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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Anführer der Gaukler dem Mann nach, der eine solche Kraft hatte, dass es sein Gewissen beruhigte, wenn sein Gegner ein Schwert trug.
    Die Nacht zog sich endlos hin, vor allem für Yan, Rey,
Lana und Bowbaq, die sich an Grigáns Krankenlager abwechselten, und mehr noch für Léti und Corenn, die ihm bis zum Morgen nicht von der Seite wichen. Wenn eine für kurze Zeit einnickte, warf sie der anderen vor, sie nicht geweckt zu haben, obwohl der Krieger schon nach einem knappen Dekant wieder regelmäßig atmete und auch seine echte Augenfarbe zurückgekehrt war. Doch die beiden Kaulanerinnen bestanden darauf, bis Sonnenaufgang bei ihm zu wachen.
    Schließlich brach über dem verschneiten Fürstentum Semilia der Morgen an, und die Stadt erwachte allmählich zum Leben. Als es zum zweiten Dekant läutete, stattete ein Wachmann der Herberge einen Besuch ab, um die Übernachtungsgäste zu zählen und sich zu vergewissern, dass es keinen Streit gab. Der Mann befragte Nakapan zu Grigán, doch der Gaukler verharmloste dessen Krankheit. Später erklärte er den Erben, dass jeder Fremde, der innerhalb der Stadtmauern krank wurde, auf der Stelle davongejagt würde.
    Eigentlich hatte Nakapan geplant, noch vor Mit-Tag eine Vorstellung in der Stadt zu geben und gleich anschließend nach Le Pont aufzubrechen. Nachdem er Corenns Argumente gehört hatte, war er jedoch freundlicherweise bereit, die Abreise auf den nächsten Tag zu verschieben. Bis zum Jahrmarkt am Tag der Erde waren es ohnehin noch vier Tage, und außerdem konnten die Gaukler die Zwangspause für allerlei Erledigungen nutzen: Vorräte auffüllen, Fuhrwerke reparieren, Nummern einstudieren und ähnliches.
    Grigán war immer noch nicht wieder zu sich gekommen, aber wenn Corenn oder jemand anderes ihn schüttelte, drehte er sich mittlerweile knurrend weg. Dass er wieder
so weit bei Kräften war, dass sein mürrischer Charakter zum Vorschein kam, beruhigte Corenn. Sie beschloss, dass es an der Zeit war, sich etwas Schlaf zu gönnen, und forderte Léti auf, sich ebenfalls hinzulegen.
    Rey überredete Lana, mit den Gauklern in die Stadt zu gehen, um sich die Vorführung anzusehen. Bowbaq und Yan begaben sich nach draußen, um die Leichen der kleinen Affen zu verbrennen, denn für eine Beerdigung war der gefrorene Boden zu hart. Miff ließ der Riese aus Rücksicht in der Herberge zurück. Zum ersten Mal seit vier Tagen waren die beiden voneinander getrennt, und bei seiner Rückkehr freute sich das Tier wie ein junger Hund.
    Bowbaq sah belustigt zu, wie es aufgekratzt auf seinen Schultern und riesigen Armen hin- und herlief. Bis auf ihn und Yan schliefen nun alle Erben oder waren unterwegs. Yan beobachtete neidisch, wie Bowbaq mit dem Mausäffchen spielte.
    »Möchtest du immer noch Erjak werden, mein Freund?«, fragte der Riese mit einem breiten Lächeln. »Ich glaube, Miff ist nun bereit.«
     
     
     
    Wenn ein Erjak in die Gedanken eines Tiers eindrang, reagierte es zunächst mit panischer Angst, gefolgt von unbändiger Wut. Wollte man eine dauerhafte Verbindung zu dem Tier herstellen, war es sinnvoll, zuerst sein Vertrauen zu gewinnen. Nichts anderes hatten Bowbaq und Yan mit Miff getan.
    Der Riese war ihr gegenüber stets freundlich und aufmerksam gewesen, und so fürchtete das Äffchen den bärtigen Arkarier nicht, sondern suchte seine Nähe. Es saß auf seiner Schulter, lugte hinter seinem Kopf hervor und versteckte
sich in seinen dicken Fellen. Und auch Yan hatte Miff verhätschelt, sie immer wieder auf den Arm genommen oder auf seiner Schulter reiten lassen.
    »Ich werde sie trotzdem anbinden«, sagte Bowbaq nachdenklich. »Es ist zwar unwahrscheinlich, dass sie uns beißt, aber es könnte durchaus sein, dass sie wegläuft und draußen im Schnee erfriert.«
    Er befestigte die Leine, die er ihr am Tag zuvor abgenommen hatte, an dem geflochtenen Lederriemen, den Miff noch immer um den Hals trug. Das Äffchen rechnete daraufhin mit Schlägen und floh, so weit es die Leine erlaubte. Es dauerte über eine Dezime, bis die beiden sein Vertrauen mit Leckerbissen, Schmeicheleien und Zärtlichkeiten wiedergewonnen hatten.
    »Jetzt kannst du es versuchen«, sagte Bowbaq. »Aber überstürze es nicht.«
    Yan schluckte schwer und konzentrierte sich. Er hatte gehofft, Bowbaq würde ihm vor seinem ersten Versuch zumindest einige Ratschläge geben. Doch der Riese hatte ihn vorgewarnt: Er hatte keine Ahnung, wie die Erjak-Kraft wirkte. Er konnte ihm nur beibringen, die Bilder zu

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