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Gößling, Andreas

Titel: Gößling, Andreas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenpforte Die
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knochenklobig, hantelschwer. Rauschen, Knistern, dann endlich das Freizeichen. Musste man jetzt eine Nummer wählen? Welche? Oder reichte es, wenn man einfach den Hörer abnahm? Anscheinend ja. Irgendwo weiter unten im Haus hörte er gleich mehrere Telefone klingeln – drei Mal, fünf Mal. Aber niemand nahm das Gespräch entgegen.
    Schließlich legte er wieder auf. Wahrscheinlich hatte Torgas das Klingeln doch gehört und würde gleich kommen, um ihn abzuholen.
    Fünf Minuten vergingen, zehn, eine ganze Viertelstunde – und niemand kam. Marian ging zur Tür, getraute sich aber nicht, sie zu öffnen. Er lauschte durch das Türholz – totale Stille, umso unheimlicher, weil das ganze Haus doch vorhin noch von Hammerschlägen gedröhnt hatte. Aber jetzt wirkte da draußen alles wie ausgestorben. Keine Schritte, keine Rufe, nichts.
    Vom Kirchplatz wehten die Stundenschläge herüber: Viertel vor acht. Länger konnte er wirklich nicht warten.
    Marian atmete durch und drückte die Klinke runter. Und wenn Torgas jetzt doch noch auftauchte und losschimpfte, weil er gegen sein ausdrückliches Verbot verstoßen hatte? Dann würde er eben sagen, dass niemand ans Telefon gegangen war, seine Mutter sich Sorgen machte, er furchtbaren Hunger hatte, außerdem zum Klo musste – und das alles stimmte sogar, aber er ahnte trotzdem im Voraus, dass es den Bruder Türsteher nicht im Geringsten beeindrucken würde.
    In einer solchen Loge galt nur eines: das Gesetz des Ordens. Die einzelnen Brüder hatten ihm unbedingten Gehorsam zu leisten. Alles, was im normalen Leben viel leicht als akzeptable Entschuldigung gegolten hätte, stellte in den Augen der Logenbrüder nur verabscheuenswerte Ausreden da. »Weibergeschwätz, kindisches Gefasel, eines freien Mannes nicht würdig« – so stand es in dem Buch Mysterien und Geheimbünde, das Marian zu seinem letzten Geburtstag geschenkt bekommen hatte.
    Er zog die Tür auf, horchte nach draußen – nichts. Auf Zehenspitzen trat er in den Flur hinaus. Vielleicht konnte er sich einfach davonstehlen – über das Eisentor klettern, wie es der Famulus vorgemacht hatte? Allerdings spürte Marian wenig Lust, noch einmal mit den Eisendornen oben auf dem Tor Bekanntschaft zu machen. Und wenn er sich auf diese Weise davonschleichen würde, gegen den ausdrücklichen Befehl von Torgas, würden ihn die Brüder morgen höchstwahrscheinlich gar nicht mehr he reinlassen.
    Trotzdem ging er auch die Wendeltreppe so leise runter, wie es bei diesem knarrenden Holzding überhaupt möglich war. Blieb zwischendurch mehrmals stehen, um zu lauschen. Aber das Haus schien wirklich menschenleer zu sein – so als ob die Logenbrüder die Flucht ergriffen und ihn in der Eile des Aufbruchs vergessen hätten.
    Aber wovor sollten sie denn fliehen?
    Auf der untersten Treppenstufe blieb er wiederum stehen. Doch diesmal nicht, um zu lauschen.
    Blitzartig war ihm das Wort eingefallen. Das Wort, das Julian vorhin noch gedacht hatte, als sie schon zusammen die Talmibro-Formel murmelten.
    Vor den Golems?
    Die Lehmfiguren, ja klar, dachte Marian – Golems hießen die, und dazu gab es einen Mythos, ein ga nzes Labyrinth von Legenden, bei denen es allesamt um solche künstlichen Lehmwesen ging. Hatte nicht ein jüdischer Zauberpriester sie erschaffen? So in dieser Art. Und angeblich wurden sie immer größer, wuchsen regelrecht in den Himmel, sodass ihr Meister sie bald schon nicht mehr beherrschen konnte.
    G*L*M = Golem, dachte Marian, und die Haare stellten sich ihm auf, im Nacken und das ganze Rückgrat runter. Der Fluch der Golems also? Und der Großmächtige Meister Justus hatte sie vor 333 Jahren erschaffen? Und jetzt hatten Meister Godobert und die anderen Logenbrüder …
    Er dachte es nicht zu Ende, sondern rannte durch die Halle voll schwarzer Sessel und noch schwärzerer Bilder auf die Haustür zu. Aber die war abgeschlossen und kein Schlüssel weit und breit.
    Die Hammerschläge, dachte Marian. In seinem Kopf lief ein Horrorfilm ab, wieder und wieder: Die Beschwörung gelingt, im Verlies erwachen die Golems – werden groß und größer – Justus verliert die Kontrolle – mauert in Panik den Zugang zum unteren Keller zu.
    Und Godobert, Torgas und die anderen, 333 Jahre später: Brechen die Tür in die Tiefe wieder auf, um die Golems freizulassen – oder ohne zu ahnen, was sich da unten Grauenhaftes verbirgt?
    »Torgas?« Sein Ruf echote durch die Halle. Aber Antwort bekam er wieder nicht.
    Also musste er auch da

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