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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Tonart verfaßt. Die meisten dieser Fugen sind vierstimmig und nehmen an Komplexität und Ausdrucksstärke allmählich immer mehr zu. Gegen Ende schwingen sie sich zu solchen Höhen der Komplexität auf, daß man fürchtet, Bach könne sie niemals aufrechterhalten. Und doch tut er das ... bis zum letzten Contrapunktus.
    Die Gründe für das Abbrechen der Kunst der Fuge (und das heißt: des Bachschen Lebens) sind die folgenden: Da seine Augen ihm schon seit Jahren zu schaffen gemacht hatten, wollte er sich operieren lassen. Das geschah auch. Aber das Ergebnis war keineswegs zufriedenstellend, und er war für den größeren Teil seiner letzten Lebensjahre blind. Das hielt ihn jedoch von energischer Arbeit an seinem monumentalen Werk nicht ab. Sein Ziel war, eine vollständige Darstellung der Fugenkomposition zu geben, und eine wichtige Facette davon war der Gebrauch multipler Themen. In dem Teil, den er als vorletzte Fuge plante, fügte er seinen in Noten wiedergegebenen Namen als drittes Thema ein. Jedoch wurde gerade damals seine Gesundheit so schwankend, daß er die Arbeit gerade an diesem Projekt, an dem er so sehr hing einstellen mußte. Während seiner Krankheit brachte er es noch fertig, seinem Schwiegersohn ein abschließendes Choralpräludium zu diktieren, von dem Bachs Biograph Forkel sagte:
    Aber der [im Choral] liegende Ausdruck von frommer Ergebung und Andacht hat mich stets ergriffen, so oft ich ihn gespielt habe, so daß ich kaum sagen kann, was ich lieber entbehrte, den Choral oder das Ende der letzten Fuge.
    Eines Tages erlangte Bach plötzlich wieder sein Augenlicht zurück. Aber eine halbe Stunde später erlitt er einen Schlaganfall, nach zehn Tagen starb er und überließ es anderen, über die Unvollständigkeit der Kunst der Fuge nachzudenken. Könnte sie daher rühren, daß Bach „Selbstbezüglichkeit“ erreicht hatte?
Gödels Ergebnis schafft Probleme
    Herr Schildkröte sagt, daß kein hinreichend mächtiger Plattenspieler in dem Sinn vollkommen sein kann, daß er jeden möglichen Ton auf einer Platte wiedergeben kann. Gödel sagt, daß kein hinreichend mächtiges formales System in dem Sinn vollkommen sein kann, daß es jede einzelne wahre Aussage als einen S ATZ wiedergeben kann. Wie Herr Schildkröte aber im Hinblick auf Grammophone betont, kommt einem das nur dann als Mangel vor, wenn man unrealistische Erwartungen darüber hegt, was formale Systeme leisten sollten. Dennoch hegten die Mathematiker zu Beginn dieses Jahrhunderts solche unrealistischen Erwartungen und glaubten, daß axiomatisches folgerichtiges Denken alle Übel zu beheben vermöge. Im Jahr 1931 wurden sie eines Besseren belehrt. Die Tatsache, daß die Wahrheit in jedem gegebenen formalen System über S ATZ -heit hinausgeht, nennt man die „Unvollständigkeit“ dieses Systems.
    Eine überaus rätselhafte Tatsache an Gödels Beweismethode ist die, daß er auf eine Weise argumentiert, die sich anscheinend nicht „einkapseln“ läßt — sie widersteht der Eingliederung in jegliches formale System. Auf den ersten Blick scheint es somit, daß Gödel einen bisher unbekannten, jedoch höchst bedeutsamen Unterschied zwischen menschlichem und mechanischem folgerichtigen Denken zutage gefördert habe. Dieser geheimnisvolle Zwiespalt zwischen der Mächtigkeit belebter und unbelebter Systeme spiegelt sich wieder in dem Zwiespalt zwischen dem Begriff der Wahrheit und dem der „S ATZ -heit“ ... oder das ist zumindest eine „romantische“ Art, die Situation zu betrachten.
Das modifizierte pg-System und Widersprüchlichkeit
    Um das etwas realistischer zu sehen, müssen wir genauer erkennen, warum und wie die Bedeutung in formalen Systemen durch Isomorphien vermittelt wird. Und ich glaube, daß das zu einer romantischeren Sicht führt. Wir werden also nun weitere Aspekte der Beziehung zwischen Bedeutung und Form erforschen. Unser erster Schritt ist der, ein neues formales System herzustellen, indem wir unsern alten Freund, das pg-System, geringfügig ändern. Wir nehmen ein weiteres Axiomenschema hinzu (behalten aber das ursprüngliche sowie die Schlußregel bei):
    A XIOMENSCHEMA II: Wenn x eine Bindestrichkette ist, dann ist x p− g x ein Axiom.
    Offensichtlich ist dann −−p−g−− ein Axiom im neuen System, und −−p−−g−−− ebenfalls. Und doch lautet ihre Interpretation „2 plus 1 gleich 2“, bzw. „2 plus 2 gleich 3“. Man sieht, daß unser neues System eine große Zahl von falschen Aussagen enthält (wenn

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