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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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bewusst, dass die Polizeimaschinerie bereits angelaufen
war und am Montag auf Hochtouren kommen würde. Sie konnte sich nicht sicher fühlen.
Und sie wusste, dass auch Hendrik sich nicht sicher fühlen würde, obwohl er zunächst
in Freiheit war. Seltsamerweise dachte sie ganz nüchtern über ihn nach, so, als
seien sie Leidensgenossen, Mitglieder einer verbotenen Partei, Angehörige der Resistance
oder einer gefährdeten Rasse, um die sich niemand kümmerte. Mehr verband sie nicht.
Nicht mehr.
    Am Samstagabend rief Cindy an, sie
war zurück in Weimar und wollte mit ihren Studenten in die Brasserie am Rollplatz
auf ein Abschlussbier. Währenddessen sah sich Hanna im Fernsehen einen Liebesfilm
an, ohne sich wirklich darauf konzentrieren zu können. Am Ende hätte sie noch nicht
einmal die Handlung wiedergeben können. Sie döste auf der Couch vor sich hin. Als
spät in der Nacht ein Thüringen-Journal kam, in dem von einem spektakulären Selbstmord
in Weimar berichtet wurde, horchte sie auf. Ein Mann hatte sich in der Bahnunterführung
zwischen Kromsdorf und Weimar-Nord erhängt. Als ein Autofahrer kurz danach durch
den Tunnel fuhr, hing der leblose Körper plötzlich vor seinem Auto. Er konnte nicht
mehr rechtzeitig bremsen und streifte ihn, der Fahrer erlitt einen Schock. Nach
den Nachrichten folgte ein alter Western mit John Wayne, der Hanna halbwegs wach
hielt. Manchmal vermischten sich Realität und Fiktion. John Wayne schlug zornig
eine Tür zu, die sich anhörte wie eine deutsche Wohnungstür.
    Plötzlich stand Cindy vor ihr. Hanna
sah auf die Uhr: Viertel nach eins. Zu ihrer Überraschung machte Cindy einen sehr
ernsten Eindruck. Sie hatte noch nicht einmal ihre Handtasche abgestellt, als sie
schon fragte: »Was ist mit dem Hendrik los?«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Well, du klingelst mitten in der
Nacht bei mir, das muss etwas Wichtiges sein, was ist mit diesem Kerl?«
    »Du hast recht, es hat mit Hendrik
zu tun, aber das ist eine lange Geschichte, du bist sicher müde …«
    »Ich bin nicht müde, ich will wissen,
was los ist, komm, wir trinken erst mal einen Piccolo!«
    »Also gut«, antwortete Hanna. Sie
setzten sich in die Küche. Leider fand sich kein Piccolo mehr, auch kein Wein oder
Bier, nur noch eine halbe Flasche Whiskey. Hanna mochte den Geruch eigentlich nicht
und hatte bislang nie Whiskey getrunken, doch im Moment war ihr das egal. Sie kippte
ihn hinunter und schüttelte sich.
    Dann erzählte sie die ganze Geschichte,
von dem Toten an der Denstedter Mühle, von Hendriks Festnahme, dem Mordverdacht,
seinen Erlebnissen während der Untersuchungshaft, von dem Kassiber und dem Mann
im grünen Hemd, Hendriks Unfall in der Dusche, bis hin zum Krankenhausaufenthalt
und dem missglückten Heiratsantrag.
    Cindy hörte aufmerksam zu. Als Hanna
zu Ende gesprochen hatte, schüttelte sie ungläubig den Kopf. »Das passt ja zu dem,
was heute Abend passiert ist.«
    Hanna sah sie erstaunt an. »Heute
Abend?«
    »Ja, wir waren drinnen in der Brasserie,
weil es inzwischen etwas kühl geworden war, draußen saßen noch drei Männer in grünen
Hemden, so ungefähr Mitternacht war das, plötzlich stürmt der Hendrik aus seinem
Haus nebenan und … wie sagt man, pöbelen?«
    Hanna riss die Augen auf: »Pöbeln?«
    »Ja, genau, er pöbelt herum, schreit
die Männer an, sie sollen verschwinden und ihn endlich in Ruhe lassen, also wirklich
– das war shocking!« Immer, wenn Cindy aufgeregt war, fielen ihr die passenden deutschen
Worte nicht mehr ein. »Die drei haben ja gar nichts gemacht, nur dagesessen und
Bier getrunken, keinen Lärm gemacht und gar nichts!«
    »Und dann?«
    »Dann ging Thomas von der Brasserie
hinaus und versuchte, Hendrik zu beruhigen, die beiden Kerle kennen sich ja gut,
aber es funktionierte nicht. Bis Benno dazukam.«
    »Benno? Wo kam der denn her?«
    »Bin nicht sicher, wohl aus Hendriks
Haus.«
    »Und dann hat sich Hendrik beruhigt?«
    »Ja, aber nur mit viel Zureden.
Ich habe dann mit den drei Männern gesprochen, die wollten Hendrik nämlich anzeigen.«
    »Nein!«, entfuhr es Hanna.
    »Ja, ja, aber einen von denen kenne
ich, habe ihn gebeten, das Ganze zu vergessen, habe gesagt, Hendrik ist gestresst
und so weiter …«
    »Danke, Cindy!« Hanna schluckte.
Cindy schenkte ihr noch einen Whiskey ein, den sie in einem Schluck hinuntergoss.
Langsam gewöhnte sie sich an den Geschmack. »Und du meinst, der Typ, den du kennst
…«
    »Rico?«
    »Ja, ich meine, wird er wirklich
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