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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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antwortete dieser mit leerem Blick. »Unten rieselt Sand durch einen Spalt. Darüber schwebt ein Eisblock, um den Flammen züngeln. Der Wasserdampf, der von ihm aufsteigt, ist Miffs Geist.«
    »So etwas habe ich nie gesehen«, murmelte Bowbaq kopfschüttelnd. »Meistens sehe ich nur eine Art Nebel.«
    »Das ist es«, sagte Yan und sah sich die Schwaden, die sich oben in der Kugel sammelten, genauer an. »Genau das.«
    Er streckte die Hand nach dem Äffchen aus, aber es beruhigte sich nicht. Miff fühlte sich in die Enge getrieben, machte einen Satz nach vorn und biss Yan in die Hand. Dann wich sie zurück und stieß schrille Schreie aus.
    »Lass nicht los!«, sagte Bowbaq, der seinen Freund vor Schmerz zusammenzucken sah. »Wenn du jetzt aufhörst, wird es beim nächsten Mal viel schwerer.«
    Yan befolgte den Rat seines neuen Lehrers und konzentrierte sich abermals. Miff hätte ihren Geist vor dem Eindringling verschlossen, wenn sie ihre Gedanken kontrollieren könnte - so wie ein Mensch es getan hätte. Doch dem Mausäffchen blieb nur die Flucht, um dem vermeintlichen Angriff zu entkommen.
    Yan versenkte sich noch tiefer in die Gedankenwelt und sog den berauschenden Anblick des innersten Wesens in
sich auf. Winzige Dunstschwaden bildeten Wirbel, änderten die Richtung oder verschmolzen miteinander. Sie waren von unterschiedlicher Länge, Breite oder Dichte. Wenn er sie sich aus der Nähe ansah - oder sich selbst im Vergleich zu ihnen kleiner vorstellte -, konnte Yan Einzelheiten erkennen und beobachten, wie sie langsamer wurden, sich verwandelten oder plötzlich in eine neue Richtung zogen. Obwohl der Dunst eigentlich farblos war, gab es unzählige Abstufungen von durchsichtig bis schneeweiß. Aus der Ferne konnte man ihn tatsächlich für gewöhnlichen Nebel halten. Doch Yan sah eine solche Vielfalt in den tanzenden Spiralen, dass ihm ein überwältigender Gedanke kam.
    Wie musste erst der Geist eines Menschen aussehen!
    Er hörte Bowbaq wie aus weiter Ferne sagen, Miff beruhige sich allmählich. Aber das hatte er bereits bemerkt, denn die Wirbel bewegten sich nun langsamer.
    Bald war er nah genug, um die Kugel berühren zu können. Er stellte sich seinen eigenen Körper neben ihr vor, streckte in Gedanken eine Hand aus und fasste durch die Hülle des Absorbiums, das so durchlässig war wie eine Wasseroberfläche. Wie die Pforte von Ji.
    Seine Hand streifte einen der Dunstwirbel, und Yan spürte den Schmerz der Narben auf Miffs Rücken. Er griff nach einem anderen und fühlte die Zuneigung des Tiers für Bowbaq, in die sich immer noch leise Zweifel mischten.
    Er wurde kühner, schob auch den zweiten Arm in die Kugel und stieg schließlich ganz hinein. Er war der kleine Yan im Geist des Affen. Die Dunstschwaden umspielten ihn und gaben ihren Inhalt preis, der zumeist aus körperlichen Bedürfnissen bestand, bisweilen aber auch aus Empfindungen: Angst, Angst, Hunger, Angst, Dankbarkeit, Angst, Kälte, Hunger …

    Yan schwebte inmitten der Nebelschwaden. Diese Erfahrung löste eine unbändige Freude in ihm aus. Natürlich wusste er, dass er das alles nicht tatsächlich erlebte. Nur seine Wahrnehmung des innersten Wesens erlaubte ihm diese Reise, die nichts anderes als ein Tagtraum war. Sein Körper befand sich immer noch neben Bowbaq, auch wenn sein Geist mit dem des Äffchens verschmolzen war.
    Er streckte sich zum oberen Bereich der Kugel hinauf und hatte das Gefühl, kurz vor einer wichtigen Entdeckung zu stehen. Dort oben waren die Wirbel heftiger, dichter und inhaltsreicher. Plötzlich spürte Yan für einen flüchtigen Moment die blanken Dielen unter Miffs Pfoten. Im nächsten Moment sah er Bowbaq, seinen eigenen Körper und die Mauer dahinter wie durch die Augen des Affen. Diese Empfindung wiederholte sich, und Yan nahm nach und nach von allen Gliedmaßen und Sinnen des Mausäffchens Besitz. Sein eigener Körper schien in weite Ferne zu rücken. Irgendwann spürte er ihn überhaupt nicht mehr.
    Er sah, wie sich Bowbaq - der aus der neuen Perspektive noch viel riesiger wirkte - über seinen reglosen Körper beugte und leise auf ihn einredete. Wie lustig wäre es doch, dachte er, ihn zu überraschen!
    Er tippelte drei Schritte nach vorn und wunderte sich, dass er so mühelos über den fremden Körper verfügen konnte. Dann richtete er sich auf und machte eine ungelenke Verbeugung vor dem Riesen.
    »Yan«, stieß Bowbaq entsetzt hervor. »Du bist in Miff! Du hast ihren Tiefen Geist erreicht!«
    Der bestürzte

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