Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut
Leider
wurde die Planstelle gestrichen, und dem Kollegen vom LKA traue ich nicht. Im Übrigen
hat er sowieso nie Zeit für uns, die LKA-Fälle sind natürlich alle wichtiger.«
»Außerdem sind alle drei Morde auf
ganz unterschiedliche Weise begangen worden, da erkennt man ja überhaupt kein Muster.«
»Stimmt. Aber vielleicht ist genau
das der Kernpunkt.«
Bevor ich darüber nachdenken konnte,
klingelte mein graues Handy. Es war Hanna. Dr. Gründlich war gerade bei ihrer Mutter
gewesen. Als er sie untersuchte, hat sie zufällig in seine Arzttasche gesehen. Viele
Päckchen Insulin. Mehr, als er für eine übliche Runde von Hausbesuchen brauchte.
Ich fragte sofort, ob die Menge reichen würde, um einen Menschen damit zu töten.
Ganz sicher, sagte Hanna. Außerdem sei Karola verschwunden. Ich versuchte, Hanna
damit zu beruhigen, dass ich Karola selbst zum Spaziergang überredet hatte. Doch
auch das half nicht, denn Karola hatte ihre Reisetasche mitgenommen. Im Übrigen
lag eine Nachricht von ihr auf dem Küchentisch: ›Muss ihn unbedingt sehen, bin bald
zurück!‹ Hanna hatte keine Ahnung, wen Karola unbedingt sehen musste. Ich versuchte
erneut, sie zu beruhigen, und versprach ihr, mit Siggi darüber zu reden. Im Moment
konnte sie selbst auch gar nichts tun, sie musste bei ihrer Mutter bleiben. Und
schließlich war Karola eine selbstständige, erwachsene Frau.
Kaum hatte ich Siggi davon berichtet,
klingelte sein Mobiltelefon. Es war Kriminalrat Lehnert. Siggi hörte zu, unterbrach
ihn nicht, machte nur ab und zu »Hmm« oder »Aha«.
Er legte auf, und sein Blick verriet
nichts Gutes. »Hendrik, ich sagte ja bereits, die Sache ist noch nicht ausgestanden.
Du bist angezeigt worden wegen des tätlichen Angriffs auf die drei jungen Männer
Samstagnacht in der Brasserie!«
»Mist!«
»Allerdings!«
»Hanna und Cindy haben doch mit
Rico Grüner gesprochen, er hat uns zugesichert, dass er mich nicht anzeigen würde.«
»Es war nicht Rico Grüner.«
»Wer dann?«
»Das darf ich dir nicht sagen.«
»Na komm, Siggi …«
Er unterbrach mich sofort. »Hendrik,
wenn ich mir auch nur den geringsten Fehler erlaube, nimmt mir Lehnert den Fall
wieder weg, und damit ist dir bestimmt nicht gedient, also lass den Unsinn, bitte!«
Ich kniff die Lippen zusammen. »Okay,
du hast ja recht.«
»Um Karola kann ich mich leider
nicht kümmern, ich muss mich voll auf die SOKO Tiefurt konzentrieren. Aber ich informiere
einen zuverlässigen Kollegen. Um die Anzeige gegen dich kümmere ich mich selbst,
halt dich da bitte raus. Du musst den Mörder finden.«
»Ich? Den Mörder finden?«
»Ja, zumindest seine Identität:
BB618c.«
Ich überlegte. »Morgen um 11 Uhr
muss ich unbedingt in die Bibliothek, eine wichtige Sitzung mit unserem Direktor.«
»Na gut, dann geh in deine Sitzung.
Aber denk bitte nach, verstehst du – denk nach! Such im Internet, frag deine Kollegen
oder andere Experten. Und überleg, wie der Mörder an die Informationen über dich
und dein Umfeld gekommen sein könnte. Auch das Wissen über Goethe muss er sich angeeignet
haben, so etwas weiß ja nicht jeder. Vorausgesetzt, eure Vermutung bezüglich Goethe
stimmt. Bleib dran, Hendrik, bevor wir ihn nicht haben, wirst auch du keine Ruhe
finden!«
Ich nickte.
Ȇbrigens, ich soll dir von Kriminalrat
Lehnert etwas Persönliches ausrichten …«
Ich sah ihn überrascht an.
»Das mit dem Insulin …«, begann
Siggi.
»Ja?«
»… das ist heikel. Die Rechtsmediziner
können es nur unter speziellen Bedingungen nachweisen. Sehr schwierige Situation.
Außerhalb der Polizeibehörden soll das niemand wissen. Zu gefährlich … Mörder und
Selbstmörder suchen solche Substanzen.«
»Verstehe. Und jetzt bittet Lehnert
mich, das geheim zu halten, oder wie?«
»Genau. Er vertraut dir.«
»Er vertraut mir ?«
»Ja.«
»Interessant …«
»Er vertraut uns beiden. Und – geht
das klar?«
»Natürlich. Geht klar.«
»Gut. Ich muss jetzt mal zu Ella,
die weiß bald nicht mehr, wie ich aussehe.«
»Geht auch klar!«
Er lächelte. »Apropos Rechtsmedizin
– ich habe morgen früh um 9 Uhr einen Termin mit Professor Schymski von der Rechtsmedizin
der Uni Jena. Es geht um die Todesursachen bei Baumert und insbesondere bei Gegenroth.
Kannst du mitkommen?«
»Ich? Wozu?«
»Nun, wir beide sind eine gutes
Team. Zusammen können wir besser überlegen, kombinieren, Brainstorming, einfach
mal rumspinnen, du weißt schon, wie damals …«
»Wenn wir bis 11 Uhr zurück in
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