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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Briefs, der mich gestern
Abend so geschockt hatte. Und im Moment war ich sehr froh darüber.
    »Hier sind deine Sachen aus dem
Untersuchungsgefängnis, sie wurden heute früh abgeliefert.« Damit drückte sie mir
einen großen blauen Plastikbeutel in die Hand. »Wie gesagt, du brauchst jetzt Ruhe.
Möglichst keinen Besuch – außer Hanna natürlich.« Sie lächelte. »Benno wollte etwas
von dir, es sei eilig. Ich habe gesagt, er soll anrufen, nicht herkommen.« Dann
verließ sie das Zimmer.
    Ich war überzeugt, dass mich jemand
in die Knie zwingen wollte. Auf seine eigene, perfide Weise. Um dem zu widerstehen,
würde ich viel innere Stärke brauchen. Und starke Freunde. Zu viert würden wir es
schaffen. Ich beschloss, mir zwei Tage Ruhe zu gönnen und anschließend aktiv zu
werden.
     
    *
     
    Der hagere Mann lief durch die Einkaufszone in der Schillerstraße.
Er hatte nicht genug Geld, um sich etwas Schönes zu kaufen. Es reichte gerade so
zum Leben. Als er an einem Zeitungskiosk gedankenverloren durch die Tageszeitungen
blätterte, fiel ihm eine Todesanzeige ins Auge: ›Claudia Holzgrewe. Sie war noch
zu jung, um diese Welt zu verlassen‹ hieß es da. Er kannte das Geburtsdatum. Und
er kannte die Adresse der Eltern, die die Anzeige aufgegeben hatten: Bodelschwinghstraße
8. Claudia, seine ehemalige Klassenkameradin.
    Wie in Trance setzte er sich, ohne
die Zeitung zu bezahlen, auf eine Bank neben dem Kiosk. Niemand beschwerte sich.
    Claudia war seine Jugendfreundin.
Er hatte sie sehr gemocht. Besser gesagt: Er war in sie verknallt gewesen. Wie das
mit 15 Jahren so ist. In der Schule saß er neben ihr, so oft es ging, meist nannte
er sie Claudi.
    Eines Tages blieb ihr Platz leer.
Ihre Eltern hatten am Vortag einen Ausreiseantrag gestellt. Seitdem blieb die Familie
Holzgrewe verschwunden. Auch ihre Schwester, die zwei Klassen tiefer war, tauchte
nie wieder auf. Und nicht nur das – ihre Namen wurden aus dem Alltag gelöscht, so
als hätten sie nie existiert, keiner durfte sie mehr aussprechen. Sein Vater schärfte
ihm das ein, immer und immer wieder. Seitdem hatte er sich nie wieder getraut, den
Namen Claudia Holzgrewe in den Mund zu nehmen.
    ›Es war ihre eigene Entscheidung‹
stand in der Todesanzeige. Ihre Beerdigung sollte am nächsten Montag in Frankfurt
am Main stattfinden. Offensichtlich hatte sie dort zuletzt gewohnt. Er beschloss,
ihr zum letzten Mal die Reverenz zu erweisen.
    »Claudia Holzgrewe«, murmelte er
vor sich hin. Dann wurde er lauter: »Claudia Holzgrewe!« Er genoss es, ihren Namen
in die Öffentlichkeit zu werfen, mitten hinein in die Menschen, die vorüberliefen,
schließlich schrie er sogar durch die Fußgängerzone. »Claudia Holzgrewe!« Wieder
und wieder. Immer lauter. Bis ein Streifenpolizist vorbeikam und ihn fragte, was
das soll. Er erzählte aufgeregt, was mit Claudia passiert war. Daraufhin erklärte
der Polizist, er solle ruhig weitermachen.
    »Das war ein Verbrecherstaat!«,
rief er dem grün Uniformierten hinterher. Dieser nickte. Es gab Zeiten, da hätte
ein Polizist bei diesem Ausspruch mitten in der Schillerstraße in Weimar anders
reagiert.
     
    *
     
    Nach dem Mittagessen, das zwar kein Feinschmeckermenü war, jedoch um
Klassen besser als das Essen im Untersuchungsgefängnis, fiel ich in einen tiefen
Schlaf. Gegen 15 Uhr weckte mich das Telefon.
    »Na, Junge, wieder fit?«, fragte
Benno.
    » Fit wäre wohl übertrieben,
aber es wird schon …«
    »Ich habe Hanna angerufen.«
    »Was?«
    »Ich weiß, du wolltest das nicht,
aber sie muss doch wissen, was mit dir los ist. Ich habe sowieso nur ihren Anrufbeantworter
erreicht. Immerhin konnte ich eine gute und eine schlechte Nachricht hinterlassen.
Untersuchungshaft beendet und Ellenbogen gebrochen.«
    Ich brummelte irgendetwas Unverständliches
in den Hörer.
    »Nun sei nicht sauer. Sie hat ein
Recht, das zu erfahren.«
    »Na gut«, erwiderte ich, »wahrscheinlich
hört sie es sowieso erst heute Abend nach dem Kurs ab.«
    »Ich habe übrigens nach BB618c geforscht.«
Der Kerl wusste schon, wie er mich von einem unliebsamen Thema ablenken konnte.
    »Ja, und?«, fragte ich gespannt.
    »Bei Google gibt es 16 Einträge,
die nach einer Spur aussehen, der Rest ist Datenmüll. Davon beziehen sich 14 auf
technische Formeln, Hexadezimalcodes und Ähnliches, also ohne Belang für uns. Zwei
beziehen sich auf Bilddatenbanken, führen also direkt zu einem bestimmten Bild.«
    Meine Anspannung stieg.
    »Das eine Bild zeigt ein Fenster
der

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