergeben, dass nach dem Erfolg der Veranstaltung vom vierten Juli John acht Punkte Vorsprung vor Grant Frick hatte. Er hätte sich keine spektakulärere Ankunft auf der politischen Bühne wünschen können. Gewiss, es gab Leute, die das Wort Mapother immer noch automatisch mit einem einen Golfschläger schwingenden Unternehmer in Verbindung brachten. Doch in den Augen zahlreicher Wähler – von den örtlichen Medien ganz zu schweigen – wirkte John dank der pompösen Ehrung für Tim Balsam wie eine unaufhaltsame Macht im Dienste der Öffentlichkeit. Er strotzte nur so vor Energie und Güte. Unterdessen tauchte der Name Frick offenbar nur noch im Zusammenhang mit seiner außerehelichen Affäre mit einer Kellnerin aus einem Restaurant der Hooters-Kette auf, eine Geschichte, die über ein Jahr zuvor bekannt geworden war.
Frick hatte das Glück, seinen Lebensunterhalt als Manager eines Hedgefonds zu verdienen, so dass er finanziell [204] mithalten konnte. Sobald er Ende Juli die von seinen eigenen Mitarbeitern ermittelten Umfragewerte erfuhr, schaltete er in seinem Wahlkampf einen Gang höher. Für jede Wählerschaft ließ er eigene Wahlkampfbroschüren drucken und bis in die entlegensten Briefkästen des Countys verteilen, beispielsweise für regionale Farmer, denen er sich als ihr Kandidat anpries. Außerdem stellte er neue Mitarbeiter ein und ließ sie um halb sechs Uhr morgens vor den Fabriken antreten, wo sie Flugblätter verteilten, wenn die Arbeiter der Nachtschicht den Betrieb verließen. Als Krönung des Ganzen tauchten seit dem 1. August seine Fernsehspots regelmäßig zur besten Sendezeit in den wichtigsten Programmen auf.
Im Mapother’schen Lager wiederum kauften der Wahlkampfleiter mit der Fliege und seine Strategen für den Herbst Sendezeit in den Medien und grübelten über neue Strategien, wie ihr Kandidat mit den vor allem aus der Arbeiterschaft stammenden Wählern in Kontakt treten konnte. Sie dachten daran, einen Pick-up zu kaufen, damit John durch alle Ortschaften fahren und von der Ladefläche aus den Leuten zuwinken konnte, befanden aber, diese Anschaffung sei unnötig, denn wenn es so weit wäre, könnte der neueste Wahlkampfteammitarbeiter seinen älteren Bruder in seinem urigen Chevy S-10 herumkutschieren.
Nach seiner Rede am Nationalfeiertag hatte John Blue Gene erneut eingeladen, sich seinem Team anzuschließen. Dieses Mal hatte Blue Gene angenommen. Alles in seinem Leben legte nahe, dass er nicht mehr so dickköpfig sein und seiner Familie erlauben sollte, ihn zu beschäftigen. Zum einen und wichtigsten waren seine Ersparnisse (die er in einer [205] Pringles-Kartoffelchipsdose aufbewahrte) auf dreißig Dollar geschrumpft. Auf dem Flohmarkt kaufte niemand seine Spielsachen, und je länger er dortblieb, desto alberner fühlte er sich, weil er überhaupt versucht hatte, einen so kindischen Traum zu leben. Und selbst wenn er sich für seine alte Stellung bei Wal-Mart hätte bewerben können, fand er nach Johns Wahlkundgebung, dass es viel sinnvoller – und viel wichtiger – war, für seinen Bruder zu arbeiten, als Lkws zu entladen. Außerdem wartete sein alter Job wohl auch nach der Wahl noch auf ihn. Von jetzt an bis November könnte er Gott und dem Land dienen, indem er sich für die Belange seiner Familie einsetzte.
Und so war Blue Gene einverstanden, im Wahlkampfteam mitzuarbeiten, allerdings nur unter drei Bedingungen: Erstens wollte er genauso behandelt werden wie alle anderen Mitarbeiter in Johns Team. Zweitens wollte er
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