Goethe war’s nicht
Auto zu dir kommen.“
„Äh. Geht nicht. Ich hol dich ab. Es geht nicht anders. Muss dir unterwegs noch so einiges erklären. Glaub mir, es ist, wie es ist.“
„Wie sollte es auch anders sein?“
„Genau. Bin in spätestens fünfundzwanzig Minuten bei dir. Wir treffen uns am Haupteingang.“
„Roger. Bis gleich. Scheiße.“
„Was?“
„Das Blut versaut mir gerade mein neues Hemd. 80 Euro, das gute Stück. So ein Magendurchbruch macht ganz schön viel Dreck.“
„Witzbold.“
Uff, dachte Herr Schweitzer. Doch Zeit hatte er keine. Beherzt wie der Obermacker vom Löwenrudel startete er seinen nächsten Angriff. Nachdem er wieder im Haus war: „Herr Fornet!“
„Ja. Haben Sie diesen Schmidt-Schmitt erreicht?“
„Klar. Und er hat sogar Zeit. Ich soll ihn sofort abholen. Ich brauche Ihr Auto. Sofort, aber dalli.“ Tja, wenn’s hart auf hart kam, war Herr Schweitzer nicht mehr er selbst; eher so eine Art Terminator für Arme.
Die Worte in Verbindung mit seinem Duktus zeigten Wirkung. Anstandslos rückte Fornet die Schlüssel heraus. „Da, bitte. Der dunkelgrüne Mercedes, steht rechts vorm Nachbarhaus.“
Zwischenbemerkung: Der eine oder andere geneigte Leser wird sich wundern, warum Mischa nicht Micha geschrieben wird, was eigentlich richtig wäre. Aber der Hesse an sich verschluckt gerne Endungen und kriegt’s Maul net uff. Will heißen, er nuschelt viel und ausgiebig. Bei Schulkindern ist das oft ein Problem, weil sie aufgrund der Sprechweise keine Rückschlüsse auf die Schreibweise ziehen können, was die Lehrkräfte, zumal wenn sie aus anderen Bundesländern kommen, zur schieren Verzweiflung bringt. Da aber Micha respektive Mischa ohnehin nur eine Kurzform ist, darf man Micha im Hesseland offiziell auch Mischa schreiben. Des is zwar net wischdisch, abbä richtig. Rischdisch?
Als sie die Alte Brücke über dem Main erreicht hatten, war Schmidt-Schmitt über den Sachverhalt der Entführung im Bilde. Herr Schweitzer lenkte den Schlitten mit aller gebotenen Vorsicht, denn es war das erste Mal seit seinen Fahrstunden vor wenigen Jahren, dass er ein Auto fuhr, das größer war als sein weißer Twingo. Er kam sich vor wie der Pilot einer intergalaktischen Raumfähre. So viele Knöpfchen, Schalter und Displays. Da lobte er doch seinen Kleinwagen, bei dem man keine Extraausbildung als Bordtechniker brauchte.
„Dieser Kuno Fornet …“, begann Mischa Schmidt-Schmitt, „ist der irgendwie im Vorstand der Teutonischen Staatsbank?“
„Kann ich mir nicht vorstellen. Er scheint dort zwar ein hohes Tier zu sein, weil rumkommandieren kann er. Aber andererseits kuscht er auch, wenn man nur den richtigen Ton trifft. Merk dir das! Ich hab dem nämlich weisgemacht, du seist der Heilsbringer schlechthin.“
„Bin ich das nicht?“
Herr Schweitzer warf einen gespielt abschätzigen Blick auf seinen Freund. „Nun, ein Heiligenschein schwebt jedenfalls nicht über deinem Kopp.“
„Das liegt daran, dass es hell ist. Heiligenscheine leuchten nur im Dunkeln, wie die Sterne. Solltest du eigentlich wissen.“
Der Sachsenhäuser Detektiv verdrehte die Augen. „Das Einzige, was bei dir nachts leuchtet, sind deine glasigen Augen, wenn du mal wieder mehr Ebbelwei als Blut im Blut hast.“
Der Oberkommissar überging diesen Kommentar. „Sag mal, wie hoch ist denn der Tagessatz von so Koryphäen wie mir?“
„Hm.“
„Geht’s auch etwas genauer?“
„Weiß nicht. Vielleicht zwei Mille pro Tag?“
„Komm, Simon, verdoppeln wir. Nur nicht so bescheiden. Und dann wird schwesterlich geteilt.“
Herr Schweitzer grinste. „Prima Vorschlag. Wird eh mal wieder Zeit, dass ich Maria so richtig nobel zum Essen ausführe.“
„Gut. Dann an die Arbeit. Wir werden das Kind schon schaukeln.“
Schlag zwölf saßen sie zu dritt im Wohnzimmer der Fornets. Maria hatte Fabiana ein Beruhigungsmittel verabreicht und war dann mit ihr in den ersten Stock ins Schlafzimmer gegangen.
Der Oberkommissar hatte Herrn Schweitzers Ratschläge bis ins Mark verinnerlicht und legte sofort los. „So, Herr Fornet, dann bräuchte ich zu allererst mal ein Foto von Ihrem Sohn.“
„Äh ja, logisch.“ Der Banker stand auf.
„Hier, bitte, das ist Gilberto. Ist zwar schon zwei Jahre alt, aber Gil hat sich seitdem kaum verändert.“
„Den kenne ich doch“, entfuhr er Herrn Schweitzer. „Das ist doch der Rasta-Typ, der uns gestern auf dem Heimweg entgegenkam.“ In der Regel erinnerte er sich nicht an Gesichter, die ihm
Weitere Kostenlose Bücher