Goetheruh
historisches Zeichen verstanden und hat ihn Jens quasi feierlich vererbt. Jens hat den Schlüssel ausprobiert und auch tatsächlich benutzt. Allerdings in einer unlauteren Art und Weise, beeinflusst von der Sympathie für seinen Großvater, der Reinkarnationstheorie seiner Mutter und … natürlich stark beeinflusst von seinem eigenen geistigen Zerfall.«
»Hmm«, gab Siggi von sich. »Du willst damit sagen, er hat ihn dann im vermeintlichen Sinne Goethes benutzt, um seine persönlichen Gegenstände an sich zu bringen?«
»Richtig!«
»Unglaublich …«
»Ja, irgendwie schon, aber im wahren Leben gibt es manchmal Dinge, die würde dir keiner glauben, wenn du sie niederschreibst, sodass dir nichts anderes übrigbleibt, als sie offiziell der Fiktion zu übergeben.«
Siggi starrte mich verwirrt an.
Benno steckte den Kopf zur Tür herein: »Wo bleibt ihr denn?«
»Wir kommen!«, rief ich.
Peter Gärtner schien immer noch nicht von meiner Theorie überzeugt zu sein. »Herr Kriminalrat, wie ist Ihre Meinung?«
Göschke richtete sich auf. »Gut, meine Herren – Entschuldigung, Damen und Herren – der Bericht des Psychologen hat ein weiteres Detail erbracht, das die Täterschaft von Jens Gensing unterstützt, er wird ja auch bereits gesucht. Doch mit dieser Entführungstheorie … das gefällt mir nicht. Gibt es keinen Hinweis auf den Verbleib von Cindy Valentine?«
Siggi schüttelte den Kopf: »Nein, nichts – rein gar nichts!«
»Na schön«, meinte Benno, »dann stellen wir das Thema Cindy Valentine erst mal zurück und machen weiter mit dem Status Goethemuseum. Herr Wenzel, bitte!«
Martin Wenzel erhob sich: »Das Goethemuseum, das Goethehaus und die beiden angrenzenden Häuser bis zum Coudray’schen Torhaus am Wielandplatz wurden hermetisch abgeriegelt. Wir haben für alle genannten Gebäude eine zusätzliche Alarmanlage mit einer USV installieren lassen, und …«
»Moment bitte«, unterbrach Benno, »was ist eine USV?«
»Eine Unabhängige Stromversorgung. Die stellt sicher, dass die Alarmanlage funktioniert, falls die gebäudeeigene Stromversorgung ausfallen sollte. Die ominöse Kellertür des Goethehauses wurde zubetoniert. Der Publikumsbetrieb wurde wie beschlossen eingestellt und ungefähr 40 extrem wertvolle Gegenstände wurden in Tresoren verstaut.«
Mitten in Wenzels Bericht kam Bennos Sekretärin herein und bat mich mit einem Handzeichen ans Telefon. Ich wollte Martin Wenzel nicht unterbrechen und bat Hanna meinerseits mit einem Handzeichen, dass sie das Gespräch für mich entgegennehmen solle. Sie ging hinaus, während Wenzel weitersprach und wir seinen Bericht diskutierten.
»Jeden Tag wird der gesamte Bestand zweimal exakt kontrolliert«, fuhr Wenzel fort, »seit dem Beginn dieser Maßnahmen ist kein Gegenstand mehr aus dem Goethehaus oder dem Museum verschwunden.«
Nach fünf Minuten kam Hanna wieder. Sie gab mir zu verstehen, dass es eine wichtige Neuigkeit gab.
»Meine Herren«, unterbrach ich lautstark die allgemeine Diskussion, »Frau Büchler hat eine neue Information!«
Benno gab ihr ein Zeichen zu sprechen.
»Nun …«, sie räusperte sich, »ich habe eben mit Frau Doktor Schlippsack gesprochen. Sie ist die Ärztin von Jens Gensing und hat dessen Akte erneut durchgesehen. Dabei fand sie die Notiz eines Kollegen, er heißt Dr. Wagen…«
»Wagenknecht!«, ergänzte ich.
»Danke, Hendrik. Diese Notiz berichtet von einer Art sexueller Vision, die aber nur so weit führte, dass er eine natürliche, lustige Frau mit weiblicher Figur«, sie blickte in die Runde, »die Einzelheiten können wir uns ersparen – dass er diese Frau in seine Nähe bringen wollte. Er hat sie aber nie angefasst oder gar vergewaltigt!«
Erleichterung machte sich in den Gesichtern breit.
»Danke, Hanna!«, sagte Benno.
»Passt diese Beschreibung auf Cindy Valentine?«, fragte Göschke.
Natürlich passte sie, für uns alle, die wir Cindy kannten, war das völlig klar. Ein weiteres wichtiges Puzzleteil.
»Ja, die Beschreibung passt genau«, bestätigte Hanna.
Siggi und Göschke sahen sich an und nickten sich zu.
»Alle Polizeibeamten gehen unverzüglich an die Arbeit«, befahl der Kriminalrat, »absolute Priorität hat nun die Suche nach Cindy Valentine. Alle anderen können hier bleiben, danke, meine Herren!«
Die Polizisten verließen den Raum, auch der OB und Martin Wenzel hatten zu tun. Nur Benno, Onkel Leo, Hanna und ich blieben zurück.
»Wir wissen nichts«, murmelte Benno deprimiert, »wir
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