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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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ein Fehler gewesen, dass er Billa den Lederbeutel mit all ihren Sachen drin gegeben hatte? Solange sie die Harpune des Hexendämons in sich trug, konnte es immer noch passieren, dass Sylvenia die Kontrolle über ihr Denken und Handeln übernahm. Und wenn Sina und die anderen sie fanden, während sie unter dem Einfluss des Hexenbiestes stand … Nein, das durfte auf gar keinen Fall passieren.
    So schnell und gleichzeitig so leise wie möglich lief Marian erst die Holzleiter, dann die speckige Wendeltreppe hinab. Die Tür nach draußen hatte er sicherheitshalber verriegelt, bevor sein Geist mit dem Talmibro in die Vergangenheit geflogen war. Schon in ältesten Zeiten hatten sich die Zauberpriester und Schamanen in unzugängliche Verstecke zurückgezogen, ehe sie sich auf eine solche »Seelenreise« begaben. Denn dabei blieb ihr Körper hilflos im Tiefschlaf zurück – eine leichte Beute für Raubtiere und menschliche Feinde, wenn man nicht die sorgsamsten Vorkehrungen traf.
    Unten angekommen lauschte er einige Augenblicke, ein Ohr an das Türblatt gedrückt. Dann schob er Millimeter für Millimeter den rostigen Eisenriegel zurück. Es gab trotzdem ein hässliches Quietschgeräusch, nicht sehr laut zwar, doch in der abendlichen Stille kaum zu überhören. Er zog die Tür auf und rannte geduckt über den Schlosshof, auf die Überreste der moorgräflichen Kapelle zu. Und gerade als er dort stehen blieb, um noch einmal kurz zu lauschen, trat ein Schatten aus dem Eingang zu den Katakomben. Ein weiterer Schatten folgte ihm. Marian wandte sich um und da kamen aus dem halb eingestürzten Schlossflügel neben dem Turm nochmals zwei Schemen hervor.
    Ehe Marian wegrennen konnte, trat ihm der erste Schatten aus der Katakombe in den Weg. »Wir suchen dich, Marian Hegendahl«, sagte er.
    »Torgas?«
    Der Schatten warf ein schwarzes Tuch zurück, das seinen Kopf und seine Schultern verhüllt hatte. »Wir brauchen deine Hilfe«, sagte der Bruder Türsteher, »wa rum lässt du uns im Stich?«
    »Und warum verstecken Sie sich unter diesem blöden Schleier?«
    Hinter Torgas trat der zweite Schemen auf den Hof. Auch er hatte seinen Kopf mit einem schwarzen Tuch verhüllt, und als er es zurückwarf, kam Meister Godobert höchstpersönlich darunter zum Vorschein. »Es sind Wehrtücher, sie schützen uns vor den Hexen«, sagte er in ernstem Tonfall. »Sieh dir das Muster an und die hineingewobenen Goldfäden.« Er streifte sein Tuch ab und reichte es Marian. »Sie suchen dich, Marian«, fuhr er fort. »Es sind gefährliche Jägerinnen, wie gebrechlich sie auch aussehen mögen. Sei auf der Hut.«
    Marian fuhr mit dem Zeigefinger über das Tuch. Selbst im Sternenlicht war das golden eingewebte Muster klar zu erkennen – das Auge des Weltbaumeisters, der Drache Ouroboros, der Zirkel und der Winkel, das Pentagramm.
    »Behalte das Tuch für diese Nacht«, sagte Meister Godobert. »Und wenn du es uns morgen zurückbringst, wirst du die Dämonenpforte für immer verschließen. Das bist du uns schuldig«, fügte er hinzu, und seine Stimme klang nun drängend, ja beinahe drohend. »Ein Hegendahl hat diesen Fluch über uns gebracht, und ein Hegendahl muss ihn auch wieder von uns nehmen – du, Marian.«
    Die beiden anderen Schemen waren währenddessen von der Schlossruine zu ihnen herübergekommen. Auch sie warfen ihre Schutztücher ab. In einem von ihnen er kannte Marian den alten Mann, der die Dämonenüberreste lieber verbrannt hätte, statt sie im Hexenholz zu vergraben. Den vierten Bruder kannte er nur vom Sehen.
    Er nickte ihnen zur Begrüßung zu und wandte sich dann wieder an Godobert. »Wenn ich es kann, mache ich die Pforte zu. Das verspreche ich Ihnen hiermit. Aber ich kann nicht sagen, wann genau es sein wird.« Er schaute von Godobert zu Torgas, deren Gesichter noch düsterer geworden waren. »Ich bin noch nicht bereit dafür«, versuchte er zu erklären.
    Für einen Moment schien es ihm möglich, dass ihn die Logenbrüder notfalls mit Gewalt in ihr Haus verschleppen würden. Aber dann streckte ihm Godobert bloß mit feierlicher Miene die Hand hin. »Schwöre es, Marian. Schwöre, dass du die Pforte schließen wirst, bevor es zu spät ist.«
    Godoberts Händedruck war unerwartet hart. »Ich schwör’s«, sagte Marian. »Aber ich brauche noch so ein Tuch.«
    Die Augen des Logenmeisters verengten sich zu Schlitzen – offenbar wusste er ganz genau, für wen Marian das zweite Wehrtuch haben wollte. Doch schließlich nickte er in Torgas’

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