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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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dass er der Einzige war, von den sechs jugendlichen Punks abgesehen, die wegen der Band und nicht wegen des Wrestlings gekommen waren.
    »Verzeihung, dass wir nicht mehr wie Kenny Chesney [217] klingen«, sagte die Sängerin mit vor Sarkasmus triefender Stimme in Richtung der Wrestlingfans.
    »Verzeihung, dass ihr wie Scheiße klingt«, sagte Balsam zu Blue Gene, der über beide Bemerkungen lachte.
    Wie beim Heartland Championship Wrestling üblich, wurde vor dem ersten Kampf die Nationalhymne vom Band gespielt. Alle erhoben sich, viele hielten sich ihre Baseballmütze vors Herz, während sie das im Gebälk hängende Sternenbanner betrachteten – alle außer Jackie Stepchild, die während der gesamten Dauer des Songs auf ihrem Gitarrenverstärker saß.
    Sobald das Lied zu Ende war, fragte Balsam Blue Gene: »Hast du gesehen, wie das kleine Miststück da drüben während der Nationalhymne sitzen geblieben ist?«
    »Nein«, sagte Blue Gene, obwohl er sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte.
    »Tja, ist sie aber. Hat die ganze verdammte Zeit gesessen.«
    Blue Gene schüttelte den Kopf. »Miststück. Na ja, schätze, das ist ihr Recht, aber sie sollte etwas Respekt zeigen.«
    »Stimmt, das ist ihr Recht, und es ist mein Recht, ihr die beschissene Fresse zu polieren.«
    Aus den Lautsprechern drang eine Wrestler-Auftrittsmelodie. Es war »Iron Man« von Black Sabbath, dessen erste Riffs etliche Leute im Publikum ganz aus dem Häuschen brachten. Blue Gene und Balsam hatten vorher beschlossen, sich während der Kämpfe hinzusetzen. Blue Gene wollte während der Action niemanden stören; außerdem wollte er selbst zusehen.
    [218] Ein verhärmter, einem Fischer ähnelnder Typ in der vorderen Reihe sagte die Wrestler an, doch die Musik übertönte das meiste von dem, was er sagte. Als Ersten kündigte er Turbulence an, den Blue Gene noch von früher kannte, als er Cheyenne in das Zeughaus mitgeschleppt hatte. Turbulence, ein durchschnittlich großer Mittfünfziger, stolzierte durch den Gang und knurrte das Publikum an. Eine zahnlose Siebzigjährige, die seit Jahren zu den Kämpfen kam und immer am Gang saß, kreischte: »Leck mich am Arsch!« Alle hatten ihren Spaß an ihr. Anscheinend ließ sie all ihre irdischen, im Lauf der Woche angestauten Frustrationen an den bösen Buben unter den Wrestlern aus, von ihnen nur durch ein dünnes Seil getrennt. Manchmal drohten sie ihr, über das Absperrseil zu springen, um sie zum Schweigen zu bringen, taten es aber nie.
    Der verhärmte Ansager/Tontechniker ließ »Iron Man« ausklingen und ersetzte den Song durch »Save a Horse, Ride a Cowboy« von dem Country-Duo Big and Rich, was die Menge erst richtig in Fahrt brachte. Ein junger Wrestler namens Charley Horse trat auf, mit Fransen an den Stiefeln und einem an seinem Hinterteil befestigten schwarzen Pferdeschwanz. Er wieherte, als er den Gang hinuntertrabte, was den Kindern im Publikum zu gefallen schien. Sobald er unter dem untersten Seil hindurch in den Ring gerutscht war, packte ihn Turbulence am Schweif und bearbeitete ihn mit den Fäusten, wobei er bei jedem Schlag mit dem Fuß auf die Matte stampfte.
    Auf Profi-Wrestling war Blue Gene seit seiner Kindheit versessen, und daran hatte sich nie etwas geändert. Er und Mitchell Gibson hatten irgendwann begonnen, sich gemeinsam sonntags morgens Wrestling in der Glotze anzusehen, [219] damals in den glorreichen Tagen von Hulk Hogan und »Macho Man« Randy Savage. Ihn faszinierte die Vorstellung, dass zwei Männer vorgaben, einander töten zu wollen, aber später im Umkleideraum darüber lachten, sich gegenseitig zu ihren guten Leistungen gratulierten und anschließend zusammen ein Bier trinken gingen.
    An diesem Abend im Zeughaus merkte Blue Gene bald, dass er nicht die nötige Konzentration aufbrachte, um Turbulence zu beobachten, wie er seinen trotteligen Gegner mittels Hip Toss und Clothesline besiegte. Er musste ständig die singende junge Frau ansehen, die immer noch auf ihrem Verstärker hockte und gelegentlich mit dem Schlagzeuger und dem Rockabilly-Bassisten mit den mordsmäßigen Koteletten lachte. Bestimmt schlief sie mit allen beiden.
    Immer wieder musste er daran denken, wie sie alles kaputtgemacht hatte, als sie beim Abspielen der Nationalhymne nicht aufgestanden war. So etwas hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Höchstens eine Lähmung wäre eine akzeptable Entschuldigung für so was.
    Er kannte diese Sorte: Zu cool, um ihrem Land den

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