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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Achilles. Aber alles, was Sie sagen, verträgt sich durchaus damit, daß Sie ein Charakter eines Dialogs sind.
    Krebs: Der -
    Achilles: Aber — aber — nein! Vielleicht sind Herrn K's Artikel und meine aberwitzige Antwort darauf beide mechanistisch determiniert, aber das zu glauben weigere ich mich. Physikalischen Determinismus kann ich akzeptieren, nicht aber die Vorstellung, daß ich nur eine Fiktion im Geist einer anderen Person sein soll.
    Schildkröte: Es spielt im Grunde keine Rolle, ob Sie ein Hardware-Gehirn haben, Achilles. Ihr Wille kann gleichermaßen frei sein, wenn Ihr Gehirn einfach ein Stück Software im Hardware-Gehirn irgendeines anderen ist. Und dessen Gehirn seinerseits könnte Software in einem noch höheren Gehirn sein ...
    Achilles: Was für eine absurde Vorstellung! Und doch muß ich zugeben, daß es mir Spaß macht, die klug verborgenen Löcher in Ihren Sophistereien zu finden machen Sie also weiter! Versuchen Sie mich zu überzeugen. Ich bin dabei.
    Schildkröte: Ist Ihnen jemals aufgefallen, Achilles, daß Sie sich in ziemlich ungewöhnlicher Gesellschaft befinden?
    Achilles: Natürlich. Sie sind sehr exzentrisch (ich weiß, daß Sie nichts dagegen haben, wenn ich das sage), und auch Herr Krebs hier ist ein winziges bißchen exzentrisch. (Verzeihung, Herr Krebs!)
    Krebs: Oh, keine Sorge, ich fühle mich nicht beleidigt.
    Schildkröte: Aber Achilles, eine der auffälligsten Eigenschaften Ihrer Bekannten haben Sie übersehen.
    Achilles: Und die wäre ...?
    Schildkröte: Daß wir Tiere sind!
    Achilles: Nun, nun — das ist wahr! Sie sind so scharfsinnig. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, die Tatsache so knapp zu formulieren.
    Schildkröte: Ist das nicht Evidenz genug? Wieviele Menschen kennen Sie, die ihre Zeit mit sprechenden Schildkröten und sprechenden Krebsen verbringen?
    Achilles: Ich muß gestehen, ein sprechender Krebs ist ...
    Krebs: ... natürlich eine Anomalie.
    Achilles: Exakt; es ist eine Anomalie — aber sie hat ihre Vorläufer. Sie ist in der Literatur vorgekommen.
    Schildkröte: Genau — in der Literatur. Aber wo im wirklichen Leben?
    Achilles: Nun, da Sie davon sprechen, kann ich es nicht recht sagen. Ich muß darüber nachdenken. Aber das genügt noch nicht, um mich davon zu überzeugen, daß ich ein Charakter eines Dialogs bin. Haben Sie noch andere Argumente?
    Schildkröte: Erinnern Sie sich, wie wir beide uns eines Tages scheinbar zufällig im Park trafen?
    Achilles: An dem Tag, als wir über Krebskanons von Escher und Bach diskutierten?
    Schildkröte: Genau der!
    Achilles: Und soweit ich mich erinnere, tauchte irgendwo gegen Mitte unseres Gesprächs Herr Krebs auf, plapperte irgendetwas Komisches und machte sich dann davon.
    Krebs: Nicht einfach „irgendwo gegen Mitte“, Achilles. G ENAU in der Mitte.
    Achilles: Oh, nun gut denn.
    Schildkröte: Haben Sie gemerkt, daß in diesem Gespräch Ihre Sätze dieselben waren wie die meinigen — nur in umgekehrter Reihenfolge? Hier und da waren einige Wörter ausgewechselt, aber im wesentlichen verlief unsere Begegnung zeitlich symmetrisch.
    Achilles: Toll! Es war einfach eine Art Taschenspielerei. Wahrscheinlich alles mit Spiegeln gemacht.
    Schildkröte: Keine Taschenspielereien, Achilles, und keine Spiegel: einfach die Arbeit eines beharrlichen Autors.
    Achilles: Aber ist beides nicht dasselbe?
    Schildkröte: Letzteres ist eine kultiviertere Variante, finde ich.
    Achilles: Halt! Etwas an dieser Unterhaltung kommt mir bekannt vor. Habe ich diese Sätze nicht schon früher einmal gehört?
    Schildkröte: So ist es, Achilles.
    Krebs: Vielleicht ergaben sich diese Sätze eines Tages zufällig im Park, Achilles. Erinnern Sie sich, wie Ihr Gespräch mit Herrn S. an jenem Tag verlief?
    Achilles: Vage. Er sagte anfangs: „Guten Tag, Achilles“, und am Ende sagte ich: „Guten Tag, Herr S.“. Stimmt's?
    Krebs: Ich habe zufällig gerade eine Transkription hier.
    (Er fischt in seiner Musikmappe herum, fingert ein Blatt heraus und händigt es Achilles aus. Beim Lesen beginnt Achilles merklich unruhig und nervös zu werden.)
    Achilles: Das ist sehr seltsam. Sehr, sehr seltsam ... Plötzlich habe ich ein — unheimliches Gefühl. Es ist, als hätte jemand dieses ganze Bündel von Aussagen im voraus geplant, irgendwie auf dem Papier oder sonstwie entworfen ... Als hätte irgendein Autor eine Liste mit Agenda gehabt und aufgrund dieser Liste all jene Aussagen, die ich an jenem Tag machte, geplant und detailliert ausgearbeitet.
    (In

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