Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
Vom Netzwerk:
für immer fixierte Aspekte einer Situation bestimmen, die man die Hintergrundannahmen nennen könnte, Dinge, von denen einem halb bewußt ist, daß sie variieren können, die man aber fast immer fraglos als unveränderliche Aspekte akzeptiert. Noch immer könnte man sie als „Konstanten“ bezeichnen. Für die Besucher eines Fußballspiels sind z. B. die Spielregeln Konstanten dieser Art. Dann gibt es noch die „Parameter"; man stellt sie sich als Variable vor, aber man hält sie im Augenblick fest. Bei einem Fußballspiel könnten das Wetter, die gegnerische Mannschaft usw. Parameter bilden. Es könnte verschiedene Schichten von Parametern geben — und es gibt sie vermutlich auch. Schließlich kommen wir zu den „wackligsten“ Aspekten der Repräsentierung der Situation: zu den Variablen. Dabei handelt es sich um Tatbestände wie den, daß Palindromi im Aus gewesen ist, die mental „locker“ sind, und die man ohne Bedenken für einen kurzen Moment von den wirklichen Werten weg verrutschen läßt.
Rahmen und verschachtelte Kontexte
    In der AI-Forschung ist gegenwärtig das Wort Rahmen in Mode, und man könnte es definieren als berechneten Einzelfall eines Kontexts. Die Bezeichnung stammt von Marvin Minsky, wie auch viele andere Gedanken über Rahmen, wenn auch die allgemeine Vorstellung schon seit vielen Jahren herumgeistert. In Rahmensprache ließe sich sagen, daß die geistige Repräsentierung von Situationen verschachtelte Rahmen benötige. Jeder der verschiedenen Bestandteile einer Situation hat seinen eigenen Rahmen. Es ist interessant, eine meiner Vorstellungen hinsichtlich verschachtelter Rahmen explizit in Worte zu fassen. Man denke sich eine große Anzahl von Kommoden. Wenn man eine davon auswählt, hat man einen Rahmen, und die Löcher für die Schubladen sind die Stellen, an denen „Unter-Rahmen“ angebracht werden können. Nun sind aber Unter-Rahmen selbst wieder Kommoden. Wie kann man eine ganze Kommode im Schlitz für eine einzige Schublade in einer anderen Kommode unterbringen? Höchst einfach: Man schrumpft und verzerrt die zweite Kommode, und das ist möglich, weil all das schließlich ja im Geist und nicht in der stofflichen Welt vor sich geht. Nun kann es im äußeren Rahmen verschiedene Schlitze geben, die ausgefüllt werden müssen. Sodann muß man vielleicht Schlitze in der inneren Kommode (oder dem Unter-Rahmen) stopfen. Das kann rekursiv weitergehen.
    Dieses lebhafte surrealistische Bild von Zusammenquetschen und Krümmen von Kommoden, so daß sie einen Schlitz von willkürlicher Form ausfüllen, ist wahrscheinlich sehr wichtig, weil es andeutet, daß unsere Begriffe durch den Kontext, in den man sie hineinzwingt, gequetscht und gekrümmt werden.
    Was wird etwa aus der Vorstellung „Person“, wenn die Leute, an die man denkt, Fußballspieler sind? Das ist gewiß eine verzerrte Vorstellung, eine, die uns durch den Zusammenhang aufgezwungen wurde. Wir haben den „Person“-Rahmen in einen Schlitz im „Fußball-Rahmen“ gesteckt. Die Theorie der Repräsentierung von Wissen in Rahmen beruht auf der Idee, daß die Welt aus quasi-geschlossenen Teilsystemen besteht, von denen jedes für andere als Kontext dienen kann, ohne bei diesem Vorgang zuviel zu zerstören oder Zerstörungen herbeizuführen.
    Eine der wichtigsten Ideen, was die Rahmen betrifft, ist die, daß jeder Rahmen seinen eigenen Satz von Erwartungen mit sich bringt. Das entsprechende Bild ist, daß jede Kommode mit einer eingebauten, aber locker befestigten Schublade in jedem der Schlitze versehen ist; man nennt das default. Wenn ich Ihnen sage: „Stellen Sie sich ein Flußufer vor“, dann werden sie optische Bilder heraufrufen, die verschiedene Eigenschaften besitzen, von denen man die meisten unterdrücken könnte, wenn man zusätzliche Bemerkungen wie „in einer Dürreperiode“, „in Brasilien“ oder „ohne ein Karussell“ hinzufügt. Die Tatsache, daß Default-Werte für Schlitze existieren, bewirkt, daß der rekursive Vorgang des Löcherfüllens ein Ende findet. Es läuft darauf hinaus, daß man sagt: „Ich will die Schlitze bis auf drei Schichten selbst füllen; für das, was darüber hinausgeht, nehme ich die Default-Option.“ Zusammen mit den Default-Erwartungen enthält ein Rahmen Wissen über die Grenzen seiner Anwendungsfähigkeit und eine Art Heuristik für den Übergang zu anderen Rahmen für den Fall, daß er über die Toleranzgrenzen hinaus gedehnt wurde.
    Die verschachtelte Struktur eines Rahmens

Weitere Kostenlose Bücher