Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
Vom Netzwerk:
»Ich
habe im Zug mehrmals den Kassiber-Text gelesen, habt ihr versucht, ihn zu analysieren?«
    »Ja, haben wir, Benno und ich, mit
viel Mühe.« Ich gab Benno ein Zeichen weiterzusprechen.
    Er nickte mir zu. »Wir sind zu der
Erkenntnis gekommen, dass es irgendetwas mit Goethe zu tun haben muss.«
    »Mit Goethe?«, fragte Sophie.
    »Ja, ›Seine Lieben gehen vor‹ heißt
es da, aber wer ist Er , dessen Lieben hier angesprochen werden? Zuvor steht
›wie ein Tor‹, ein Zitat aus Faust. Goethe ist ja Hendriks Spezialgebiet, also denken
wir, es hat damit zu tun. Mehr haben wir noch nicht herausgefunden.«
    Pepe brachte Grappa, Averna und
Espresso.
    »Irgendwie bin ich nicht klargekommen
mit dem altertümlichen Satzbau«, sagte Richard Volk nachdenklich, »mit diesen Torheiten,
Vorlieben und Frauentänzen, aber gut, ich bin ja kein Literaturexperte.«
    »Moment!«, rief ich aus. »Was hast
du eben gesagt?«
    »Dass ich mich mit dem altertümlichen
Satzbau nicht auskenne …«
    Ich wurde immer nervöser. »Nein,
nein, weiter …«
    »Die Torheiten und die Lieben, die
vorgehen …«
    »Nein, du hast ein anderes Wort
benutzt!«
    »Er sagte ›Torheiten‹ und ›Vorlieben‹«,
meinte Hanna.
    »Stimmt, Vorlieben ! Wenn
nun der Ausdruck ›seine Lieben gehen vor‹ gar nichts mit Goethes Liebschaften zu
tun hat? Das gefiel mir sowieso nicht, ist zu profan, zu oft beschrieben und besprochen,
wenn es stattdessen um seine Vorlieben geht, die anderen Vorlieben, die nicht direkt
mit der Dichtkunst zu tun haben, Malerei, Bergbau, Farbenlehre, Flora und Fauna
…«
    »Gesteinskunde?«, warf Hanna ein.
    Ich sah sie entgeistert an. »Wie
kommst du jetzt darauf?«
    »Wegen des Frauenstein, ich habe
da mal recherchiert …« Sie hob entschuldigend die Arme.
    »Ja, weiter bitte!« Ich war jetzt
total aufgeregt.
    »Der Amazonit wird als ›Frauenstein‹
bezeichnet, weil Alexander Humboldt vermutete, es sei ein Stein aus dem Land der
Amazonen. Später wurde er aber auch in Böhmen und im Harz gefunden. Heute ein gebräuchlicher
Schmuckstein und – angeblich – ein Heilstein – na ja, darüber kann man diskutieren.«
    Pepes Restaurant hatte etwas Spezielles
an sich. Hier flossen die Gedanken, die unser einziges, wirkliches Eigentum waren,
hier herrschte eine Stimmung der gemeinsamen Erkenntnis. Hier hatten wir vor sechs
Jahren im Fall Goetheruh schon entscheidende Zusammenhänge gefunden.
    »Gesteinskunde, Humboldt, Böhmen,
Harz – das passt alles zusammen, das passt alles zu Goethe!« Ich schüttelte fast
ungläubig den Kopf.
    »Bringt uns das denn weiter?«, wollte
Sophie wissen. Berechtigte Frage.
    »Na ja«, antwortete ich, »nicht
direkt, aber zumindest haben wir offensichtlich einen großen Teil des Kassibers
entschlüsselt. Nur das Wichtigste fehlt noch: Wer ist BB618c?«
     
    *
     
    Der hagere Mann saß in seiner leeren Wohnung im Weimarer Norden. Da
er keinen Stuhl mehr hatte, saß er auf einem Stapel leerer Raviolidosen. Leider
konnte er sie nicht säubern, da man ihm das Wasser abgestellt hatte, so stanken
die Dosen ausdauernd vor sich hin. Er hatte sich daran gewöhnt. Er öffnete das Spanngummi
seines kleinen, schwarzen Notizbuchs. Inzwischen hatte er drei Namen gestrichen.
Balow, Gegenroth und Baumert. Daniel Baumert hatte er erst nachträglich der Liste
hinzugefügt und kurz danach bereits streichen können. Zwei Bestrafungen standen
noch aus. Um Jasmin Birken machte er sich keine großen Gedanken. Sie war die Letzte
auf der Liste, für sie hatte er sich schon eine adäquate Bestrafung ausgedacht.
Passend zu ihren Verfehlungen. Nur Hendrik Wilmut bereitete ihm etwas Sorgen. Wilmut
hatte ihm damals Hoffnungen gemacht, die dann zerstoben wie Staub im Wind. Er hatte
Wilmut auch Grund zur Hoffnung gegeben, eine kleine, weit entfernt liegende Oase
der Rettung, die unerreichbar war. Er wusste, dass Hendrik Wilmut clever war, der
schmale, schlaksige Mann, der beim Gehen immer so komisch mit dem linken Arm schlenkerte.
Nun mit dem Gipsarm erst recht. Aber Wilmut würde niemals besser sein als er selbst.
Und wenn sein ursprünglicher Plan tatsächlich schiefgehen sollte, gab es immer noch
die harte Lösung. Nur im Notfall. Er hasste es, einen Plan aufzugeben oder zu ändern.
Es klingelte. Jürgen stand vor der Tür mit einem Kasten Ehringsdorfer und zwei Flaschen
Aro. Der hagere Mann erhob sich und folgte Jürgen in seine Wohnung.
     
    *
     
    Dr. Franke hatte sich bereit erklärt, KHK Volk zum Bahnhof zu

Weitere Kostenlose Bücher