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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Schlafzimmer
und folgte den Anweisungen. Dabei sprach sie mit ihrer Mutter, ohne Unterlass, um
sie an sich zu binden und sie nicht loslassen zu müssen. Kurz darauf klingelte es.
Dr. Gründlich stand bereits vor der Tür, er schien in der Nähe zu wohnen. Jetzt
fiel Hanna auch wieder ein, dass dies der Grund dafür war, dass ihre Mutter den
Arzt gewechselt hatte. Dr. Gründlich wohnte direkt um die Ecke im Silberblick. Er
stürmte herein, hielt seine Arzttasche unter den Arm geklemmt und hatte sich offensichtlich
nur einen Mantel über den Schlafanzug geworfen. Anerkennend nickte er ihr zu, nachdem
er die korrekte Ausführung seiner Anweisungen kontrolliert hatte. Sofort horchte
er Hannas Mutter ab und maß den Blutdruck, behielt dabei sogar den Mantel an. Sein
Gesicht wirkte schmal und spitz. Dann gab er ihr eine Spritze.
    Karola kam die Treppe herunter,
offensichtlich hatte sie die Klingel gehört. »Was ist denn los?«
    »Mutter …« Mehr brachte Hanna nicht
heraus. Karola nahm sie stumm in den Arm.
    »Hallo, Frau Büchler, ich bin’s,
Dr. Gründlich!«
    Es dauerte ein paar Minuten, bis
die Mutter sich regte. »Was, was … ist passiert?«, murmelte sie mühsam.
    »Sie hatten einen kleinen Kreislaufkollaps«,
erklärte der Arzt, »so etwas passiert schon mal am frühen Morgen. Aber das wird
wieder. Ihr Blutdruck war total am Boden.«
    Hanna nahm die Hand ihrer Mutter.
    »Eigentlich müsste ich Sie ins Krankenhaus
einweisen«, meinte Dr. Gründlich.
    »Nein, nein«, sagte Frau Büchler
mit schwacher Stimme, »alles – nur nicht ins Krankenhaus!«
    Der Arzt nickte. Er schien seine
Patientin zu verstehen, die in den vergangenen Jahren zu viel Zeit in Krankenhäusern
zugebracht hatte.
    »Gut, Ihre Tochter kennt sich ja
mit Medikamenten aus, ich gebe ihr ein Rezept und genaue Anweisungen.«
    »Danke, Herr Doktor!«
    Während Karola im Schlafzimmer blieb,
nahm Hanna im Flur das Rezept entgegen, stellte noch einige Fragen und bedankte
sich für die rasche Betreuung ihrer Mutter.
    »Sie können mich jederzeit anrufen!«,
sagte Dr. Gründlich, bevor er die Haustür schloss.
    Als Hanna ins Schlafzimmer zurückkam,
war ihre Mutter wieder eingeschlafen. Karola stand an der Wand. Sie nahm Hanna das
Rezept aus der Hand und betrachtete es prüfend. »Das ist also Mutters neuer Hausarzt.
Dr. Gregor Gründlich.«
     
    *
     
    Der hagere Mann lief, von Weimar kommend, immer an der Ilm entlang.
Seine Beine steckten in engen Laufhosen und waren dünn. Dennoch machte er einen
durchtrainierten Eindruck. Seine Jacke war mausgrau, die Schuhe sahen verschlissen
aus. Als er Tiefurt passiert hatte, blieb er kurz dort stehen, wo sich die Ilm teilte,
an einer unübersichtlichen, stark bewachsenen Stelle, an der man einen Körper leicht
einen rutschigen Abhang hinunter in die Ilm gleiten lassen konnte. Er lächelte.
Dann lief er weiter und erreichte Kromsdorf, einen kleinen, traditionsreichen Ort
östlich von Weimar. Der Mann passierte den Sportplatz, wandte sich nach links vom
Fluss ab, lief ein kurzes Stück die Straße entlang Richtung Schloss und bog rechts
ab in die Felder. Niemand beachtete ihn, so wie immer, wenn er hier lief. Er beschleunigte
den Bärenhügel hinauf. An dieser Stelle hatte man einen schönen Blick über das Ilmtal
und auf die Mühle in Denstedt, wo am vergangenen Samstag, vor fast einer Woche,
frühmorgens die Leiche von Fedor Balow gefunden worden war. Er nickte zufrieden
und kehrte um.
     
    *
     
    Hanna und Karola saßen in der Küche und tranken Kaffee. Draußen war
es inzwischen hell geworden, die Vögel sangen, es schien ein wunderschöner Spätsommertag
zu werden.
    »Was ist los mit Mutter?«, fragte
Karola. »Das kommt doch nicht nur vom Tod deines Vaters, oder?«
    Hanna hob den Kopf. »Ich habe vor
ein paar Tagen ihre Krankenkassenunterlagen durchgesehen, weil ich eine Bescheinigung
suchte. Dabei habe ich es gefunden.« Sie schluckte.
    »Was hast du gefunden?« Karolas
Stimme klang hart.
    »Den Befund aus dem Krankenhaus.
Mutter ist sehr krank.«
    Karola sah sie konsterniert an:
»Scheiße!«
    »Ja, kann man so sagen. Sie hat
Lungenkrebs. Wahrscheinlich war sie so mit Vater beschäftigt, dass sie nie an ihre
eigene Gesundheit gedacht hat.«
    »Verdammte Scheiße!«
    »Sie wollte es niemandem sagen,
noch nicht einmal mir. Und ich wollte das respektieren. Deshalb habe ich dir zunächst
nichts gesagt. Aber so geht es nicht weiter, du bist ihre Tochter, du musst es wissen.«
    Karola sagte einen Moment

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