Göring: Eine Karriere (German Edition)
Februar sein Testament.
Emmy, jetzt ist nichts mehr zwischen den Russen und uns. Hätten wir den Gegner am Westwall und der Weichsel halten können, wäre die Möglichkeit eines Kompromisses noch vorhanden gewesen.
Göring zu seiner Frau, Januar 1945
»Namenloses Sterben«: Auf dem Dresdner Altmarkt werden die Opfer des 13. Februar 1945 verbrannt
In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 brach die Hölle des Bombenkrieges mit unbeschreiblicher Wucht über Dresden herein. 773 RAF-Bomber griffen das deutsche »Elbflorenz« in zwei Wellen an. Die wenigsten Flieger wussten, dass Dresden eine der schönsten Städte Europas war. Im ganzen Reichsgebiet stiegen nur 27 Nachtjäger auf, um den furchtbarsten aller Luftangriffe auf Deutschland zu bekämpfen. Tausende Spreng- und Brandbomben entfachten einen Feuersturm, der dem ähnelte, der Hamburg zwei Jahre zuvor zerstört hatte. Das Inferno wurde durch Bombardierungen der US-Luftflotte am 14. und 15. Februar noch verstärkt. Ungefähr 35 000 Menschen fanden bei den Angriffen den Tod. Über 9000 der Opfer wurden auf primitiven Scheiterhaufen auf dem Dresdner Altmarkt verbrannt.
Während Dresden in Schutt und Asche zerfiel, sorgte Göring dafür, dass erste Ladungen seiner Kunstschätze in einem Bergstollen bei Berchtesgaden versteckt wurden. In der Bevölkerung kursierten inzwischen bissige Witze über den Reichsmarschall. Die Briten hörten, wie ein in Gefangenschaft geratener Regimentskommandeur erzählte, Göring heiße jetzt »Tengelmann« – nach der bekannten Ladenkette in Deutschland -, da er »in jeder Stadt eine Niederlage« habe. Angesichts des Kanonendonners, der von der Oder herüberdröhnte, sah Göring das unaufhaltbare Ende nahen. Aber nach wie vor klammerte er sich an die Hoffnung, Hitler würde vielleicht jetzt nachgeben und ihm, Göring, erlauben, noch einen Verhandlungsfrieden für Deutschland zu erreichen. In völliger Verkennung der Lage glaubte der Reichsmarschall selbst in jenen Tagen noch an eine »Remis-Chance«. Göring driftete mehr und mehr in eine Wahnwelt ab. So ließ er einen seiner raren Wisente erschießen und das Fleisch an die Flüchtlinge aus dem Osten verteilen.
Von allen Seiten unter Druck gesetzt, genehmigte er im März 1945 den ersten und letzten Selbstmordeinsatz der Luftwaffe. Mehrere hundert Freiwillige meldeten sich zu dem »Unternehmen Elbe«. Einige von denen, die sich im altmärkischen Stendal zu ihrer vielleicht letzten Mission versammelten, hatten nichts mehr zu verlieren. Der Krieg hatte ihnen Eltern, Frau, Kinder und ihren Besitz genommen. Die schier unmögliche Aufgabe hieß: viermotorige Bomber von vorne zu rammen. Durch den Aufprall sollte Panik bei den amerikanischen Besatzungen entstehen. Es war die deutsche Version des Kamikaze.
Werner Zell, der sich im Alter von 21 Jahren als »Rammjäger« meldete, erinnert sich noch gut an die vorzügliche Verpflegung, mit der man die Moral der Todesflieger hochhielt. »Wie im Schlaraffenland« habe er sich gefühlt. Auf einmal war alles da: Wein, Schnaps, Wurst, echter Kaffee, Schokolade und sogar Zigaretten. Am Einsatztag rief man die Piloten in einen größeren Raum. Hinter Tischen saßen dort mehrere Offiziere in Galauniform. Die Flieger hingegen trugen primitive Overalls, die so genannten »Knochensäcke«. Nicht einmal wärmende Unterwäsche gab man ihnen: »Wir waren also praktisch von diesen Leuten, die den Einsatz befohlen hatten, schon abgeschrieben.« In einer tollkühnen Aktion gelang es Zell tatsächlich einen der feindlichen Bomber zu rammen: »Ich sah noch, wie der Heckschütze seine beiden Bordwaffen nach unten gerichtet hatte und vor Schreck die Hände vors Gesicht schlug. Das Ganze ging wahnsinnig schnell. … Den Moment des Zusammenstoßes kann ich Ihnen nicht schildern, denn ich glaube, ich hatte versucht, meine Hand vor die Augen zu halten, oder hatte die Augen geschlossen. Ich bin wach geworden und merkte, ich stürze ab. Ich habe den Hebel des Kabinendaches umgelegt, das flog nicht weg. Ich habe dann den Notzug gezogen. Als das Dach immer noch nicht runterflog, habe ich mich abgeschnallt vom Sitz, bin mit den Schultern hoch und dagegen, und es hat sich nicht gelöst. Das waren die schlimmsten Momente meines Lebens, weil ich dachte: Jetzt gehst du ungespitzt mit der 109 in den Boden.«
Für den jungen Piloten kam die Rettung in buchstäblich letzter Sekunde, ausgerechnet durch den Gegner. Ein amerikanischer Jagdflieger beschoss seine
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