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Goetheruh

Goetheruh

Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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Sie wurde aus dem sogenannten Sammlungsschrank entwendet, und ist circa 15 Zentimeter hoch. Der Verlust wurde erst gestern früh kurz nach der Öffnung des Museums bemerkt, exakt um 10.09 Uhr. Da bis zu diesem Zeitpunkt kein Besucher das Museum betreten hatte, kann der Diebstahl nur am Vortag stattgefunden haben.«
    Ich wollte etwas fragen, doch Benno bat mich, mit einem Handzeichen, bis zum Ende seiner Einführung zu warten.
    »Herr Wenzel war sofort zur Stelle, kurz danach Hauptkommissar Dorst und sein Team. Kommissar Hermann wird uns gleich über die letzten Ergebnisse der Spurensicherung informieren.«
    Hermann pflichtete Benno mit einer Geste bei.
    »Gleichzeitig führte Hauptkommissar Dorst mit seinen Kollegen eine Wohnungsdurchsuchung bei Oliver Held durch. Bei dieser Gelegenheit unseren Dank an den Kriminalrat, der auf unbürokratische Weise die Soko JWG auf zehn Personen vergrößert hat!«
    Göschke lächelte jovial in die Runde, und ich vermutete, dass ihn jemand heftig zu dieser unbürokratischen Handlungsweise animiert haben musste, wahrscheinlich der Oberbürgermeister höchst persönlich.
    »Bei der Wohnungsdurchsuchung konnten leider keine belastenden Beweise gefunden werden, sodass der Haftrichter Oliver Held freilassen musste. Er wurde gestern Abend gegen Auflagen entlassen.«
    Ich sah Siggi überrascht an. Sein Blick schien mir zu sagen: ›So ist das eben in einem Rechtsstaat.‹
    »Sein Alibi für zwei der Raubtermine in Weimar ist allerdings sehr dürftig«, fuhr Benno fort, »hier besteht also weiterhin Klärungsbedarf. Hauptkommissar Dorst und sein Team arbeiten daran. Held ist heute Nachmittag zu einer weiteren Vernehmung geladen.«
    Er wandte sich mir zu. »Außerdem haben wir inzwischen eine weitere E-Mail erhalten, die sich offensichtlich auf die gestohlene ›Italienische Venus‹ bezieht. Das Erstaunliche daran ist zum einen der Inhalt, darüber werden wir später mehr erfahren, und zum anderen die Tatsache, dass die Nachricht nicht, wie in den bisherigen Fällen, an mich geschickt wurde, sondern an Hendrik Wilmut.«
    Ein Raunen ging durch den Raum.
    Benno hob beschwichtigend die Hand. »Soweit die Fakten. Aufgrund dieser Sachlage hat Herr Oberbürgermeister Gärtner einen wichtigen Vorschlag zu machen, den er nun gerne selbst erläutern möchte.«
    Alle blickten gespannt auf Peter Gärtner. Er beugte den Oberkörper nach vorn, um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen. »Danke, Herr Kessler. Wie schon gesagt: Ungewöhnliche Ereignisse erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Um zu verhindern, dass noch mehr gestohlen wird, halte ich es für das Beste, ab sofort das Goethehaus zu schließen, und zwar so lange, bis der Täter gefasst ist. Wie stehen Sie dazu?«
    Es wurde so still im Raum, dass wir Bennos Sekretärin im Nebenzimmer sprechen hören konnten. Die große Standuhr in Bennos Konferenzraum schien lauter zu ticken als zuvor.
    Martin Wenzel hob die Hand, um etwas zu sagen. Der Oberbürgermeister reagierte zügig, aber ohne Hast: »Entschuldigen Sie, Wenzel, Sie haben Ihre Meinung bereits ausführlich erläutert und Ihre Position als Verteidiger des offenen Museums für alle Bürger ist klar. Ebenso klar wie die Zustimmung der Kripokollegen zu diesem Plan. In erster Linie interessiert mich die Meinung von Herrn Kessler senior und Herrn Wilmut.« Er blickte Onkel Leo an und wartete.
    »Nun, meine Herren«, begann er nach kurzem Zögern, »dies ist sicher eine schwierige Entscheidung. Ein Museum solch herausragender Stellung hat einen Auftrag zu erfüllen. Es hat die Bevölkerung zu informieren und aufzuklären, auch zu unterhalten. Dazu muss es eigentlich das gesamte Jahr über geöffnet sein.«
    Martin Wenzel nickte heftig.
    »In diesem Fall jedoch muss der grundsätzliche Auftrag des Museums zurückgestellt werden zugunsten der Rettung der historischen Ausstellungsstücke. Wenn diese nämlich weiterhin verschwunden bleiben oder noch mehr Exponate gestohlen werden, bedeutet dies einen viel größeren Verlust für die Bevölkerung als nur die vorübergehende Schließung des Goethehauses. Außerdem könnte das eigentliche Museum geöffnet bleiben, nur Goethes Wohnhaus müsste geschützt werden. Unter dieser Voraussetzung spreche ich mich eindeutig für den Vorschlag des Oberbürgermeisters aus.«
    Martin Wenzel stierte ihn wütend an.
    Gärtner gab mir ein Zeichen. Ich richtete mich im Stuhl auf. »Niemand würde uns verzeihen, wenn wir nicht alles in unserer Macht stehende tun

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