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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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ein mächtiger Magier seid Ihr, Meister Justus – auf dieser Erde kommt keiner Euch gleich.«
    Der Golem hob seinen Kopf und machte Anstalten, sich aufzurappeln. Seinen Körper, der kaum größer als der Leib eines siebenjährigen Knaben war und doch vor Muskeln starrte. Im selben Moment sprang Julian auf und hüpfte, die Füße mit dem Seil zusammengebunden, auf den Golem zu. Er warf sich über die Kreatur, die mit einem leeren Blick zu ihm heraufglotzte.
    Schon spürte er auf seinen Schultern die Hände der Schmiede, die ihn zurückreißen wollten. Aber Bardo und Benno kamen zu spät. Mit seinem blutenden Zeigefinger krakelte der Famulus quer über die Schriftzeichen des Großmächtigen Meisters Manth , für »Zerstörung, Tod«.
    Den Golem überlief ein krampfhaftes Zittern. Als er sich erhob, kollerte Julian von ihm herunter und kam neben der Schale zu liegen, aus der die rote Flammensäu le aufstieg. Schwankend stand der Golem zwischen seinen Herren, die ihn beide erschaffen hatten, wenn auch zu ungleichen Teilen. Der eine befahl ihm das Le ben, der andere den Tod. Und nur auf eine einzige Weise konnte er beiden Herren gehorchen.
    Er wurde durchscheinend wie ein Schemen, von einer Sekunde zur nächsten . »Ammanth, Ammanth!«, schrie Meister Justus wie von Sinnen, doch es half nichts. Vor ihrer aller Augen löste sich der Golem auf wie Nebel in der Morgensonne. Beinahe war er schon gänzlich verblasst, da wurde sein Geisterschatten von einem starken Sog ergriffen und in die Dämonenscherbe hineingerissen. Und nur einen Wimpernschlag später war von dem Go lem nichts mehr zu sehen.
    Der Meister und seine Lichtträger schrien wild durcheinander. Sie fuhren herum, wollten sich auf den Raben stürzen, doch der hatte mit der roten Flammensäule mitt lerweile seine Fesseln aufgeschmort. Im hintersten Winkel drehte Marian ihn mit dem Rücken zu den Rosenspieglern und ließ ihn das Talmibro aus seinem Brustbeutel ziehen. Vor Entsetzen darüber, dass er so eben seinen eigenen Golem zerstört hatte, war der Famulus noch wie gelähmt. Er verstand nicht im Geringsten, was er da gemacht hatte, geschweige denn aus welchem Grund. Und er ahnte, dass er es auch niemals verstehen würde, selbst dann nicht, wenn Meister Justus ihm Gelegenheit geben würde, in seinem Verlies jahrelang darüber nachzugrübeln.
    Als er das Talmibro auseinanderzog und zu murmeln begann, stürzte sich Meister Justus mit wehendem Um hang auf ihn. »Er hat uns alle verraten! Was hält Er da in Hän den – zeig Er’s her!«
    »Mabrosilat! Mabrosilat!«
    Justus riss ihn bei den Schultern herum und für den Bruchteil eines Wimpernschlags bekam er das Talmibro zu sehen. Dann verblasste es in Julians Händen und Ma rian wurde aus dem Famulus herausgeschleudert und zurück in seine Welt.
    In der Turmkammer kam er zu sich und sah immer noch vor sich, wie sich die Augen von Meister Justus beim Anblick des Talmibros geweitet hatten. Er weiß Bescheid, dachte Marian. Ganz bestimmt ist Meister Justus bekannt, wofür so ein Talmibro gut ist.
    Aber wusste der Großmächtige Meister auch, wer da in den Leib seines Raben gefahren war und den Golem zerstört hatte? Das Talmibro hatte Marian noch in der Hand. Er klappte es auf, zog es zur Probe gleich noch mal auseinander.
    Doch im magischen Spiegel zwischen den sonderbaren Zeilen erblickte er – nichts. Nicht mal mehr sich selbst. Geschweige denn den Raben Julian, drüben in seiner Welt vor 333 Jahren. Mit aller Kraft zerrte und riss Marian das Talmibro der Länge und Breite nach auseinander.
    Nichts.
    Meister Justus hatte mitbekommen, was da mit dem Famulus passiert war – und hatte daraufhin den magischen Übergang blockiert. Ja, so musste es sein, dachte Marian. Anders ließ sich überhaupt nicht erklären, warum das Talmibro von einem Moment zum anderen nicht mehr funktionierte.
    Ein Gefühl tiefer Enttäuschung stieg in ihm auf. Über flutete ihn regelrecht mit Trauer, Schmerz, wildem Auf begehren – so als ob er jemanden verloren hätte, der ihm so nahestand wie ein Bruder. Mindestens. Ein Ra benbruder, dachte Marian. Aber auch das spielte jetzt keine Rolle mehr.
    Morgen in aller Frühe würden Billa und er hinaus in den Bannwald gehen.

72

    Der Junge rannte schreiend durchs Unterholz, keine zehn Schritte rechts von ihrem Pfad. Er war ungefähr zwölf Jahre alt, sein Gesicht, seine Arme waren blutig zerkratzt, seine Haare mit Spinnweb verzwirnt und modrige Blätter klebten ihm überall auf Brust und

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