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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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zu vergnügen.
    Bis zum Autobahnzubringer am Messeturm wurden sie von Beethoven begleitet, dann war Bartók dran.
    Just als sie die Ausfahrt Hofheim erreichten, ging eine SMS ein. Auf dem bösen Handy, wie Herr Schweitzer es ab sofort zu nennen gedachte. „Nachricht am Fenster der Bibliothek. 50 m Richtung Bahnhof.“ Aha, dachte er, geht die Schnitzeljagd also weiter. Begeistert war er nicht. Sein Traum vom Platz an Marias Seite rückte in immer weitere Ferne.
    „Schlechte Nachrichten?“, fragte der Fahrer.
    „Wie man’s nimmt. Die Terroristen, die den Hessischen Landtag in ihre Gewalt bringen wollen und für die die Lieferung bestimmt ist, möchten mir jetzt fünf Schalldämpfer weniger abnehmen.“
    Der Fahrer dachte kurz nach. „Hm. Komisch ist das. Wieso brauchen die für so eine Aktion überhaupt Schalldämpfer?“
    „Vielleicht damit es weniger Krach macht. Unsere Volksvertreter sind da sehr sensibel. Und die Terroristen offensichtlich sehr mitfühlend, schätze ich mal.“
    „So, hier sind wir. Chinonplatz, sagt jedenfalls mein GPS-Dingenskirchen. Macht 37,60 Euro. Schade, hätte ich mehr so lustige Fahrgäste wie Sie, könnte mir der Job sogar anfangen Spaß zu machen.“
    Herr Schweitzer war überrascht über diese Äußerung. War er spaßig in einem Moment, in dem es auf Leben und Tod ging? Wenn dem tatsächlich so war, hatte er ja nichts zu befürchten. Vielleicht würde er mit einem Witz auf den Lippen die Schwelle zum Jenseits überschreiten. Hallo, Gott, hab leider deine Kondome und dein Koks im Auto vergessen, als sie mich über den Haufen geschossen haben, sorry for that! Oder so ähnlich. Er zog sein Portemonnaie aus der Lederjacke. „Sie nehmen doch Kreditkarten?!“
    „Äh, oh, nun. Ist gerade ganz schlecht. Die Maschine ist letzte Nachtschicht kaputtgegangen. Normalerweise schon, steht ja auch an der Scheibe. Ist mein Fehler, ich hätte Sie vorher darauf hinweisen sollen. Wenn Sie es ausnahmsweise cash hätten ... Falls ein paar Cent fehlen, wäre das auch nicht tragisch. Geht dann auf meine Kappe.“
    Herr Schweitzer zählte seine Barbestände. Ein Zwanziger, ein Zehner, doch dann wurd’s eng. An Münzen kramte er gerade mal zwölf Cent zusammen. „Mist! Reicht nicht.“
    „Wie viel sind’s denn?“
    „Dreißig“, entschuldigte er sich. Daran hätten sie, die ganze Bullenbande und natürlich er selbst, denken müssen.
    „Ist gut, geben Sie her. Sie können mich ja auf ein Bier einladen, falls wir wieder mal zusammen Leichen am Henninger-Turm verbuddeln.“
    Normalerweise hätte Herr Schweitzer das Angebot akzeptiert. Doch dieser schräge Vogel dort vorne war ihm auf eine sonderbare Art sympathisch. Obendrein hatte er eine Idee: „Warten Sie. In dem Koffer sind ja noch fünf Millionen. Hätte ich fast vergessen.“ Mit einer leichten Hebelbewegung ließ er das Schloss aufschnappen.
    „Fünf Millionen nur? Was machen Sie, wenn Ihnen mal eine tolle Frau über den Weg läuft und Sie sie zum Essen einladen möchten?“
    „Ersten habe ich bereits die tollste Frau und zweitens hätte ich ja noch die Kreditkarte.“
    „Sie Glücklicher. Ich meine wegen der Frau.“
    „Schon klar. Wann haben Sie Feierabend?“
    „Der Tagfahrer beginnt seine Schicht um sieben.“
    „Fein. Hier haben Sie zweihundert Euro. Warten Sie auf dem Parkplatz bis halb sieben. Wenn ich dann noch nicht zurück bin, stecken Sie’s einfach als Trinkgeld ein.“ Herr Schweitzer war nämlich nicht nur bei seinem eigenen Geld großzügig.
    „Oder als Schweigegeld. Ein Cousin von mir arbeitet im Hessischen Landtag. Zwar nur als Hausmeister, aber ein terroristischer Anschlag würde ihn auch interessieren.“
    Herr Schweitzer lachte. „Okay, dann als Schweigegeld. Wo geht’s hier zum Bahnhof?“
    „Immer geradeaus.“
    „Danke. Bis nachher, vielleicht.“
    Nachdem er ausgestiegen und der Taxifahrer seinen Wagen auf den hell erleuchteten Parkplatz manövriert hatte, passierte ihn im gemächlichen Tempo der schwarze BMW. Herrn Schweitzer fiel ein, dass er das Taxi so oder so gar nicht bräuchte. Sollte er demnächst tot sein, wäre ein Leichenwagen angebracht, angeschossen käme ein Notarztwagen infrage und bei optimalem Ablauf könnte er ja auch im BMW mit zurückfahren. Egal, dachte er, und setzte sich in Bewegung.
    Zuerst sah er im Schaufenster der Bibliothek lediglich ein Plakat, das ein Musikereignis ankündigte. Vielleicht auf der Rückseite des Hauses, überlegte er, was ihm auch viel logischer erschien,

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