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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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selbstverständlich scheint, daß wir nicht einfach Punkte auf einem Fernsehbildschirm sehen, sondern Ballungen, so lächerlich ist die Behauptung, daß Wahrnehmung stattgefunden habe, wenn eine riesige punktähnliche „Signatur“ auf dem Sehkortex gebildet worden ist. Ein Trichtervorgang muß stattgefunden haben, dessen Endergebnis es ist, gewisse Module von Neuronen auszulösen, von denen jeder den Vorstellungen — den Ballungen — in der Szene zugeordnet ist.
Module, die Denkvorgänge vermitteln
    Wir kommen also zu dem Schluß, daß zu jedem Begriff ein ziemlich wohldefiniertes Modul existiert, das ausgelöst werden kann — ein Modul, das aus einer kleinen Anzahl von Neuronen besteht — ein „neuraler Komplex“ von der früher dargelegten Art. Ein Problem bei dieser Theorie — zumindest wenn man sie naiv versteht — ist, daß sie den Gedanken nahelegt, man könne solche Module irgendwo im Gehirn lokalisieren. Das ist noch nicht gelungen, und gewisse Befunde wie etwa Lashleys Experimente sprechen gegen Lokalisierungen. Doch ist es noch zu früh, etwas darüber zu sagen. Vielleicht sind viele Kopien jedes Moduls im Hirn verstreut, oder Module überlappen sich physisch; beide Effekte würden dahin tendieren, eine Aufteilung von Neuronen in „Pakete“ zu verwischen. Vielleicht sind die Komplexe wie ganz dünne Crêpes aufeinander geschichtet, die sich gelegentlich durchdringen; vielleicht sind sie wie lange Nattern, die sich gegenseitig umeinander herum winden, und hie und da abgeplattet sind wie der Kopf einer Kobra; vielleicht sind sie wie Spinnweben; oder vielleicht gibt es Kreisbahnen, in den die Signale sich in seltsameren Formen als dem Flug einer nach Schnaken hungrigen Schwalbe bewegen. Man weiß es nicht. Es ist sogar möglich, daß die Module Software- und nicht Hardware-Phänomene sind, aber das werden wir später besprechen.
    Im Zusammenhang mit den hypothetischen neuralen Komplexen tauchen viele Fragen auf; zum Beispiel:
    Erstrecken sie sich in die tieferen Bereiche des Gehirns, wie etwa das Mittelhirn, den Hypothalamus, usw.?
    Kann ein einzelnes Neuron mehr als einem solchen Komplex angehören?
    Zu wievielen solcher Komplexe kann ein einzelnes Neuron gehören?
    Und wieviel Neuronen können solche Komplexe einander überlappen?
    Sind diese Komplexe bei jedermann etwa gleich?
    Finden sich entsprechende Komplexe an entsprechenden Stellen im Gehirn verschiedener Menschen?
    Überlagern sie sich in jedermanns Gehirn in gleicher Weise?
    Vom philosophischen Gesichtspunkt aus ist die wichtigste Frage: Was würde die Existenz von Modulen — zum Beispiel eines Großmutter-Moduls — uns sagen? Gäbe uns das irgendwelche Einsichten in das Phänomen unseres eigenen Bewußtseins? Oder würde es uns ebenso über das Wesen des Bewußtseins im dunkeln lassen wie das Wissen, daß das Gehirn aus Neuronen und Glia zusammengesetzt ist? Wie man wohl aus der Lektüre der ... emsigen Fuge erraten hat, wäre die Existenz von Modulen meiner Ansicht nach ein großer Schritt zum Verständnis des Phänomens des Bewußtseins. Der zu vollziehende entscheidende Schritt ist der von einer Beschreibung niedriger Stufe — Neuron um Neuron — zu einer Beschreibung hoher Stufe — Modul um Modul — des gleichen Zustands, des gleichen Gehirns. Oder, um zu unserer anschaulichen Terminologie der ... emsigen Fuge zurückzukehren: wir wollen die Beschreibung eines Zustands des Gehirns von der Signal- auf die Symbolstufe verschieben.
Aktive Symbole
    Wir wollen von jetzt an diese hypothetischen neuralen Komplexe, neuralen Module, Neuronenpakete, Neuronennetze, Multineuronen-Gebilde — man nenne sie wie man will, ob in der Form von dünnen Crêpes oder fetten Nattern, Spinnengewebs oder viehischen Gattern, Schneeflocken auch (falls wir die noch nicht hatten) — als Symbole bezeichnen. Auf eine Beschreibung eines Gehirnzustands vermittels der Symbole wurde im Dialog angespielt. Wie sähe eine solche Beschreibung aus? Was für Vorstellungen lassen sich vernünftigerweise „symbolisieren“? Was für Beziehungen hätten Symbole zueinander? Und welche Einsicht in das menschliche Bewußtsein würde dieses ganze Bild bieten?
    Zu betonen ist zunächst einmal, daß Symbole entweder schlummernd oder wach (aktiviert) sein können. Ein aktives Symbol ist eines, das ausgelöst worden ist, d. h. indem eine Schwellenzahl von Neuronen durch von außen kommende Reize erregt worden ist. Da ein Symbol auf viele verschiedene Arten ausgelöst werden

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