Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)
darauf hin, dass die Gerüchte
absichtlich von der Janowska in die Presse lanciert wurden. Sie scheint auch
eine … na ja, eine seltsame Person zu sein.«
»Was
meinst du damit?«, fragte ich.
»Sie
verhält sich teilweise recht ungewöhnlich. Bei der Befragung hat sie nach jedem
zweiten Satz einen Kaffee verlangt, als der dann endlich kam, hat sie ihn
überhaupt nicht angerührt. Und rein äußerlich: Sie läuft so steif und
unbeweglich herum, als hätte sie einen Stock verschluckt. Statisch. Inflexibel.
Selbst beim Flötenspiel bewegt sie nur das, was unbedingt notwendig ist: ihre
Finger.«
Meine
Hochachtung: Siggi hatte seinen Job gemacht. Damit war auch klar, dass Ewa
Janowska die dunkelblonde Flötistin war, die im Orchester rechts saß.
»Was
sagt Göschke eigentlich zu diesem konspirativen Treffen?«, fragte ich.
Lehnert
hob die Schultern. »Der Polizeipräsident wird nicht begeistert sein, aber das
nehme ich auf meine Kappe, keine Sorge. Überlegen Sie lieber, wer Ihnen diesen
Warnschuss verpasst hat.«
»Eine
blonde Frau und ein kräftiger Mann, mehr kann ich nicht sagen.«
»Blonde
Frauen hätten wir genug zur Auswahl«, meinte Siggi, »Ewa Janowska, Dana
Hartmannsberger, Nicoletta Berlinger, Karin Kirschnig, Franziska Appelmann …«
»Ist
die auch blond?«, fragte ich entsetzt.
»Ja,
warum?«
»Ich
wünschte mir möglichst wenig Übereinstimmungen zwischen dieser Frau und Hanna.«
»Bitte,
meine Herren«, ging Lehnert dazwischen, »lassen Sie uns bei der Sache bleiben,
Frau Hartmannsberger ist die Lebensgefährtin von diesem Liebrich, richtig?«
»Ja«,
antwortete Siggi. »Mit Alibi.«
»Und
wer ist Nicoletta?«
»Eine
Nachbarin von den Pajaks, zugleich ein Edel-Callgirl, nennt sich Nikki, mit
zwei K, führt ein Studio in der Fuldaer Straße. Ich versuche noch
herauszubekommen, ob ihre Beziehung zu Adrian Pajak geschäftlicher Natur ist
oder rein privat.« Auch hier hatte Siggi meine dilettantischen
Amateurnachforschungen schnell überholt.
»Was
meinen Sie mit privat?«
»Herr
Pajak wollte sich angeblich bei ihr Hefe leihen, um einen Kuchen zu backen, abends
um 22 Uhr.«
»Na ja,
wer’s glaubt wird selig!«
Der
Kriminalrat machte sich Notizen. »Weiter mit den Blonden: Frau Kirschnig liegt
mit einer schweren Grippe im Bett und Frau Appelmann hat bisher – zum Glück –
noch nichts mit diesem Fall zu tun, richtig?«
»Korrekt«,
antwortete Siggi.
Der
Kellner kam mit unserem Frühstück, die Unterhaltung musste eine Weile warten.
Als ich
gerade in mein Mortadellabrötchen gebissen hatte, sah Lehnert mich an und
sagte: »Herr Wilmut, wenn Sie nun schon an dem Fall mitarbeiten, erwarte ich,
dass Sie mich in vollem Umfang aufklären über alles, was die SOKO Theater auch
nur im Entferntesten interessieren könnte.«
Ich
nickte und zeigte auf meinen vollen Mund. Siggi wollte etwas einwenden, wurde
jedoch durch eine Handbewegung seines Chefs zurückgehalten. In solchen Momenten
scheint der Bissen im Mund immer größer zu werden. Ich spülte mit einem Schluck
Kaffee nach. »Adrian Pajak besitzt ein Immobilienbüro in Berlin«, sagte ich,
»APA-Immobilien. Das wäre zunächst nichts Ungewöhnliches. Doch er ist sehr oft
in Weimar, zusammen mit seiner Frau, hat hier jedoch kein Büro und niemand in
der Immobilienbranche kennt ihn. Ich habe zwei Freunde aus der Branche befragt,
sie sind beide sicher, dass Adrian Pajak in Weimar nicht aktiv ist.«
Siggis
Gesichtsausdruck verriet, dass er noch nichts davon wusste. Wenigstens etwas,
das ich beisteuern konnte. Lehnert zog die Stirn in Falten. »Etwas dünn für
weitere Ermittlungen, finden Sie nicht auch, Dorst?«
Bevor
Siggi antworten konnte, sagte ich: »Moment bitte, das ist noch nicht alles. Die
Adresse seines Immobilienbüros in Berlin wurde mit Friedrichstraße 160
angegeben. Das ist aber unmöglich. Friedrichstraße 158 bis 164 gehört zum
Westin Grand Hotel, eindeutig, ich hab es mehrmals überprüft. Meines Erachtens
ist seine Adresse und die gesamte Firma eine Luftblase!«
Lehnert
machte eine anerkennende Kopfbewegung, dann eine Handbewegung zu Siggi, der
schrieb ›Observieren‹ auf seinen B lock.
»Klaus
Felder«, fuhr ich fort, »auch interessant, machte in Frankfurt angeblich
gemeinsame Sache mit Liebrich in puncto Finanzen, 43 Jahre alt, seit sechs
Wochen Abteilungsleiter im Thüringer Finanzministerium, davor Staatssekretär im
Hessischen Kultusministerium.«
Siggi
zuckte mit den Achseln. »Ich habe mit KHK Volk
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