Goethe war’s nicht
sich mit der Flughafenpolizei verbinden und machte richtig Dampf. Als Nächstes rief er bei seinen Jungs an, die bei der Post mit der Suche nach dem angekündigten Brief beauftragt waren. Auch hier forderte er unmissverständlich Tempo, Akkuratesse und sofortigen Rückruf bei Erfolg.
„Äh“, machte Herr Schweitzer auf sich aufmerksam, als Dieter Wagner seine Telefonate beendet hatte, „kann sein, dass ich weiß, wo sie ihren Vater gefangen halten. Na ja, ist zwar nur eine Vermutung, aber ...“
„Ich höre!“, unterbrach Dieter Wagner eilig.
„Also, wie gesagt, ist nur so eine Vermutung. Aber Gilberto spielt doch in so einer Band. Und die haben irgendwo einen Übungsraum in einem Bunker, das hat mir jedenfalls die Nachbarin erzählt. So ein Raum wäre doch ideal, um jemanden einzusperren. Quasi schalldicht versiegelt und so weiter. Doch der Einzige, der mir einfällt, um uns weiterzuhelfen, wäre Gils Freund Linus Stranz in Dänemark oder Schweden. Aber um diese Uhrzeit? Ich weiß nicht.“
Die fieberhafte Suche nach Toupet-Fornet
Kurz darauf griff Schmidt-Schmitt ins Handschuhfach, ließ surrend die Scheibe herab und platzierte das magnetische Blaulicht auf dem Dach des Fahrzeugs. In der Tat hatten sie einen ebenso verschlafenen wie überraschten Linus Stranz an die Strippe bekommen und den Standort des Bunkers erfahren.
Doch Herr Schweitzer hatte noch eine andere Idee, die er aber für sich behielt. Schließlich hatte er sich über die Jahre einen imposanten Ruf hinsichtlich akribischer Detektivarbeit erworben, den er nicht leichtfertig mit einer unbedachten, weil nicht ganz koscheren Vermutung aufs Spiel zu setzen gedachte.
Als der schwarze BMW am oberen Teil der Hofheimer Elisabethenstraße vorbeifuhr, sagte er schnell: „Jungs, lasst mich hier raus, bitte. Mir fällt gerade ein, dass mein Taxifahrer unten am Parkplatz noch auf mich wartet. Hätte ich fast vergessen, den armen Kerl. So einen Bunker werdet ihr auch ohne mich durchkämmen können.“
Wagner sah Schmidt-Schmitt an, der bloß abwehrend die Hände erhob. „Gut, wie Sie wollen. Wir sehen uns ja noch. Ich ruf Sie an, sobald wir Kuno Fornet befreit haben und, oder die restlichen Familienmitglieder dingfest gemacht haben. Bin gespannt, ob das auch alles zutrifft.“
„Okay, bis später“, verabschiedete sich Herr Schweitzer. Obendrein war er froh, nicht mit diesen forschen Polizisten über die Autobahn zurückdüsen zu müssen. Geschwindigkeiten über 200 km/h waren Gift für sein Gemüt. Und sein Herz. Und sein Nervenkostüm.
Sein Fahrer, der gerade in einem Buch las, erschrak heftig, als er sachte die Tür öffnete.
„Oh, Sie schon wieder“, begrüßte er Herrn Schweitzer. „Hätte fast nicht mehr mit Ihnen gerechnet. Haben die Terroristen sich wenigstens über die Schalldämpfer gefreut?“
„Ja, das auch. Aber den Koffer mit den fünf Millionen habe ich hinten im Wald gelassen. Der war mir zu schwer.“
„Das ist gut. Vielleicht findet ihn ja jemand, der’s echt nötig hat.“
Der Fahrer legte ein Lesezeichen ins Buch und klappte es zu. „Wieder zurück an den Henninger-Turm? Ich darf Sie daran erinnern, dass dort noch Ihr Wagen steht.“
„Stimmt. Aber fahren Sie lieber gleich in den Anton-Burger-Weg. Kann sein, dass ich dort noch eine Geisel zu befreien habe, bevor ich mich schlafen lege.“
„Gebongt. Sie scheinen ja ein echt interessantes Leben zu führen“, sagte der Fahrer, als er den Parkplatz verließ. „Darf ich fragen, wie man Waffenhändler wird?“
„Ach, lassen Sie lieber die Finger davon. Ist auch nicht mehr so wie früher. Seit die Russen den Markt überschwemmen, sind die Preise ganz schön in den Keller gestürzt. Ich bin froh, wenn ich noch die monatlichen Kosten für meine Yacht in Monaco aufbringen kann.“
„So arg? Gut, dann überleg ich’s mir noch einmal.“
Diesmal wurden sie von Sibelius begleitet.
„Der Rest ist für Sie. Aber eine Quittung brauche ich noch. Sie wissen ja, die vom Finanzamt sind noch krimineller als wir ehrbaren Waffenhändler.“
Diesmal kam der Fahrer nicht umhin zu lachen. „Hier haben Sie mein Kärtchen, wenn Sie mal wieder ein Taxi brauchen.“
„Danke. Schönen Feierabend.“
So, dachte Herr Schweitzer, als er vor dem Haus der Stranzens stand, rechts oder links? Er hatte die nette Nachbarin ja nicht beobachtet, in welche Richtung sie damals nach dem Leeren des Briefkastens gegangen war. Und wenn, dann hatte er es vergessen. Er schaute auf seine
Weitere Kostenlose Bücher