Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Low-Fidelity-Grammophon zu vergleichen; sie sind von vornherein schon so unergiebig, daß sie offensichtlich das nicht leisten können, was wir von ihnen verlangen — nämlich uns alles über die Zahlentheorie zu sagen.
Wie eine Interpretation Vollständigkeit herstellen
oder zerstören kann
Was heißt es, wenn man sagt, wie ich das oben tat, daß „Vollständigkeit die stärkst-mögliche Bestätigung von passiven Bedeutungen“ sei? Es bedeutet, daß wenn ein System widerspruchsfrei, aber unvollständig ist, zwischen den Symbolen und ihrer Interpretation ein Mißverständnis besteht. Das System besitzt nicht die Stärke, die uns berechtigte, es auf diese Weise zu interpretieren. Wenn man die Interpretation etwas "zurechtstutzt“, kann das System mitunter vollständig werden. Um das zu illustrieren, werfen wir einen Blick auf das modifizierte pg-System (einschließlich Axiomenschema II) und die von uns dafür verwendete Interpretation.
Nachdem wir das pg-System modifiziert hatten, modifizierten wir die Interpretation für g von „ist gleich“ zu „ist größer als oder gleich“. Wir sahen, daß das modifizierte pg-System, so interpretiert, widerspruchsfrei war, doch hängt dieser Neuinterpretation etwas Unbefriedigendes an. Das Problem ist einfach: es gibt nunmehr viele Wahrheiten, die sich ausdrücken lassen, aber keine S ÄTZE sind. Zum Beispiel wird „2 plus 3 ist größer oder gleich 1“ durch den Nicht-S ATZ −−p−−−g− ausgedrückt. Die Interpretation ist einfach zu schlampig! Sie spiegelt nicht genau wider, was die S ÄTZE in dem System tun. So schlampig interpretiert ist das pg-System nicht vollständig. Wir könnten diesem Mißstand abhelfen, entweder indem wir 1. dem System neue Regeln zufügen und es so stärker machen, oder 2. die Interpretation einengen. Die Einengung der Interpretation scheint in diesem Fall die vernünftige Alternative zu sein. Anstatt g als „ist größer als oder gleich“ zu interpretieren, könnten wir sagen „ist gleich oder um 1 größer“. Nun wird das modifizierte pg-System sowohl widerspruchsfrei als auch vollständig. Und die Vollständigkeit bestätigt die Angemessenheit der Interpretation.
Unvollständigkeit der formalisierten Zahlentheorie
In der Zahlentheorie werden wir der Unvollständigkeit noch einmal begegnen; wir werden dann aber, um die Situation zu berichtigen, in die andere Richtung gezogen werden — zur Hinzufügung neuer Regeln, um das System stärker zu machen. Die Ironie liegt darin, daß wir jedes Mal , wenn wir eine neue Regel hinzufügen, glauben, das System jetzt sicherlich vollständig gemacht zu haben! Dieses Dilemma läßt sich anhand der folgenden Allegorie erläutern ...
Wir haben einen Plattenspieler, und wir haben zudem eine Platte, die vorläufig den Titel „Kanon auf B-A-C-H“ trägt. Wenn wir jedoch die Platte auf dem Grammophon spielen, stören uns die von der Rückkoppelung induzierten Schwingungen (wie sie die Platte des Herrn Schildkröte verursachte) so sehr, daß wir nicht einmal die Melodie erkennen. Wir folgern, daß etwas mangelhaft ist — entweder unsere Platte oder unser Plattenspieler. Um unsere Platte zu testen, müßten wir sie auf den Plattenspielern unserer Freunde spielen und so ihre Qualität feststellen. Um den Plattenspieler zu testen, müßten wir die Platten unserer Freunde auf ihm spielen und feststellen, ob die Musik, die wir hören, der auf dem Etikett angegebenen, entspricht. Besteht unser Plattenspieler den Test, dann wollen wir sagen, die Platte sei mangelhaft; besteht umgekehrt die Platte ihren Test, dann werden wir sagen, unser Plattenspieler sei es. Was aber läßt sich schließen, wenn wir entdecken, daß beide ihren Test bestehen? Jetzt heißt es, sich an die Ketten aus zwei Isomorphien erinnern ( Abb. 20 ). Und gründlich nachzudenken!
Kleines harmonisches Labyrinth
Herr Schildkröte und Achilles verbringen einen Tag auf dem Oktoberfest. Sie haben sich Zuckerwatte gekauft und entschließen sich zu einer Fahrt auf dem Riesenrad.
Schildkröte: Das ist meine Lieblingsfahrt. Man scheint so weit zu gelangen, und in Wirklichkeit kommt man überhaupt nicht weiter.
Achilles: Ich weiß schon, warum Ihnen das so gefällt. Sind Sie angeschnallt?
Schildkröte: Ja, ich glaube, die Schnalle ist zu. Also los. Huiii!
Achilles: Sie sind aber heute in glänzender Stimmung.
Schildkröte: Aus gutem Grund: Meine Tante, eine Wahrsagerin, sprach von einem Glücksfall, der mir heute zustoßen
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