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Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)

Titel: Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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nicht, ob die Zeit ausreichen würde, sein
Leben zu ordnen.
    Und das
hatte Priorität vor allem anderen. Erst dann konnte dieses Theater beendet
werden.

13. Offenbach, Wilhelmsplatz
     
    Um auf andere Gedanken zu
kommen, spielte ich ein paar Runden Doppelkopf mit Mutter und ihren
Mitbewohnerinnen. Sie freuten sich diebisch über jedes gewonnene Spiel, die
Sherry-Flasche kreiste und es machte Riesenspaß. Gerade hatte ich ein Blatt mit
fünf Buben und einem Doppelass aufgenommen, da klingelte mein Mobiltelefon.
Richard Volk. Wir verabredeten uns für 19 Uhr am Wilhelmsplatz in Offenbach vor
der ›Buchhandlung am Markt‹, dort könnten wir in Ruhe überlegen, nach welchem
Restaurant uns der Sinn stand. Die Zeit reichte noch für den Bubensolo mit den
Damen, eine Dusche und ein frisches Hemd.
    Mein
Weg führte mich an der Offenbacher Ledermesse vorbei, links an der
Mainuferstraße entlang bis zum Lili-Tempel, der an Goethes Verlobte Lili
Schönemann erinnerte und inzwischen in Privatbesitz übergegangen war. Ich
passierte das Büsing Palais, die Französisch-Reformierte Kirche, das Rathaus
und durchquerte die Fußgängerzone, in der reichlich Betrieb herrschte.
    An der
›Buchhandlung am Markt‹ angekommen, konnte ich Richard Volk nirgends sehen.
Einige Minuten betrachtete ich die Schaufenster, voll mit Kriminalromanen.
Plötzlich klopfte jemand von innen gegen die Scheibe. Der
Kriminalhauptkommissar sah mich grinsend an, halb verdeckt durch ein
grellgelbes Buch mit einer Wespe auf dem Einband. Er gab mir ein Zeichen, dass
er herauskommen würde.
    »Hendrik,
alter Bücherwurm, wie geht es dir?«
    »Mindestens
so gut wie dir!«, antwortete ich.
    »Na ja,
ein alternder Bulle wie ich verliert auch langsam seine Kraft. Dann heißt es
aufpassen, wenn so ein junger Torero daherkommt!«
    Während
ich über seinen lockeren Spruch nachdachte, der mit einem unüberhörbaren Ernst
vorgetragen war, fragte er: »Wo gehen wir denn jetzt essen? Schlag mal was vor,
du bist doch hier der Lokalmatador.«
    Ich
machte eine weit ausholende Handbewegung von links nach rechts. »Der Herr
Hauptkommissar aus Frankfurt sieht hier die Offenbacher Gastronomie vor sich
ausgebreitet«, begann ich leicht theatralisch. »Links das ›Tafelspitz‹, ein
feines Restaurant mit der Spezialität, die es im Namen führt, daneben das ›Morleos‹,
dann die Familie Tarantino, feine italienische Küche. Dort oben ›Le Belge‹ mit
Flammkuchen und belgischem Bier, rechts das Steakhaus ›Fleischeslust‹, daneben
das gemütliche Bistro ›Brasserie Beau d’Eau‹ und das griechische ›Taverna
Grill‹. Hier in der Mitte des Platzes das Markthaus … lokale Spezialitäten.«
    »Äppelwoi?
Rippche? Handkäs mit Musik?«
    »Genau.«
    »Ich
denke, heute ist mir mehr nach feinem Dinieren zumute«, meinte Richard Volk.
»Mit einem schönen Glas Wein, was hältst du davon?«
    »Wunderbar,
der Tafelspitz im ›Tafelspitz‹ ist eine Wucht!«
    Wir
setzten uns in eine Nische am Fenster mit Blick auf den Wilhelmsplatz, der
gerade den Übergang von den Einkäufern zu den Kneipengängern durchlebte. Wir
bestellten zweimal Tafelspitz mit grüner Soße – Goethes Leibgericht – und eine
Flasche Riesling.
    »Hendrik,
du weißt …«, Richard senkte die Stimme, »es ist ungewöhnlich, dass ich dich in
die Ermittlungen einbeziehe. Besser gesagt, es ist untersagt. Ich mache das
nur, weil Siggi mich darum gebeten hat, weil ich denke, dass es für die
Ermittlungsergebnisse förderlich ist – und weil ich dich kenne.«
    Dabei
griff er sich an die Nase. Vor drei Jahren hatten wir uns anlässlich des
Goetheglut-Falls in Weimar kennengelernt. Aufgrund eines Missverständnisses
hatte ich ihm dabei einen heftigen Schlag auf die Nase versetzt. Zum Glück
konnten wir im Nachhinein beide darüber lachen.
    »Nur
zur Erinnerung«, fuhr er fort, »alles, was wir jetzt besprechen, fällt unter
das Dienstgeheimnis und bleibt absolut unter uns, das kann mich sonst meinen
Job kosten, klar?« Er sah mich direkt an und ich merkte, dass ihm dieser Punkt
sehr wichtig war.
    »Verstanden,
Richard!«
    Er
nickte zufrieden und schob mir ein Protokoll zu. »Siggi bat mich, eine
komplette Lebenshistorie von Reinhardt Liebrich zu erstellen. Hier ist sie.«
    Ich
blätterte kurz durch, etwa 40 Seiten, und warf Richard Volk einen anerkennenden
Blick zu.
    »Damit
du nicht erst alles lesen musst, gebe ich dir eine mündliche Zusammenfassung«,
sagte er. »Geboren 1947 in Dresden, also inzwischen 60

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