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Goetheruh

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Titel: Goetheruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Koestering
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findet man die psychischen Erkrankungen und Verhaltensstörungen in zehn Hauptkategorien mit 99 Unterteilungen, die ihrerseits dann noch weiter differenziert werden können. Nach den bisherigen Informationen, die wir vom Täter haben – und die sind ja wirklich spärlich …«
    Ich nickte.
    »… sowie in Anbetracht der Häufigkeit des Auftretens in der Bevölkerung können wir meines Erachtens fünf der zehn Hauptkategorien ausschließen. Wir haben ein vorgegebenes Altersintervall, können also diejenigen Erkrankungen, die vorwiegend bei Kindern auftreten, außer Acht lassen. Das Gleiche gilt für die Gruppe der organischen Störungen, die fast nur bei älteren Patienten beobachtet werden – man denke nur an Demenz und Alzheimer. Ebenso ausschließen möchte ich die Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen, wie zum Beispiel Ess- und Schlafstörungen, da diese für die Mitmenschen von minderschwerer Tragweite sind, vorwiegend dem betreffenden Patienten selbst schaden und erfahrungsgemäß nicht zu derartig exzessiven Handlungen führen. Übrig bleiben dann die anderen fünf. Herr Wilmut?«
    »Ja?«
    »Können Sie mir noch folgen?«
    »Natürlich, die anderen fünf.«
    »Genau. Dies wären die Erkrankungen durch psychotrope Substanzen wie Alkohol, Rauschmittel oder Medikamente, zweitens die Schizophrenien, drittens die affektiven Störungen, weiterhin die neurotischen oder belastungsinduzierten Erkrankungen sowie die Persönlichkeitsstörungen.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. In Wirklichkeit hatte ich fast gar nichts verstanden. Nur die 99 Unterkategorien waren mir im Gedächtnis haften geblieben. Ich versuchte, mir einige Notizen zu machen. Zehn Unterteilungen pro Hauptkategorie machten 50 Krankheitsbilder, mit denen wir uns beschäftigen mussten. »Hören Sie, ich möchte Sie nicht unbedingt zu voreiligen Aussagen drängen …«
    »Keine Sorge, dafür ist Herr Dorst schon zuständig!« Er lächelte.
    Seine Art von Humor gefiel mir. »Gut, also … können Sie aus der Erfahrung heraus vielleicht weitere zwei oder drei Hauptkategorien ausschließen?«
    »Warum? Um 50 Möglichkeiten auf 20 zu reduzieren?«
    »Genau«, grinste ich. »Wir müssen praktikabel denken und handeln.«
    Er schüttelte unwillig den Kopf. »Nun, wenn Sie mich so nett fragen, dann würde ich als Erstes die psychotropen Substanzen herausnehmen, da solche Patienten sehr stark zu unkontrollierten Handlungen und zur Beschaffungskriminalität neigen. Beides würde ich unserem Mann eher nicht zuschreiben, denn er folgt offensichtlich einem Plan und hat nicht versucht, die Kunstgegenstände sofort zu Geld zu machen. Bleiben vier: die Schizophrenien, die affektiven Störungen, zu denen die große Gruppe der depressiven und manischen Krankheitsformen gehört, die neurotischen oder belastungsinduzierten Erkrankungen und die Persönlichkeitsstörungen. Ich tippe auf Antwort C und D.«
    »Sie tippen?«
    »Natürlich, viel mehr Chancen als bei einem Fernsehquiz haben wir hier auch nicht!«
    »Mit einem Unterschied: Sie dürfen zwei Antworten geben!«
    Ich bemerkte, dass er lachen musste, ohne es zu wollen. »Sie sind ja noch schlimmer als Herr Dorst!«
    Ich fasste das als Kompliment auf. »Also?«
    »Wie schon gesagt: C und D, die neurotisch-belastungsinduzierten Erkrankungen und die Persönlichkeitsstörungen.«
    »Gut, dann sollten wir uns damit etwas näher befassen.«
    Der Psychologe nickte. »In den ersten Bereich fallen die Phobien und alle Formen der Angststörungen, hier besonders interessant: die Zwangshandlungen. Es wäre denkbar, dass unser Mann unter einem bestimmten Zwang handelt. Zur Identifikation des Täters würde es uns sehr helfen, herauszufinden, wodurch dieser Zwang gesteuert wird. Weiterhin interessant in dieser Gruppe sind die Belastungsstörungen, bei denen Lebenskrisen – Stichwort Trauerreaktion und Anpassungsschwierigkeiten, Stichwort Kulturschock – eine Rolle spielen. Für sehr wichtig halte ich zudem die dissoziativen Störungen.«
    »Was bedeutet dissoziativ in diesem Zusammenhang?«, unterbrach ich ihn.
    »Das Wort bedeutet gewissermaßen trennen oder auflösen. Es handelt sich hier also um eine Auflösung der Persönlichkeitsstruktur, bis hin zur Trennung in verschiedene Persönlichkeiten. Die schwerste Form ist dann die Dissoziative Identitätsstörung, auch als Multiple Persönlichkeit bekannt.«
    »Dr. Jekyll und Mr. Hyde?«
    »So ungefähr. Die dissoziativen Störungen werden überwiegend durch

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